Nach der Unterstellung des Seebataillons der Marine unter das niederländische Korps Mariniers denken die Planer bereits an den nächsten Schritt. Man strebe zum Ende der kommenden Dekade an, zusammen mit den Niederlanden eine „Fähigkeit der Amphibik“ aufzubauen, sagte Flotillenadmiral Ulrich Reineke, Abteilungsleiter Planung im Marinekommando, am Dienstag auf dem 19. DWT-Marineworkshop in Linstow. Gegenwärtig erarbeite man dafür ein Konzept. „Wir laufen mit großen Schritten auf eine gemeinsame Nutzung einiger niederländischer Einheiten für Deutschland und die Niederlande hin“, kündigte der Marine-Offizier an. Langfristig könne der Aufbau gemeinsamer Fähigkeiten bedeuten, dass auch gemeinsam gerüstet werde. Reineke kann sich vorstellen, dass Ende des kommenden Jahrzehnts beide Länder jeweils zwei so genannte Big Decks – also große amphibische Einheiten – gemeinsam beschaffen.
Als einen weiteren Schwerpunkt der kommenden Jahre für die Marine bezeichnete Reineke die Themen Luftverteidigung und Missile Defence. Darüber hinaus wolle man sich im Bereich des Unterwasser-Seekriegs „wesentlich verbessern“. Der Admiral räumte in diesem Zusammenhang Schwächen in der Unterwasser-Ortung und der U-Boot-Bekämpfung ein. „Wir wollen den Minenkampf und Anti Submarine Warfare in den Mittelpunkt stellen, um hier wesentliche Fähigkeitssteigerungen zu erzielen.“
Neues Ausbildungszentrum Seeminenkriegführung
Als Rahmennation für konventionelle U-Boote will Deutschland seiner Aussage zufolge mit einem leistungsfähigen ersten U-Bootgeschwader und einem U-Boot-Ausbildungszentrum Anlehnungspartner für andere Nationen sein. „Wir beabsichtigen die Aufstellung eines multinationalen Ausbildungszentrums für Seeminenkriegführung“, kündigte Reineke an. Dafür wurde der Standort Kiel ausgewählt. In diesem Kontext leitet die deutsche Marine auch ein Projekt in der EDA zur Zukunft der Seeminenabwehr.
Man wolle außerdem die Fähigkeit zur Führung ausbauen, sagte der Admiral. „Es geht konkret um die Aufstellung eines Baltic Maritime Component Commands.“ Dieses Kommando in Rostock solle über einen deutschen Kernstab und etwa 100 Soldaten verfügen.
Materiell wird die Marine gemäß den augenblicklichen Planungen zufolge im kommenden Jahrzehnt zahlreiche neue Plattformen. So befinde sich die MKS 180 gegenwärtig im Vergabeverfahren, sagte Reineke. „Wir arbeiten hart an der Nachfolge SeaLynx.“ Man benötige ein Luftfahrzeug mit Einsatzreife im Jahr 2025. Planerisch seien überdies elf neue Einheiten zur Seeminenkriegführung ab 2026 vorgesehen. An der Nachfolge der Betriebsstofftanker werde bereits in mehreren Abteilungen gearbeitet. Das neue BMD-fähige Radar für die Fregatte F124 soll den Planungen zufolge 2024 eingeführt werden.
Man sei gerade dabei sich zu positionieren, was die Nachfolge der Tender 404 betreffe, erläuterte Reineke. Im Marinekommando würden die Fähigkeitsanforderungen dafür zusammengetragen. Diese sollen sich in erster Linie an den Bedürfnissen der Minenabwehreinheiten und Korvetten orientieren. Es bestehe daneben ein multinationaler Bedarf an U-Boot-Unterstützungseinheiten, insbesondere für Out-of-Area-Operationen.
Auch Dänen wollen kooperieren
Grundsätzlich will die Marine die bi- und multinationale Kooperation weiter ausbauen, etwa bei der ballistischen Raketenabwehr. Nach den positiven Projekten mit den Niederlanden und Norwegen seien auch die Dänen an mehr Zusammenarbeit interessiert, führte der Admiral aus. Dabei geht es seinen Worten zufolge unter anderem um die Bereiche Unterwasserortung und Ausbildungskooperation.
Reineke wies aber auch auf einen Problembereich der Marineplanung hin: das Personal. Die Trendwende Personal bringe zwar einen Aufwuchs an Dienstposten, allerdings noch nicht an Personal, sagte er. „Die Anzahl der unbesetzten Dienstposten in der Organisation nimmt derzeit zu.“ Der Admiral geht deshalb davon aus, dass die Arbeitsbelastung für viele Marineangehörige zunächst zunehmen wird.
Als Paradigmenwechsel bezeichnete Reineke den Fakt, dass sich Deutschland dazu verpflichtet hat, die NATO-Planungsziele für die eigene Planung zu übernehmen. „Die NATO-Planungsziele sind so ausformuliert, dass sie für die Bundeswehr – und natürlich auch für die Streitkräfte anderer Nationen -Fähigkeiten, heruntergebrochen im maritimen Bereich bis auf die Plattformebene, formulieren.“ Diese Fähigkeiten sind seiner Aussage nach überdies mit Bereitschaftsstufen verbunden. Damit erhalte die Marine ein konkretes Maß, was erreicht werden solle. Dies sei zu begrüßen.
lah/28.9.2017