Nach Jahren der Vorarbeit und Planungen ist es jetzt soweit: Norwegen und Deutschland starten in Kürze die Entwicklung eines gemeinsamen Seezielflugkörpers mit großer Reichweite und Geschwindigkeit mit dem Namen Supersonic Strike Missile (3SM) „Tyrfing“. Dazu hat der Haushaltsauschuss des Bundestages die notwendigen Mittel freigegeben. Dem Vernehmen nach werden sich die beiden Länder die Entwicklungskosten teilen, auf Deutschland entfällt im Zeitraum von 2024 bis 2033 eine Summe von rund 650 Millionen Euro.
Der Vertrag soll noch im zweiten Quartal geschlossen werden. Die Summe für die Entwicklung wurde bereits vor einigen Jahren in Fachkreisen diskutiert, kommt also nicht überraschend. Deutschland erhält damit erstmals eigenen Zugang zu Know-how bei Seezielflugkörpern – in der Vergangenheit setzte die Marine in erster Linie derartige Waffen aus französischer und US-Produktion ein.
Wie es heißt, soll der Tyrfing, der offenbar auf Geschwindigkeiten von Mach 2 bis Mach 3 ausgelegt wird, eine Reichweite bis zu 800 oder gar 1000 Kilometer aufweisen. In der Vergangenheit war spekuliert worden, dass ein Staustrahltriebwerk zum Einsatz kommen könnte, wie es in der Luft-Luft-Lenkwaffe Meteor bereits verbaut und von MBDA Deutschland geliefert wird. Allerdings arbeitet auch der norwegische Hersteller Nammo an der Technologie und dürfte womöglich den Zuschlag erhalten, da offenbar der größere Wertschöpfungsanteil bei dem Projekt auf Norwegen entfällt. Hauptauftragnehmer wird Kongsberg sein, weitere Unteraufträge dürften auf Nammo, Diehl und MBDA Deutschland entfallen.
Die Vereinbarung der Entwicklung geht noch auf deutsch-norwegische Abmachung aus dem Jahr 2017 zurück. Damals legten sich die beiden Länder fest, baugleiche U-Boote zu beschaffen, die bei tkMS in Kiel gebaut werden. Im Gegenzug verpflichtete sich Deutschland, unter anderem die Naval Strike Missile von Kongsberg zu kaufen und sich überdies an der Weiterentwicklung zu beteiligen. Wobei mit Tyrfing jetzt ein gänzlich neuer Flugkörper mit deutlich verbesserten Fähigkeiten designt werden soll. Ein Projekt, bei dem Norwegen als Lead Nation fungiert.
Neben der hohen Geschwindigkeit, der verbesserten Kommunikation während des Flugs, sollen verschiedene Suchkopftechnologien – also neben Infrarot wie bei der Naval Strike Missile auch Radar – und ein skalierbarer Gefechtskopf eingesetzt werden, um Ziele auf dem Wasser und an Land zu bekämpfen. Wobei der Schritt dann kurz sein dürfte, den Tyrfing auch in einer Boden-Boden-Version zu bauen. Dem Vernehmen nach soll der Marschflugkörper ab 2035 für die neuen deutschen Fregattenklassen F126 und F127 zur Verfügung stehen. Offenbar wird auch daran gedacht, den Tyrfing für den Verschuss aus einem Senkrecht-Startsystem wie dem Mk 41 auszulegen, alternativ bestünde die Möglichkeit spezielle Launch-Behälter zu verwenden, wie es bei vielen Seezielflugkörpern üblich ist.
Finanzieren will das BMVg das Vorhaben in den ersten Jahren aus dem Sondervermögen Bundeswehr, danach aus dem regulären Verteidigungshaushalt.
Lars Hoffmann