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Schwerer Mörser – Bundestag gibt Gelder für Anpassentwicklung und Beschaffung von Qualifikationsmustern des NEMO-Mörsers auf CAVS-Plattform frei

Waldemar Geiger

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In seiner letzten Sitzung der vorzeitig endenden Legislaturperiode hat der Haushaltsausschuss des Bundestages gestern die 25-Mio-Vorlage „Projekt ,Common Armoured Vehicles System (CAVS)‘; Research and Development Work Package Agreement Wheeled Heavy Mortar System“ gebilligt und somit Haushaltsmittel für die Anpassentwicklung und Beschaffung von Qualifikationsmustern des NEMO-Mörsers auf der CAVS-6×6-Plattform freigegeben. Die Bundeswehr beabsichtigt, mit dem NEMO-Mörser die erste Variante der CAVS-Plattform in die Truppe einzuführen.

Der Schwere Mörser soll das sogenannte Zukünftige System Indirektes Feuer kurze Reichweite bilden. Mit dem Vorhaben, welches eine Kombination eines modernen Turmmörsersystems vom Typ NEMO auf einer CAVS 6×6-Plattform (beides von Patria) darstellt, beabsichtigt die Bundeswehr, die in die Jahre gekommenen 120-mm-Panzermörser der Jägertruppe zu ersetzen. Dem Vernehmen nach sollen zudem auch die mit dem Radschützenpanzer ausgerüsteten Grenadierverbände zukünftig mit dem neu zu beschaffenden Mörsersystemen ausgestattet werden.

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Gut informierten Kreisen zufolge darf die Bundeswehr für insgesamt etwa 50 Millionen Euro notwendige Anpassentwicklungen an den NEMO-CAVS-Mörsern finanzieren und drei Prototypen des zukünftigen Schweren Mörsers der Bundeswehr – bei den Prototypen handelt es sich um zwei Mörserträger und ein Führungsfahrzeug – als Nachweismuster für die Qualifizierung beschaffen. Vertragspartner ist der finnische Rüstungskonzern Patria, welcher für die Anpassenwicklung durch die zu Hensoldt gehörige ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH unterstützen wird.

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Bei der Anpassungsbedarf handelt es sich beispielsweise um Maßnahmen zur Sicherstellung der Zulassungsfähigkeit gemäß den Vorgaben der Straßenverkehrsordnung, der Integration eines MG5 und einer Rosy-Nebelmittelwurfanlage sowie die Umsetzung einer Nachtkampffähigkeit des Waffensystems. Darüber hinaus muss der NEMO in das Führungs- und Waffeneinsatzsystem ADLER integriert bzw. angebunden werden. Gleiches gilt für die Integration der D-LBO-IT- und Funk-Infrastruktur. Auch ein Beladungskonzept mit bundeswehrspezifischer Ausrüstung muss erstellt werden.

Dem Vernehmen nach soll der erste Mörserträger-Prototyp wenige Monate nach Vertragsschluss an die Bundeswehr geliefert werden. Der zweite Mörserträger und das Führungsfahrzeug 1,5 Jahre nach Vertragsschluss. Der Abschluss der Qualifizierung ist für Ende 2027 geplant. Im Anschluss soll ein erstes Serienlos mit 45 Mörserträgern und 12 Führungsfahrzeugen beschafft werden, welches bis Ende 2029 zuläuft. Damit könnte dann rund die Hälfte des Gesamtbedarfs an diesen Waffensystemen gedeckt werden.

NEMO

NEMO steht für NEw MOrtar und ist ein rund 1,9 Tonnen schwerer 120-mm-Turmmörser des finnischen Rüstungskonzerns Patria. Das System wurde 2006 erstmals vorgestellt und seitdem konsequent weiterentwickelt. So hat Patria Anfang 2021 die Qualifizierung des NEMO für die Fähigkeit „Fire-on-the-move“, auf Deutsch Feuern in der Bewegung, bekanntgegeben. Diese für Mörsersysteme bis dato einzigartige Fähigkeit erlaubt es der Truppe, während des Feuerkampfes ständig in der Bewegung zu bleiben und sich somit der feindlichen Waffenwirkung wirkungsvoll zu entziehen.

Die Konstruktionsweise als Turmmörser gilt zwar als besonders komplex und ist demensprechend auch mit höheren Beschaffungs- und Unterhaltskosten verbunden, bietet gegenüber klassischen „Lukenmörsern“ aber mehrere Vorteile. Zum einen ist die Besatzung komplett geschützt, sowohl ballistisch, als auch gegen ABC-Bedrohungen. Ein weiterer Vorteil besteht in der Fähigkeit, in einer niedrigen Winkelgruppe im direkten Richten feuern zu können. Eine Fähigkeit, die im Gefecht sowohl defensiv als auch offensiv genutzt werden kann.

