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Niederlande bekunden Interesse an Beschaffung von US-Funkgeräten für 1,4 Milliarden US-Dollar

Waldemar Geiger

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Die Niederlande beabsichtigen im Rahmen des Vorhabens Foxtrott einen großen Teil der aktuell in Nutzung befindlichen Funkgeräte durch modernere US-Funkgeräte zu ersetzen und haben dazu offiziell ein Interesse an Funkgeräten des Typs AN/PRC-117G, AN/PRC-152A, AN/PRC-160, AN/PRC-163 und AN/PRC-167 mit einem Gesamtbeschaffungswert von bis zu 1,42 Milliarden US-Dollar bekundet.

Wie aus einer Veröffentlichung der Defense Security Cooperation Agency (DSCA) vom 16. Oktober hervorgeht, haben die Niederlande bei der US-Regierung einen Kauf der Funkgeräte des US-Herstellers L3Harris sowie des Unterauftragnehmers TrellisWare Technologies samt dazugehöriger Ausrüstung sowie weiterer Leistungen angefragt und gebilligt bekommen.

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Die Lieferungen sollen im Fall einer Bestellung im Rahmen des „Foreign Military Sale“-Programms erfolgen und haben bereits die Zustimmung des US-Außenministeriums erhalten. Die finale Ratifizierung des Vertrages bedarf noch der Zustimmung des Kongresses, was jedoch als gesichert gilt. Erst nach erfolgter Zustimmung können der Käufer und die Industrie die finalen Details, inklusive des tatsächlichen Preises, aushandeln. Zudem verweist die DSCA darauf, dass der Auftraggeber in der Regel auf eine Offset-Gegenleistung besteht. „Jede Kompensationsvereinbarung wird in Verhandlungen zwischen dem Auftraggeber und dem Hauptauftragnehmer festgelegt“, so die DSCA.

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Das niederländische Verteidigungsministerium hat das Parlament bereits im November 2023 in Kenntnis gesetzt, dass es im Rahmen des Vorhabens „Foxtrot“ die taktischen Kommunikationsmittel sowie die dazugehörige IT-Infrastruktur der Streitkräfte modernisieren will. Ein Teilprojekt davon ist das sogenannte Militaire Transmissie Bouwblok (MTBB), auf Deutsch: Militärischer Übertragungsbaustein. Wie aus dem Schreiben hervorgeht umfasst das MTBB-Vorhaben die Beschaffung militärischer Funkgeräte (sogenannte Combat Net Radios), zugehöriger Software, Wellenformen (ein militärspezifisches Protokoll zur Kommunikation und zum Datenaustausch), zugehöriger Peripheriegeräte und Systemintegrationsdienstleistungen.

Der Bedarf des MTBB-Vorhabens wird seitens des niederländischen Verteidigungsministeriums auf über 10.000 Funkgeräte beziffert. Darunter 8.000 Systeme für Fahrzeuge, 3.500 Stück für den abgesessenen Einsatz, zudem müssen 135 Schiffe und 170 fliegende Plattformen mit neuen Combat Net Radios ausgestattet werden. Auch HF-Kommunikationsmittel für den statischen und mobilen Einsatz sollen modernisiert werden, um für die Weitbereichskommunikation genutzte HF7000-Funkgeräte, die das Ende ihrer technischen Lebensdauer erreicht haben, zu ersetzen. Zudem wurde mitgeteilt, dass der Bedarf für den Ersatz von in die Jahre gekommenen Boden-Luft-Funkgeräte zukünftig im Rahmen des MTBB-Vorhabens realisiert werden soll.

Alleine für den im Mai 2023 angekündigten 1-zu1-Ersatz von Boden-Luft-Funkgeräten, werden rund 1.200 tragbare Funkgeräte benötigt. Wie das Verteidigungsministerium im Mai 2023 schrieb, sind die für diesen Zweck aktuell in den Streitkräften genutzten Funkgeräte vom Typ AN/PRC117F- und AN/PRC-152 seit 2002 in Nutzung und haben nunmehr ihre technische Lebensdauer erreicht. So sei dem damaligen Schreiben des Verteidigungsministeriums an das Parlament zufolge eine Reparatur nur noch mittels Ausschlachtung anderer Geräte möglich, da der US-Hersteller L3Harris den Support eingestellt hat. Zudem können die aktuellen Funkgeräte ab Mitte 2025 nicht mehr die aktualisierten NATO-Anforderungen für sichere Kommunikation erfüllen. Daher wurde die Beschaffungsabsicht für einen 1-zu-1-Ersatz der alten Geräte durch modernere Systeme angekündigt. Dafür sollten insgesamt rund 1.200 tragbare Funkgeräte der Typen AN/PRC-117G und AN/PRC-163 beschafft werden. Mit den AN/PRC-117G und AN/PRC-163-Geräten werden die niederländischen Bodentruppen in die Lage versetzt,  „sichere Verbindungen mit den modernen luftgestützten Plattformen wie den neuen Generationen von Apache- und Chinook-Hubschraubern, den F-35-Kampfflugzeugen und dem künftigen Ersatz für die C-130 Hercules-Transportflugzeuge herzustellen“, heißt es in dem damaligen Papier. 

