Die Entscheidung des Europäischen Verteidigungsfonds (EDF) von Ende Juli, das Forschungsprogramm EU HYDEF zu Entwicklung eines Flugkörpers zur Abwehr von Hyperschallwaffen an ein vom spanischen Unternehmen Sener Aerospacial koordiniertes Konsortium zu vergeben, hat viele Beobachter überrascht. In Fachkreisen hatten Experten darauf gesetzt, dass ein Konsortium um den europäischen Lenkflugkörperhersteller MBDA den Zuschlag für das rund 110 Millionen Euro schwere Projekt erhalten würde. Offenbar hatte auch MBDA eine solche Entscheidung erwartet und geht jetzt nach einigen Monaten des Abwartens rechtlich gegen die Vergabe vor. Wie ein MBDA-Sprecher auf Anfrage bestätigte, hat sein Unternehmen Klage gegen die Entscheidung bei der EU eingereicht. Weitere Details zum Verfahren wollte er nicht machen. Er betonte jedoch, dass man HYDEF als wichtiges Vorhaben einschätze.
HYDEF steht für Hypersonic Defence Interceptor. Mit einem solchen Flugkörper sollen in Zukunft auch Hyperschallwaffen, die innerhalb der Atmosphäre mit einer Geschwindigkeit von mehr als Mach 5 fliegen, abgewehrt werden. Bisher existiert kein derartiger endoatmosphärisch wirkender Flugkörper. Das EDF-Entwicklungsprojekt dafür ist auf drei Jahre angelegt.
Neben Sener ist der deutsche Technologiekonzern Diehl der wohl wichtigste Player im HYDEF-Konsortium, das den Zuschlag erhalten hat. So haben die Deutschen bereits kürzlich ein Konzept für den Interceptor vorgestellt, der auf der selbst entwickelten Iris-T-Raketenfamilie aufbaut und den Namen Iris-T HYDEF trägt. Der EDF liegt im Zuständigkeitsbereich des französischen EU-Kommissars Thierry Breton und der Generaldirektion für die Verteidigungsindustrie und den Weltraum DEFIS.
lah/4.10.2022