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TaWAN: Rheinmetall wechselt Anbieter für Funktechnik

Lars Hoffmann

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Mit dem sogenannten Tactical Wide Area Network for Land Based Operations (TaWAN LBO) soll die Bundeswehr-Kommunikation von der Ostflanke der NATO bis nach Deutschland sichergestellt werden. Hauptauftragnehmer für das Projekt, das auf Basis von 56 kleinen und 51 großen Richtfunksystemen sowie zehn Führungsfahrzeugen für das Netz-Management realisiert werden soll, ist die Rheinmetall Electronics GmbH.

Der Rahmenvertrag mit dem Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw für TaWAN LBO mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einem Gesamtvolumen von etwa 5,5 Milliarden Euro, von denen in einer ersten Festbeauftragung rund 1,88 Milliarden Euro inklusive Mehrwertsteuer fällig werden, wurde erst Ende Januar geschlossen.

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Während die kleinen Richtfunksysteme auf Basis des Radpanzers Piranha 5 von General Dynamics European Land Systems (GDELS) und Gittermasten des Unternehmens SMAG realisiert werden, basieren die großen Richtfunksysteme auf einer Lösung mit jeweils zwei Lkw sowie einem SMAG-Mast.

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Ursprünglich sollte die Richtfunktechnik von Thales Suisse geliefert werden. Denn die schweizerische Niederlassung des französischen Rüstungskonzerns hat eine Richtfunktechnologie entwickelt, die bereits seit rund zwei Jahrzehnten in den Streitkräften des Alpenstaates erfolgreich im Einsatz ist. Die Integration der Antennen, Gittermasten und weiterer Funktechnik auf Piranha-Radpanzern von GDELS – in der Schweiz als RAP-Panzer (Radio Access Point) – bezeichnet, dürfte als Blaupause für das TaWAN-Richtfunksystem, klein gedient haben.

Umgesetzt werden sollte die Beschaffung der Schweizer Funktechnik unter Hilfestellung der Thales Deutschland GmbH mit Sitz in Ditzingen, die in der Vorlage für TaWAN an den Bundestag auch als wesentlicher Unterauftragnehmer für das Vorhaben aufgeführt ist.

Doch mittlerweile hat sich die Situation grundlegend verändert: Gut informierten Kreisen zufolge wird Thales seine Funktechnik nicht mehr in TaWAN einbringen. Denn Rheinmetall hat sich dazu entschlossen, den Technologiepartner zu wechseln. Dies ist möglich, weil das Unternehmen, das als Generalauftragnehmer das technische und wirtschaftliche Risiko trägt, bei der Wahl der Unterauftragnehmer große Freiheiten hat.

Insgesamt lastet ein hoher Zeitdruck auf dem gesamten Projekt, weil ohne die Umsetzung die sogenannte Division 2025 ohne eine sichere und redundante Kommunikationsanbindung nach Deutschland an der NATO-Ostflanke operieren müsste, sollten Satellitenverbindungen ausfallen.  Laut Projektplan soll bereits Ende Juni kommenden Jahres das erste „Richtfunksystem, klein“ und drei Monate später das erste „Richtfunksystem, groß“ an den Auftraggeber übergeben werden. Damit dürfte die Einsatzprüfung erfolgen. Dem Vernehmen nach sollen bis Ende 2026 insgesamt rund zwei Dutzend Systeme beider Größenklassen ausgeliefert und eine operationelle Anfangsbefähigung gewährleistet werden. Für Projekte dieser technischen Kategorie gilt der Zeitplan als sehr anspruchsvoll.

Gut informierten Kreisen zufolge wird bei TaWAN die Richtfunktechnik des Herstellers DND Digital zum Einsatz kommen, die vom israelischen Mutterkonzern Rafael entwickelt wurde. Die auf den digitalen BNET-Funkgeräten des Konzerns basierende Lösung war bereits bei der Vorbereitung des ersten Angebotes für TaWAN präferiert betrachtet worden. Unter anderem Probleme hinsichtlich der israelischen Exportkontrolle sollen dann aber zum Umschwenken auf die bereits im Einsatz befindliche Lösung von Thales geführt haben.

Seinerzeit hatten sich Airbus Defence and Space sowie Rheinmetall Landsystems zu einem Bieterkonsortium zusammengetan, dessen Angebot jedoch final abgewiesen wurde. Wie es damals hieß, lag einerseits der geforderte Preis deutlich über den Vorgaben, andererseits wurde mit dem Boxer als Basisfahrzeug für die kleine Richtfunkstation eine Lösung vorgeschlagen, deren zeitliches Umsetzungsrisiko als zu hoch bewertet wurde. Schließlich brach die Bundeswehr die Verhandlungen mit der Arge ab und erteilte einem zweiten Angebot mit Rheinmetall Electronics als Generalauftragnehmer den Zuschlag.

Den Kreisen zufolge soll DND Digital das Exportkontrollproblem mittlerweile gelöst haben. Wie es heißt, werden die Funkgeräte in Deutschland gefertigt, auch die Instandsetzung und Logistik erfolgt demnach vollständig hierzulande. Dem Vernehmen nach wird die deutsche Entität DND Digital als Lizenzgeber für die mit den Funkgeräten verbundene Software fungieren.

Da die BNET-Funkgeräte deutlich später als die Thales-Funkgeräte entwickelt wurden, gehen Beobachter davon aus, dass geringere Obsoleszenzrisiken bestehen, während höhere Leistungsdaten erreicht werden. Auch soll die Integration in das Richtfunknetz leichter möglich sein, das auf Basis des bereits beim Projekt „Digitalisierung landbasierter Operationen“ (D-LBO) eingesetzten Tactical Core der Firma blackned gemangt werden soll. Jetzt bleibt abzuwarten, ob sich die Funktechnik ohne Friktionen in den Radpanzer integrieren lässt, da dieser auch als D-LBO-Knotenpunkt vorgesehen ist und damit weitere Funkgeräte von L3Harris und Rohde & Schwarz erhalten wird.

Lars Hoffmann