Satellitenbilder und Fotos von chinesischen Enthusiasten, die auf sozialen Medien zirkulieren, haben kürzlich ein interessantes modulares Brückensystem für die chinesischen Streitkräfte gezeigt. Die Entwicklung zielt mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf ab, eine amphibische Invasion großen Ausmaßes zu ermöglichen. Die offensichtlichste Anwendung wäre ein Konflikt um Taiwan. Hartpunkt bietet hier einen Überblick über die beobachteten Eigenheiten und Fähigkeiten des Konzepts und stellt die wahrscheinlichsten Anwendungsmöglichkeiten dar.
Ein erster Bericht über die Produktion der Lastkahn-artigen Schwimmbrücken erschien Anfang Januar im Fachmedium „Naval News“. Der Analyst und ehemalige U-Boot-Fahrer Tom Shugart bot weitere Details bezüglich der Konstruktionen, basierend auf hochauflösenden Satellitenbildern der Bauwerft. Die Schwimmbrücken werden bisher bei CSSC Offshore & Marine Engineering Company (COMEC) in Guangzhou, Südchina, produziert. COMEC, auch bekannt unter dem älteren Namen Guangzhou Shipbuilding International (GSI) ist ein etablierter Lieferant der chinesischen Marine (People‘s Liberation Navy, oder PLAN). COMECs Schwerpunkt liegt bei Hilfsschiffen wie Tankern und Einsatzgruppenversorgern, Lazarett- und Bergungsschiffen. Im letzten Jahr hat sich COMEC allerdings auch zunehmend als Bau- und Ausrüstungswerft für innovative Systeme wie ein Trägerschiff für senkrechtstartende Drohnen und große Überwasserdrohnen hervorgetan.
Derzeit hat COMEC vier verschiedene Entwürfe konstruiert, die mit dem Schwimmbrücken-System assoziiert sind. Bei einem der Bargen scheint es sich um einen Prototyp oder Erprobungsmodul zu handeln. Drei weitere Konstrukte sind nach bisherigen Erkenntnisstand relevant für den operativen Gebrauch durch die PLAN. Weitere Einheiten sind derzeit im Bau. Der wichtigste konstruktive Aspekt der Module ist die Konstruktion als Variation einer Hubinsel. Hubinseln sind mobile Plattformen, die mittels absenkbarer Standbeine eine stabile Basis für verschiedene Anwendungen in Küstennähe ermöglichen. Übliche Verwendungen in der zivilen Industrie beinhalten die Konstruktion von Hafenbereichen, die Wrack-Bergung und der Ressourcenabbau, speziell Öl- und Gasförderung.

Hubinseln besitzen üblicherweise keinen Eigenantrieb und erfordern Schlepper oder Schwerlastschiffe für den Transport. Die chinesischen Schwimmbrücken im Kontrast hierzu besitzen Schrauben und Ruder beziehungsweise einen Wasserstrahlantrieb für die Selbstverlegung, sowie ein Ruderhaus. Obwohl die Berichterstattung gelegentlich von Schwimmkähnen spricht, handelt es sich daher eher um hochmobile schiffsartige Entwürfe, die scheinbar auch beschränkt hochseefähig sind. Diese Fähigkeiten sind hinsichtlich einer Invasion Taiwans, das vom chinesischen Festland durch eine über hundert Kilometer breite Wasserstraße getrennt ist, von Bedeutung.
Die drei operativ einsatzbaren Schwimmbrücken erschienen Ende Februar am Strand der Insel Nansan, vor der Küste von Zhanjiang. Zhanjiang ist fast 400 km in westlicher Richtung von Guangzhou und der Bauwerft COMEC entfernt. Es bleibt unklar, ob die Schwimmbrücken die komplette Distanz mit eigener Kraft zurücklegten oder mittels Schlepper oder Schwerlastschiff verlegt wurden. Satellitenbilder zeigen allerdings lediglich die drei Elemente in Fahrt unter eigener Kraft. Die Insel Nansan beherbergt eine Marinebasis für amphibische Elemente der chinesischen Marine, speziell für große Luftkissen-Angriffsboote der Zubr-Klasse und des Typs 726, äquivalent zu amerikanischen LCAC für den Betrieb von amphibischen Landungsschiffen.