Um den MTBB-Bedarf zu decken, wurden dem niederländischen Verteidigungsministerium zufolge mehrere Marktsichtungen durchgeführt.

Der erste Schritt der Erkundung fand im Rahmen des binationalen Programms Tactical Edge Networking (TEN) statt, in dem Foxtrot und das deutsche Programm „Digitalisierung landbasierter Operationen“ (D-LBO) gemeinsam an der gemeinsamen Beschaffung von Kommunikationssystemen arbeiteten. TEN führte hierzu 2020 eine Marktanalyse durch. Innerhalb von TEN wurde anschließend festgestellt, dass eine gemeinsame Beschaffung aufgrund von Unterschieden bei entscheidenden Anforderungen für den Militärischen Übertragungsbaustein (MTBB) nicht möglich war. Die Beschaffung wurde daraufhin national weitergeführt, ohne dass dies die Interoperabilität mit Deutschland beeinträchtigte.

Im einem zweiten Schritt der Untersuchungsphase wurde eine Marktberatung durchgeführt, woraufhin die Anforderungen in Hauptanforderungen ausgearbeitet wurden. Die zwei wichtigsten Grundsätze hierbei waren dem November-Schreiben des Verteidigungsministeriums zufolge, dass die Funkgeräte maximal interoperabel zwischen den eigenen Streitkräften und internationalen Partnern sein müssen und bis zum NATO-SECRET-Niveau eingesetzt werden können. „Zudem ist es aufgrund der schnellen Umsetzung notwendig, den Bedarf so weit wie möglich durch marktverfügbare („COTS/MOTS“) Lösungen mit einer Produktfamilie zu erfüllen“, so das Verteidigungsministerium in seinem Schreiben an das niederländische Parlament.

Schlussendlich konnte laut dem Verteidigungsministerium nur der US-Hersteller L3Harris ermittelt werden, der „eine Produktfamilie anbieten kann, die den Anforderungen entspricht und die Produktreife hat, um kurzfristig geliefert werden zu können“. Dementsprechend wurde der Entschluss gefasst, die Funkgeräte beim US-Anbieter zu beschaffen. Die Funkgeräte selbst werden über ein Regierungsgeschäft mit den USA gekauft, was dem niederländischen Verteidigungsministerium zufolge eine Auflage der US-Regierung darstellt. Die zugehörige Ausrüstung (Antennen, Verstärker, Kabel und Gestelle) sowie Dienstleistungen zur Systemintegration (Beratung und Unterstützung bei der Integration der Funkgeräte in die Gesamtlösung) werden hingegen direkt bei L3Harris in Auftrag gegeben.

AN/PRC-117G

Das Einkanalfunkgerät AN/PRC-117G ist ein sogenanntes Tornisterfunkgerät und bietet NATO SATURN (Second Generation Anti-Jam UHF Radio for NATO) als leistungsfähige und eingeführte (STANAG) Ground-Air-Ground-Wellenform. Im Frequenzbereich von 30MHz bis 2GHz sind zudem unterschiedliche Übertragungsverfahren, wie etwa auch die MANET-Wellenform ANW2C möglich. Zudem ist mit der G-Version des Funkgeräts der Zugriff auf US-Satelliten möglich. Die Type-1-Verschlüsselung erlaubt zudem die sichere Interoperabilität mit US-Luftfahrzeugen, beispielsweise für Luftnahunterstützung (CAS).

Das Einkanalfunkgerät AN/PRC-117G ist ein sogenanntes Tornisterfunkgerät. (Bild: U.S. Marine Corps / Mackenzie Binion)

AN/PRC-163

Das AN/PRC-163 ist ein Handheld-Zweikanal-Funkgerät, mit dem VHF-Kommunikation mit Bodentruppen und gleichzeitiger Zugriff auf weitreichende UHF-Satellitenkommunikation gleichzeitig möglich ist. 

