Die neue Produktionstechnologie der additiven Fertigung – auch als 3D-Druck bekannt – bietet die Möglichkeit, ausgetüftelte Designs zu realisieren. Darüber hinaus können Bauteile mitunter schneller und billiger produziert werden als mit herkömmlichen Verfahren. Auch die Bundeswehr befasst sich mit dem Einsatz des 3D-Drucks für die eigenen Belange, wie Flottillenadmiral Joachim Reineke kürzlich auf dem DWT-Symposium „European Military Additive Manufacturing“ in Bonn erläuterte. Für die Marine habe Additive Manufacturing das Potenzial, die Zeit auf See zu verlängern, ohne entdeckt zu werden, so Reineke.
Um die Anwendung auf einem Schiff zu testen, wird im Rahmen einer bis Mitte kommenden Jahres geplanten Untersuchung ein 3D-Kunststoff-Drucker im Hangar der Fregatte Sachsen installiert. Das Schiff soll bereits im November in See stechen. Neben Versuchen mit dem Kunststoff-Druck – eine entsprechende Anlage war mehrere Jahre in Afghanistan im Einsatz – hat das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) auch den Einsatz eines Metallpulver-Druckers für die Landstreitkräfte getestet.
Die Marine habe bereits mehrere Kunststoff-Teile für einfache Anwendungen auf Schiffen im neuen Verfahren produziert, erläuterte Reineke. Allerdings noch an Land. Nach Aussage des Admirals bietet die Technologie für seine Teilstreitkraft allerdings nur dann einen wirklichen Mehrwehrt an Bord, wenn sie auch „im Nordatlantik im Februar“ funktioniert. Es gehe darum auszuloten, ob sich mit dem Additive Manufacturing für die Marine eine größere operative Freiheit auf See erzielen lasse. Denn, wenn Ersatzteile auf einem Schiff hergestellt werden, erhöht sich damit die Unabhängigkeit der Einheit. Gleichzeitig ist der Standort des Schiffes für einen Gegner nicht über die Logistik-Kette aufzuklären. Anderseits müsse geprüft werden, ob der Vorteil bestehen bleibe, wenn ohnehin bestimmte Ersatzteile zugeführt werden müssten und die Printer-fähigen Komponenten darin enthalten seien, sagte Reineke.
Diese Frage ist nicht unwesentlich, denn bislang lassen sich nur ausgewählte Teile und Komponenten im additiven Verfahren produzieren. Beschränkend wirkt sich dabei unter anderem die Größe der gegenwärtig verfügbaren 3D-Drucker aus.
Für den Hubschrauber-Hersteller Airbus Helicopters aus Donauwörth heißt dies, dass die Innenmaße des EOS-Printers für Metallpulver von 40X40X40 Zentimetern die Produktgröße beschränken, wie der Managing Director des Unternehmens, Hans Bartosch, erläuterte.
Seinen Angaben zufolge nutzt Airbus für metallische Printverfahren ein im Wesentlichen aus Titan bestehendes Pulvergemisch mit der Bezeichnung Ti64. Nur mit dieser Technologie ließen sich Teile produzieren, die hohen Sicherheitsansprüchen entsprechen, erläuterte Bartosch. So produziert Airbus Helicopters mit der Pulver-Technologie einen so genannten Latch Shaft zum Verriegeln der Türen des Zivilflugzeugs A350. Durch die Nutzung des Metall-Printing-Verfahrens habe man das Gewicht gegenüber einem klassischen Latch Shaft um 43 Prozent und die Kosten um 23 Prozent verringern können, sagte der Airbus-Manager. Die Kostenersparnis werde insbesondere bei den arbeitsintensiven Teilen erreicht. So mussten bei der herkömmlichen Fertigung des Bauteils zuvor zehn separate Teile zusammengebaut werden, was jetzt entfällt.
Nach Aussage von Bartosch entfallen beim 3D-Druck erhebliche Zeit- und Kostenteile auf die Nachproduktionsphase. So müssen die Teile seinen Worten zufolge nach dem Druck für mehr als drei Stunden bei extrem hoher Temperatur und Druck behandelt werden. „Dies ist der Bereich, in dem das Know-how liegt“, betonte der Airbus-Manager. Danach finde noch eine umfangreiche Qualitätsüberprüfung statt, bei der Computertomographen eingesetzt würden. Nach einem Lernprozess mit einer anfangs hohen Ausschussrate liege diese mittlerweile bei etwa einem Prozent. Der Airbus-Manager wies auf Nachfrage darauf hin, dass sein Unternehmen gegenwärtig weniger als ein Prozent seiner Teile im Metalldruckverfahren herstellt. So sind seiner Schätzung zufolge nicht einmal ein Dutzend Produkte für die Herstellung mittels Additive Manufacturing zertifiziert. Dagegen würden im Kunststoffdruckverfahren deutlich mehr Teile hergestellt, jedoch nur für zweitrangige Anwendungen.
Bei der Untersuchung der Anwendungen von 3D-Printing hat sich das BAAINBw auch mit juristischen Fragen auseinandergesetzt. So muss beim Druck von Ersatzteilen berücksichtigt werden, dass davon womöglich Copyright-Rechte betroffen sind. Nach Aussage von Oberstleutnant Peter Klein vom BAAINBw sind dabei oftmals nicht diese Teile mit intellektuellen Eigentumsrechten belegt, sondern die Konstruktionsunterlagen. Hier müssten die Verhältnisse im Zweifelsfall geklärt werden. Er wies darauf hin, dass die Bundeswehr mit dem Druck von Teilen quasi zum Unternehmen werde. Damit unterliege es den gleichen Produkthaftungsregeln wie Firmen. Beim 3D-Druck müsse außerdem beachtet werden, dass die Anforderungen an das Umfeld des Produktionsprozesses mit den Anforderungen an die Qualität der produzierten Stücke steigen.
lah/12.10.2021