Die Schwimmbrücken operierten an einem Strand auf Nansan vom 27. Februar bis zum 22. März 2025. In dieser Zeit unternahm die PLAN Erprobungen zusammen mit mindestens zwei zivilen RoRo-Fähren, die an die Schwimmbrücken anlegten. Am 23. März 2025 hatten alle Elemente den Strand von Nansan verlassen und verlegten südlich zur naheliegenden Insel Donghai, etwa 18 km entfernt, für weitere Erprobungen.
Technische Daten
Wie in Analysen an anderer Stelle erörtert, weisen die drei einsatzreifen Konstruktionen individuelle Eigenheiten, die für den modularen Betrieb als amphibische Schwimmbrücken von Belang sind. Dies betrifft die Abmessungen, die Zahl und Größe der Standbeine und Ausleger, die das Anlegen von Transportschiffen ermöglichen. Die erste Variante hat in der englischsprachigen Analyse durch Shugart und J Michael Dahm inzwischen den Namen „Shuiqiao 110“ erhalten. Andrew Erickson prägte den Begriff „Shuiqiao“ (水桥) , der übersetzt „Wasserbrücke“ bedeutet, in einem Artikel vom 13. März 2025. Die Zahl beschreibt die Länge von 110 Metern. Dieses Modul ist etwa 38 Meter breit und verfügt über einen 140 Meter langen Rampenausleger am Bug. Der Entwurf weist vier Standbeine und einen niedrigeren Tiefgang als die anderen beiden Systeme auf. „Shuiqiao 110“ hat weiterhin keine erkennbaren Ruder oder Propeller und scheint stattdessen einen richtbaren Wasserstrahlantrieb zu verwenden. Die Schwimmbrücke besitzt keine erkennbaren Ausleger für das Anlegen von Transportschiffen. All diese Eigenschaften suggerieren eine Verwendung als Brückenkopf und Schnittstelle zum Uferbereich im unmittelbaren Flachwasserbereich.

Die zweite Variante wird von Shugart als „Shuiqiao 135“ bezeichnet. Entsprechend dem Namen beträgt die Länge etwa 135 Meter, die Breite ist vergleichbar mit der kleineren Variante. Anders als Typ 1 besitzt dieser Entwurf sechs Standbeine, die erkennbar robuster und länger sind. Die Schwimmbrücke scheint Propeller und Ruder zur Navigation zu verwenden und besitzt zwei klar erkennbare Ausleger an Backbord und Steuerbord, um das Anlegen von Transportschiffen zu ermöglichen. Im Kontrast zu „Shuiqiao 110“ scheint es sich daher um ein Element für den Einsatz in tieferem Wasser zu handeln, das zudem in der Lage ist, Material von Transportschiffen aufzunehmen und weiterzugeben. Ebenso wie der erste Typ verfügt „Shuiqiao 135“ über einen 140 Meter langen Rampenausleger, der sowohl zur Verbindung mit anderen Schwimmbrücken als auch für das direkte Verlegen an den Uferbereich geeignet ist.

Die dritte Variante wird gemäß der etablierten Nomenklatur als „Shuiqiao 185“ bezeichnet. Es handelt sich um das weitaus größte Konstrukt, mit acht Standbeinen und einem charakteristischen, groß dimensionierten Heckausleger zusätzlich zu einem Ausleger an Steuerbord. Ebenso wie „Shuiqiao 135“ ist diese Schwimmbrücke mit Schrauben und Rudern ausgestattet. „Shuiqiao 185“ stellt daher wahrscheinlich das seeseitig abschließende Modul einer kombinierten Landungsbrücke dar und ermöglicht das Anlegen der größten RoRo-Schiffe zum Anlanden von Material.

