Long Range Manoeuvring Projectile – U.S. Navy beauftrag Entwicklung eines Langstreckenpräzisionsgeschosses für 155mm-Artilleriesysteme

Austin Haywood

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General Atomics Electromagnetic Systems (GA-EMS) ist von der U.S. Navy mit der Weiterentwicklung des Long Range Manoeuvring Projectile (LRMP) beauftragt worden. Ziel der Navy ist es, mit dem LRMP-Geschoss die Reichweite der bereits im Einsatz befindlichen 155-mm-Geschütze auf über 120 km zu erhöhen. Dies geht aus einer Pressemitteilung von GA-EMS vom 2. Dezember 2024 hervor.

„Wir bereiten uns derzeit auf die bevorstehenden LRMP-Gleitflugtests auf dem Dugway Proving Grounds Übungsgelände in Utah vor, die Teil des ersten Auftrags sind. Weitere Meilensteintests und Folgemaßnahmen werden während der fünfjährigen Vertragslaufzeit durchgeführt, um LRMP-Geschosse für 155-mm-Artilleriesysteme sowie für andere Plattformen zu entwickeln, herzustellen, zu bestücken und zu testen“, wird Mike Rucker, der Leiter der GA-EMS-Waffenprogramme, in der Mitteilung zitiert.  

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Das Geschoss ist für bestehende Artilleriesysteme vorgesehen und laut GA-EMS mit bestehenden Rohrwaffen, Autoladern und Handhabungsgeräten kompatibel. Die U.S. Army und das U.S. Marine Corps verwenden die M109 in verschiedenen Varianten und die gezogene M777, beides 155-mm-Systeme mit Reichweiten von über 30 km je nach verwendeter Munition. Verglichen mit der Reichweite des LRMP von 120 km sind die Vorteile des neuen Geschosses relativ deutlich.

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Im Rahmen der Sea-Air-Space Exposition 2023 erörterte Nick Bucci, Vizepräsident für Verteidigungssysteme und -technologien bei General Atomics, die Skalierbarkeit der LRMP-Geschosse, das auch auf eine 127-mm-Variante skaliert werden soll, das für das 62-Kaliber-Geschützsystem Mark 45 Model 4 der U.S. Navy geeignet ist. Das derzeitige Mk 45-Geschütz verwendet ein Geschoss mit einer Reichweite von 36 km, während Bucci erklärte, dass sein 127-mm-LRMP-Geschoss eine erhöhte Reichweite von 75 km haben würde.

Obwohl GA-EMS der Fertigstellung der 155-mm-Variante des LRMP-Geschosses Vorrang einräumen will, wäre die zusätzliche Entwicklung der 127-mm-Variante eine effektive Ergänzung des Arsenals der US-Marine zu geringeren Kosten als alternative Munition mit einer solchen Reichweite. Das Projekt hat sich in den vergangenen drei Jahren selbst finanziert; mit dieser neuen Entwicklung ist GA-EMS eigenen Angaben zufolge bereit, im Jahr 2025 mit der Produktion auf niedrigem Niveau zu beginnen.

Technisches Profil des LRMP-Geschosses

Das LRMP-Geschoss ist eine Boden-Boden-Präzisionsmunition, die von 155-mm-Artilleriesystemen abgefeuert wird und eine Reichweite von mindestens 120 km aufweist. Das Geschoss ist in einem Treibspiegel eingeschlossen, der die strukturelle Unversehrtheit des Geschosses während der Abschussphase bewahrt. Bei der maximalen Flughöhe des Geschosses, die Berichten zufolge zwischen 40.000 und 45.000 Fuß liegt, entfalten sich die Flügel des LRMP, und die Gleitphase beginnt. Die Flügel des LRMP ermöglichen es dem Geschoss, sich zu stabilisieren und seine Reichweite ohne Hilfsantrieb zu erhöhen; außerdem sorgt die Geschossform, die der Form eines Reuleaux-Dreiecks entspricht, für mehr Kontrolle und Auftrieb während der Gleitphase.

Flügel und Geschossform sorgen für einen höheren Auftrieb und somit auch eine längere Reichweite. (Bild: General Atomics Electromagnetic Systems)

Das LRMP-Geschoss verfügt über eine erhöhte Manövrierfähigkeit, die es ihm ermöglicht, statische, bewegliche und verdeckte Ziele zu bekämpfen. Der Prototyp wird Berichten zufolge durch maschinelles Lernen (ML) und Kameras im Inneren des Geschosses gelenkt, wobei sich eine Kamera an der Nase befindet und die zweite nach unten gerichtet ist; die Kombination aus Sensoren und ML ermöglicht es dem Geschoss, sein Ziel unabhängig von der GNSS-Lenkung zu treffen.

Hinweis des Autors

General Atomics ist nicht das einzige Unternehmen, das sich um einen Produktionsauftrag von Präzisionsartilleriemunition mit großer Reichweite für die US-Streitkräfte bemüht, auch BAE Systems hat mit der Entwicklung der Scorpio-XR XM1155-SC begonnen, einem 155-mm-Artillerie-Geschoss mit einer Reichweite von über 110 km. Herkömmliche ungelenkte 155-mm-Granaten des Typs M795 haben eine Genauigkeit (CEP) von etwa 140 Metern, während die von Raytheon und BAE Systems hergestellte XM982/Excalibur eine Reichweite von 60 km und eine CEP von weniger als 20 Metern aufweist. Die XM982 ist zwar wesentlich genauer, kostet aber mit rund 68.000 Dollar mehr als 80 Mal so viel wie eine M795-Granate (2021er Preis: geschätzte 820 Dollar pro Granate). Bei Präzisionsmunition verspricht man sich oft von einer höheren Genauigkeit eine geringere Anzahl von Geschossen, die zur Bekämpfung eines Ziels erforderlich sind. Wie der Militärexperte Amos Fox jedoch anmerkt, führt die Präzisionsmunition paradoxerweise nicht immer zur gewünschten Wirkung und damit zu demselben Zerstörungsgrad wie ungelenkte Waffen.

Unabhängig davon verfügt das LRMP-Geschoss über eine mehr als doppelt so große Reichweite wie die XM982/Excalibur, die 120 km übersteigt, und wird mit „geringeren Kosten pro Treffer“ beworben, was bedeutet, dass sie eher als Wirkmittel gegen Ziele in der Tiefe oder sogar Schiffe gedacht ist, als für Ziele im unmittelbaren Frontbereich.

Autor: Austin Haywood. Der Beitrag erschien erstmalig am 6.12.2024 in englischer Sprache auf der hartpunkt-Partnerseite Calibre Defence