Ein einziger NEMO-Mörser ist laut Hersteller in der Lage, bis zu sechs Patronen gleichzeitig ins Ziel zu bringen. Das Verfahren wird als Multiple Round Simultaneous Impact (MRSI) bezeichnet. Diese Fähigkeit bleibt dem Hersteller zufolge auch beim Feuern in der Bewegung erhalten.

Der NEMO-Turm verfügt über einen Schwenkbereich von 360 Grad und eine Waffenneigung von -3 bis 85 Grad. Das drei Meter lange Rohr erlaubt eine im Vergleich zu klassischen 120-mm-Mörsern leicht gesteigerte Kampfreichweite.

Die Waffenanlage ist als Hinterlader mit einem halbautomatischen Lademechanismus konzipiert. Dabei wird die Munition durch die Besatzung vorbereitet und auf eine Ladeschiene platziert. Der Mechanismus lädt die Waffe im Anschluss automatisch. Je nach Größe können Fahrzeuge, die mit NEMO-Turm ausgerüstet sind, 50 bis 60 Patronen 120-mm-Mörsermunition mitführen. Für den Verschuss aus dem NEMO muss die Mörsermunition mit einem sogenannten Stub Case (auf Deutsch Hülsenstummel) versehen werden. Dabei handelt es sich um ein von Patria entwickelte kurze Hülse, die als Interface zwischen der Hinterladerwaffenanlage und der Munition fungiert. Aussagen von Patria zufolge eignet sich fast jede auf dem Markt befindliche 120-mm-Mörsermunition für den Verschuss aus dem NEMO, sobald sie mit dem Stub Case bestückt wurde. Die Bestückung der Munition ist einfach und kann durch die Besatzung erfolgen. Nach dem Abfeuern der Waffe wird der Hülsenstummel in einen auf dem Fahrzeug montierten Auffangbehälter ausgeworfen.

Nach Angaben von Patria wird das Waffensystem üblicherweise durch eine vierköpfige Besatzung bedient, welche aus einem Kraftfahrer, einem Kommandanten – der auch gleichzeitig die Funktion des Richtschützen wahrnimmt – einem Lade- sowie einem Munitionsschützen besteht. Ein modernes Feuerleitsystem komplettiert das Waffensystem.

Transportpanzer CAVS 6×6

Der CAVS 6×6 leitet sich von einem dreiachsigen Radpanzer ab, den ursprünglich die finnische Firma Sisu produzierte. Dieses Fahrzeug wurde auch Patria XA genannt. Der neue Patria 6×6 weist den Angaben von Patria zufolge gegenüber seinem Vorgänger eine verbesserte Einzelradaufhängung, einen leistungsstärkeren Scania-Motor – je nach Ausführung mit 294 kW oder 325 kW Leistung – sowie Verbesserungen des elektrischen Systems auf. Das deutsche Unternehmen ZF liefert laut Patria das 7-Gang-Automatikgetriebe.

Die Ladekapazität beträgt 8,5t. Der Patria 6×6 hat laut Hersteller ein maximales Gewicht von 24t –das Schwimmgewicht soll bei 21t liegen – und der Schutz entspricht STANAG 4569 Level 2, wobei auch ein höherer Schutz gemäß Level 4 bei Bedarf möglich sein soll.

CAVS-Historie

Am 14. Juni 2022 hat Deutschland eine Absichtserklärung zum Beitritt zum finnisch geführten CAVS-Programm für ein neues 6X6-Transportfahrzeug unterzeichnet. Offiziell ist man dem CAVS-Programm aber erst im April 2023 beigetreten und hat im Anschluss den Patria 6×6 einer Reifegradanalyse unterzogen, die der Transportpanzer erfolgreich abgeschlossen hat. Schwerpunkt der Reifegradanalyse lag dem Verteidigungsministerium zufolge auf zulassungsrelevanten und fahrsicherheitsbestimmenden Aspekten.

Insidern zufolge hat politischer Druck dazu geführt, dass die Bundeswehr zwei weitere 6×6-Fahrzeuge – den Fuchs Evolution von Rheinmetall und den Pandur Evolution von General Dynamics European Land Systems – ebenfalls einer Reifegradanalyse unterzogen hat, was Verzögerungen im Projekt zur Folge hatte. Gut informierten Kreisen zufolge konnten die dadurch gewonnenen Erkenntnisse die Bundeswehr nicht von der Absicht abbringen, den Patria zu beschaffen.

Im Mai 2024 wurde dann der Beitritt Deutschlands zum Forschungs- und Entwicklungsvereinbarung des „Common Armoured Vehicle System“-Programms offiziell vollzogen. Wie aus einer Mitteilung des finnischen Verteidigungsministeriums vom 2. Mai 2024 hervorgeht, erhält Deutschland nach der erfolgten Unterzeichnung des Research and Development Agreements (Forschungs- und Entwicklungsvereinbarung) Zugang zu den Ergebnissen der CAVS-Produktentwicklungspakete und kann sich zugleich an der Weiterentwicklung des Fahrzeugsystems beteiligen.

Waldemar Geiger