Die Beschreibung wie hier dargelegt suggeriert, dass das chinesische Schwimmbrücken-System flexibel eine Bandbreite denkbarer Landungsoperationen abdecken soll. Mehrere Module des Typs 1 und 2 könnten kombiniert werden, um einer Vielzahl von Bedingungen im Küstenbereich gerecht zu werden. „Shuiqiao 110“ scheint für den Betrieb als Brückenkopf optimiert zu sein, mit beschränkter Kapazität, direkt Material von Transportschiffen anzulanden. „Shuiqiao 185“ hingegen ist das abschließende Element, und am deutlichsten auf die Verbindung zu groß dimensionierten Fähren optimiert. Abhängig von der Wassertiefe könnten die 135- und 185 Meter-Elemente auch ohne den Brückenkopf verwendet werden, etwa für das Anlanden von Material in beschädigten Hafenbereichen.
Ungeeignet für Kampfanlandungen
Das Schwimmbrücken-System erscheint optimiert für das schnelle Anlanden einer großen Menge von Material und Fahrzeugen in der zweiten Phase einer amphibischen Landungsoperation. Ein in der Diskussion häufig zu lesender Einwand betrifft die Überlebensfähigkeit eines derartigen Modulsystems unter Gefechtsbedingungen.
Die etablierte Doktrin der chinesischen Marine für amphibische Landungen sieht in der ersten Phase eine Kampflandung schwimmfähiger Kampfeinheiten vor, die sich auf Docklandungsschiffe, Hubschrauberträger und Panzerlandungsschiffe abstützen. Alle derzeit in Dienst befindlichen chinesischen Landungsschiffe verfügen über die Fähigkeit, diese Fahrzeuge direkt ins Wasser abzusetzen. Alternativ können Docklandungsschiffe (LPD) und Träger (LHD) der Typen 071 und 075 mittels Luftkissen- und konventionellen Landungsbooten Material auf den Strand verbringen. Panzerlandungsschiffe des Typs 072 (LST) können nicht schwimmfähige Fahrzeuge auch direkt anlanden. China hat darüber hinaus Erprobungen durchgeführt, um amphibische Fahrzeuge auch von zivilen RoRo-Fähren im Küstenbereich direkt ins Wasser abzusetzen, um Masse in der ersten Phase einer Kampflandung zu generieren.
Der wesentliche Punkt hierbei ist, dass eine erste Phase sehr wahrscheinlich die Verbringung von Fahrzeugen mittels verschiedener amphibischer Landungsschiffe und unter Deckung von see- und luftgestützter Feuerunterstützung beinhalten würden. Sobald diese ersten Wellen einen adäquaten Sicherungsbereich ermöglicht haben, würde das Schwimmbrücken-System zum Einsatz kommen, um eine große Zahl nicht-amphibischer Kräfte wie Kampfpanzer, Schützenpanzer, Artillerie, Flugabwehr und logistische Elemente zuzuführen.
Verwendung zur Katastrophenhilfe fragwürdig
Ein Vorschlag in der weiteren Debatte betraf den Einsatz zur Katastrophenhilfe, und im humanitären Kontext, statt für den militärischen Gebrauch. Der Vorschlag leitete sich ab aus der wahrgenommenen Verwundbarkeit der Schwimmbrücken wie zuvor dargelegt. Abgesehen vom Missverständnis bezüglich der chinesischen amphibischen Doktrin scheint auch die grundlegende Konzeption der „Shuiqiao“-Brücken dies in Frage zu stellen. Das Gesamt-System, wie dargelegt, zeichnet sich durch hohe Mobilität, äußerst flexible Verwendung und hohe Kapazität für das Verlegen von Material aus. Historisch betrachtet kommen wenige Ereignisse im Kontext der Katastrophenhilfe für derartig dedizierte Fähigkeiten als Anwendung in Frage. Darüber hinaus hat China bereits mehrfach flexibel einsetzbare amphibische Kräfte für den humanitären Einsatz zum Beispiel im Südpazifik verwendet.