Das mehrkanalfähige AN/PRC-163 erlaubt es beispielweise mittels ROVER, streitkräftegemeinsame taktische Feuerunterstützung mit Videoübertragung anzufordern. Gleichzeitig ist die Kommunikation, über taktisches V/UHF oder (MUOS-) SATCOM, mit weiteren Kräften möglich. (Bild: U.S. Navy / John J. Mike)

AN/PRC-152A

Das AN/PRC-152A ist ein Handheld-Mehrkanal-Funkgerät, dass dem Hersteller zufolge eine gleichzeitige Sprach-, Video- und Hochgeschwindigkeitsdatenübertragung in einem äußerst tragbaren Format bietet. Bei dem Funkgerät handelt es sich um eine modernisierte Variante des AN/PRCS-152, welche über eine Netzwerkfähigkeit und eine höhere Datenübertragungsrate verfügt.

Das AN/PRC-152A ist eine modernisierte Variante des AN/PRC-152. (Bild: L3Harris)

AN/PRC-167

AN/PRC-167 stellt die neueste Generation von L3-Harris-Mehrkanal-Tornisterfunkgeräten dar, welches unter anderem als das zukünftige Standard-Manpack-Funkgerät der US-Spezialkräfte ausgewählt wurde. Das U.S. Special Operations Command hat im Oktober 2020 die Beschaffung von AN/PRC-167-Geräten im Wert von 82 Millionen US-Dollar eingeleitet.

Das AN/PRC-167 Funkgerät hat ein Gewicht von 5,85 kg – inklusive der Batterie. (Foto: L3Harris)

Das AN/PRC-167 greift die Architektur des AN/PRC-163 Handhelds auf, erweitert aber die Nutzungsmöglichkeiten dahingehend, dass auf beiden Kanälen die gesamte Bandbreite von 30 MHZ bis 2600 MHz zur Auswahl steht. Das wiederum ermöglicht die Nutzung in den höheren harmonisierten NATO-Bändern (MIL-Band III), wo sowohl die Frequenzen als auch die Bandbreiten verfügbar sind. Beim AN/PRC-167 beträgt die maximal mögliche Bandbreite 40MHz. Dank dieser großen Frequenzbandbreite erhöht sich die Flexibilität, denn der Nutzer kann im Einsatz auf das so genannte „Spectrum of Opportunity“ zugreifen, also die insgesamt verfügbaren Frequenzen. Dabei wird die Auswahl der verfügbaren Frequenzen durch kognitive Verfahren des Funkgeräts unterstützt. Dies ist vor allem dann hilfreich, wenn im Einsatz(-land) kein behördliches Frequenzmanagement erfolgt.

Das Funkgerät bietet eine Leistung von 250 mW bis 10 Watt in den V/UHF Betriebsarten und 20 Watt im SatCom-(Satellitenkommunikation)-Betrieb. Darüber hinaus ist es ist mit dem beim AN/PRC-163 verfügbaren Missionsmodul kompatibel. Das Missionsmodul ist flexibel nutzbar und ist aktuell u.a. für den Empfang von ISR-Videodaten verfügbar (Rover). Damit werden die beiden vorhandenen Kanäle des AN/PRC-167 um einen dritten für die Kommunikation etwa mit Drohnen oder anderen Luftfahrzeugen erweitert. Das Missionsmodul bietet mit seiner hohen Flexibilität auch die Möglichkeit, Wellenformen anderer Anbieter darauf zu portieren. Darüber hinaus bietet das AN/PRC-167 unter anderem das vom AN/PRC-117G bekannte Black-LAN Interface. So können unter durchgängiger Nutzung der Type-1 / NATO-SECRET Kryptologie, auch kommerzielle Transportwege (bspw. Inmarsat) genutzt werden.

AN/PRC-160

Die HF-Funkgeräte AN/PRC-160 werden für eine weitreichende taktische Kommunikation (Beyond-Line-of-Sight), ohne Abstützung auf Satelliten, genutzt. Die Funkgeräte können Sprach- und Datenfunk übertragen und sollen offenbar auch in die Fahrzeuge eingerüstet werden. HF-Funk (High Frequency), auch als Kurzwelle bekannt, hat eine geringe Störanfälligkeit und kann unabhängig von Infrastruktur betrieben werden. Im Bereich der Weitbereichskommunikation stellt die Kurzwelle für die Streitkräfte eine Alternative bzw. Redundanz zur Satellitenkommunikation dar, wenn diese gestört oder nicht nutzbar ist.

Das HF-Funkgeräte AN/PRC-160 wird für eine weitreichende taktische Kommunikation (Beyond-Line-of-Sight), ohne Abstützung auf Satelliten, genutzt. (Bild: L3Harris)

Das AN/PRC-160 wiegt rund vier Kilogramm (ohne Batterien) und kann plattformgebunden oder als Manpack abgesessen genutzt werden. Mit dem SDR-Kurzwellenfunkgerät lassen sich Datenübertragungsraten für Sprache, Daten und Texte von bis zu 120kb/s erreichen. Zudem bietet das AN/PRC-160 volle Interoperabilität mit den andren L3Harris-Funkgeräten.

Waldemar Geiger