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System Sturmgewehr Bundeswehr – Beschaffung wird wohl teurer als erwartet

Waldemar Geiger

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Die vor rund zehn Jahren aufgestellte Planung der Streitkräfte sieht es vor, dass das Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw im Rahmen des Vorhabens „System Sturmgewehr Bundeswehr“ rund 120.000 Sturmgewehre mit etwa 108.000 Hauptkampfvisieren und 130.000 Laser-Licht-Modulen beschafft. Demzufolge wurden auch entsprechende Rahmenverträge in den Jahren 2021 und 2023 mit den Herstellern bzw. dem Lieferanten geschlossen. Ausgewählt wurde das Sturmgewehr HK416 A8 von Heckler & Koch, das Laserlichtmodul VarioRay von Rheinmetall und die Optik ELCAN Specter DR 1-4x des Herstellers Raytheon-Elcan, der zum US-Rüstungskonzern RTX gehört, als Hauptkampfvisier, wobei hier die Leonardo Germany GmbH als Lieferant und Vertragspartner der Bundeswehr auftritt.

Wie gut unterrichtete Kreise gegenüber hartpunkt bestätigt haben, wird der Plan allerdings nicht aufgehen. Während das Sturmgewehr und das Laser-Licht-Modul nach geringfügigen Anpassungen – die im Rahmen der sogenannten Integrierten Nachweisführung mit der darin enthaltenen Taktischen Einsatzprüfung festgestellt wurden – die Forderungen der Bundeswehr erfüllen, wurde beim Hauptkampfvisier offenbar eine Abweichung identifiziert, welche auch mit Nachbesserungen nicht beseitigt werden konnte. Konkret geht es dem Vernehmen nach um Inkompatibilitäten bei der Nutzung der Optik in Kombination mit der in die Truppe eingeführte Nachtsichtbrille, die im Rahmen der Ausschreibung gefordert waren. Insidern zufolge sollen Heckler & Koch sowie Rheinmetall bereits seit geraumer Zeit die finalen Konstruktionsstandsurkunden erhalten haben, während dies für die Optik bis vor kurzem nicht der Fall war. Der finale Konstruktionsstand bildet sozusagen das finale „Design“ eines Produktes ab, das im Rahmen der Serienfertigung hergestellt und geliefert werden soll. 

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Seit kurzem soll Insidern zufolge ein Lösungsweg beschlossen worden sein, der in Fachkreisen bereits seit geraumer Zeit vermutet wurde, der aber dem Vernehmen nach zu signifikanten Mehrkosten führen wird. Konkret sieht der Lösungsvorschlag vor, ein zusätzliches Rotpunktvisier als „Huckepack-Lösung“ auf die „ELCAN Specter DR 1-4x“-Optik zu setzen, um so die geforderte Nachtkampffähigkeit in Kombination mit allen geforderten Nachtsichtbrillen gänzlich erfüllen zu können. 

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Gut informierten Kreisen zufolge soll es sich bei dem Rotpunktvisier, welches nun zusätzlich beschafft werden soll, um das Rotpunktvisier des Typs ACRO P2 des schwedischen Herstellers Aimpoint handeln. Der Grund für diese Entscheidung liegt vermutlich in der Tatsache begründet, dass das Aimpoint-Rotpunktvisier ein für die Bundeswehr bekanntes Produkt darstellt. Die Optik ist nämlich Bestandteil der P14-Spezialkräftepistolenfamilie, für deren Beschaffung sich die Bundeswehr im Mai 2024 entschieden hatte.

Unabhängig von den optikbezogenen Mehrkosten dürfte das Vorhaben in Kürze weitere Haushaltsmittel benötigen. Der Gesamtbedarf der in den Verträgen aufgeführten Waffenmengen mit entsprechender Optik und Optronik wurde schließlich anhand der aktuellen Personalobergrenze der Bundeswehr – rund 200.000 Soldatinnen und Soldaten – berechnet. Zukünftig wird diese Personalobergrenze nach oben korrigiert werden müssen, nachdem im Juni die neuen NATO-Planungsziele festgelegt wurden. Inklusive der Reserve, die ebenfalls über eine entsprechende Vollausstattung verfügen soll, wird die neue Personalobergrenze in einer Spanne von 400.000 bis 500.000 Soldatinnen und Soldaten vermutet. Alle diese Soldatinnen und Soldaten, sowohl die aktiven als auch die Reserve, müssen mit einer entsprechenden Waffe ausgestattet werden, so dass sich der aktuelle Bedarf in Kürze verdoppeln könnte. Für die Bedarfsberechnung der Planer spielt es dabei auch keine Rolle, ob die Stellen besetzt oder vakant sind, ausschlaggebend ist die rein mögliche Personalobergrenze. Die Hersteller des Systems Sturmgewehr Bundeswehr können sich somit berechtigte Hoffnung auf zusätzliche Bestellungen in den kommenden Jahren machen.

Waldemar Geiger