Im Kontrast zu zivilen Bedarfen stellt eine groß angelegte amphibische Landungsoperation etwa gegen Taiwan deutlich höhere Ansprüche an eine rasche Verlegung erheblicher Mengen von Material. Ein Schwimmbrückensystem wie hier beschrieben erschwert die Planungen der verteidigenden Kräfte, da mit substanziellen Landungen von Material auch abseits von Tiefwasserhäfen und über verschiedenste Küstenbereiche gerechnet werden muss.
Historischer Kontext
Die grundlegende Konzeption legt einen Vergleich mit historischen Bemühungen nahe, insbesondere den sogenannten Mulberry-Häfen für den Einsatz während der Invasion der Westalliierten in der Normandie 1944. Das chinesische Militär hat sich intensiv mit historischen Beispielen für verschiedene militärische Operationen einschließlich amphibischer Unternehmen auseinandergesetzt. Die Landungen in der Normandie und auf Sizilien bleiben trotz der zeitlichen Distanz von inzwischen sieben Jahrzehnten teilweise relevant, insbesondere für die logistische Herausforderung einer großangelegten Kampfanlandung.
Das Mulberry-System beinhaltete eine Vielzahl von Einzelelementen einschließlich zweier Systeme von Wellenbrechern, Senkkästen, Piers und Brückenköpfen, die allesamt portabel und schnell aufzubauen waren. Im Endergebnis ergab dieses Konzept einen portablen Tiefwasserhafen, um die Abhängigkeit von konventionellen Hafenanlagen zu verringern. Die Mulberry-Häfen zielten insofern auf eine ähnliche Problemstellung wie das neue chinesische System ab. Nichtsdestotrotz gibt es bedeutende Unterschiede zwischen beiden Ansätzen. Die Shuiqiao-Brücken sind aufgrund moderner Technik und Konstruktionsprinzipien effektiv eine bedeutende Evolution des Mulberry-Prinzips. Der chinesische Ansatz ist deutlich weniger komplex, einfacher verlegbar und theoretisch flexibler und resilienter gegen Umwelteinflüsse. Inwiefern zusätzliche Elemente, etwa als Wellenbrecher, für unterbrechungsfreie Operationen bei widrigen Witterungsbedingungen erforderlich sind, bleibt abzuwarten.
Fazit
Die momentan zu beobachtenden Bemühungen stellen das Ergebnis eines langjährigen Erprobungs- und Entwicklungsprozesses für die chinesischen Streitkräfte dar. Frühere Bemühungen beinhalteten das Entladen von Fähren auf deutlich einfachere Ponton- und Lastkahn-Elemente. Einige Versuche bezogen bereits kommerzielle Hubinseln als verbindendes Element zwischen Fähren und Pontons ein. Das neue Schwimmbrücken-System stellt insofern eine erhebliche Weiterentwicklung dar, basierend auf Erkenntnissen zur Verbesserung und Erweiterung bisheriger Bemühungen, die ähnlich wie die Mulberry-Häfen des Zweiten Weltkriegs komplexer, zeitaufwendiger und beschränkter einsetzbar waren.

Die stetige Weiterentwicklung über Jahre und innovative neue Entwürfe wie die Shuiqiao-Brücken illustrieren, wie die PLA intensiv an einer überzeugenden Lösung für das hochkomplexe Problem einer amphibischen Landung auf Taiwan arbeitet. Auch wenn ein derartiges Vorhaben militärhistorisch in seiner Komplexität ohne Präzedenz ist, müssen diese Bestrebungen sicherheitspolitisch ernstgenommen werden.
Autor: Alexander Luck ist Analyst für Rüstungspolitik mit Schwerpunkt Marine und Luftfahrt. Sein Fokus liegt auf dem indopazifischen Raum, besonders Entwicklungen in China, Ostasien und Australien. Dieser Beitrag erschien in einer früheren Fassung am 25. März in englischer Sprache im Fachjournal „Naval News“.