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Marine favorisiert bei LUH SK eine Dienstleistungslösung

Die Bundeswehr plant schon seit einigen Jahren einen Light Utility Helicopter (LUH) für mehrere Teilstreitkräfte zu beschaffen, mit dem insbesondere die Aus- und Weiterbildung von Piloten zwischen der Beendigung ihrer Hubschrauber-Grundausbildung und dem Einsatz auf ihrem Einsatzhelikopter wie dem NH90 oder dem Tiger erfolgen soll.

Nach den ursprünglichen Vorstellungen sollten dabei die Teilstreitkräfte im Rahmen dieses Vorhabens „Leichter Mehrzweckhubschrauber Streitkräfte“ oder „LUH SK“ das gleiche Hubschraubermuster beschaffen. Offenbar gibt es jedoch mittlerweile in der Marine erhebliche Zweifel, ob dies ein zielführendes Vorgehen ist.

So möchte die Deutsche Marine nicht den gleichen LUH wie andere Teilstreitkräfte kaufen, sondern bevorzugt eine Lösung, bei der ein Dienstleister sowohl Helikopter als auch Fluglehrer stellt, wie der Chef der deutschen Marineflieger, Kapitän zur See Thorsten Bobzin, vergangene Woche auf dem 32. Internationalen Hubschrauberforum in Bückeburg erläuterte. Seiner Einschätzung zufolge wäre das vorgeschlagene Vorgehen langfristig auch kostengünstiger als ein Kauf. Denn beim Kaufmodell werden offenbar Personal- und Infrastrukturkosten nicht angemessen berücksichtigt.

Die Marine würde im Rahmen eines Dienstleistungsvertrages eine vereinbarte Zahl von jährlichen Flugstunden abrufen. In der Vergangenheit kursierten in Presse Zahlen von bis zu 4.000 Flugstunden pro Jahr.

Begründet wird der Ansatz mit den besonderen Herausforderungen für die Marine-Piloten beim Einsatz auf See und auf Schiffen. So möchte die Marine mit einem neuen Helikopter unter anderem die Landung auf Deck und die Prozesse an Bord trainieren, wozu ein Radfahrwerk erforderlich ist. Der H145 von Airbus, der als heißer Kandidat für den LUH SK gehandelt wird, verfügt jedoch nur über Kufen.

Überdies benötigt die Marine unter anderem für den Flug über dem Meer, bei dem zur Orientierung keine markanten Punkte im Gelände genutzt werden können, ein Seeraumüberwachungsradar. Geübt werden soll auch der Windeneinsatz auf See, womöglich auch der SAR-Dienst oder das Ausbringen von Bojen. Auch hierfür sind technische Voraussetzungen erforderlich, die ein querschnittlich beschafftes Hubschraubermuster wahrscheinlich nicht mitbringt, was den Wert für die Marine mindert.

Um den späteren Umstieg der Piloten auf den NH90 zu erleichtern, der als Naval Transport Helicopter Sea Lion und als Bordshubschrauber Sea Tiger bei der Marine eingeführt wird, sollte für die Ausbildung idealerweise ein Muster gewählt werden, das ähnliche Charakteristika wie der NH90 aufweist.

Hier könnte sich die AugustaWestland 139 des italienischen Anbieters Leonardo anbieten, die hinsichtlich des Cockpits offensichtlich große Ähnlichkeiten aufweist. Denn der italienische Hubschrauberbauer liefert auch wesentliche Cockpit-Elemente für den NH90. Überdies verfügt der Leonardo-Helikopter über ein verstärktes Radfahrwerk, das für Decklandungen geeignet sein soll. Mit Radfahrwerk ist auch der neue H160 von Airbus Helicopers konzipiert, der bei den französischen Streitkräften – auch als Marineversion – eingeführt wird. Damit käme wohl auch dieses Muster für eine Marineanwendung in Frage.

Die Vorstellungen der Marine sind auch der Industrie nicht verborgen geblieben und so hat sich mit Blick auf eine Betreiberlösung mindestens ein Anbieterkonsortium zusammengefunden. Auf dem Hubschrauberforum präsentierte die ESG ein Angebot, bei der das Unternehmen als Konsortialführer zusammen mit HeliService und Leonardo als Team auftritt. HeliService ist nach eigenen Angaben auf den Personentransport zu Service-Plattformen und Schiffen für Offshore-Windparks spezialisiert. Daher gehört für das Unternehmen das Fliegen über dem Meer und das Winschen zum Standard-Repertoire.

Als mögliche Hubschrauber hat die ESG die AW 139 und AW 169 im Fokus. Insgesamt wird mit einem Bedarf von sechs bis acht Helikoptern pro Jahr kalkuliert. Das Industrieteam will seine Dienstleistung ab 2024 vom Standort Emden aus anbieten. Im Marineflieger-Stützpunkt Nordholz stehen dem Vernehmen nach keine Kapazitäten mehr zur Verfügung.

Die Marine scheint Interesse an einem Ausbildungsstart im Jahr 2024 und damit vor dem Zulauf des NH90 Sea Tiger zu haben, der Ende 2025 erwartet wird. Zumal sich grundsätzlich mit der Nutzung eines LUH teure Flugstunden auf dem NH90 sparen lassen. Ob es jedoch zu einer solchen Betreiberlösung kommt, war zumindest zum Zeitpunkt des Hubschrauberforums noch offen. Denn zunächst muss der Generalinspekteur der Bundeswehr dafür grünes Licht geben.
lah/14.7.2022

 

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