Das Interesse vieler Länder an der Eurodrohne hält weiter an. Nachdem die japanische Regierung im November 2023 Beobachter im Programm „Medium Altitude Long Endurance Remotely Piloted Aircraft System (MALE RPAS)“ – auch als Eurodrohne bezeichnet – geworden ist, hat nun auch die indische Regierung von der europäischen Rüstungsagentur OCCAR, die das Projekt managt, den Beobachterstatus erhalten.
Im Namen des OCCAR-Aufsichtsrats (BoS) übergab OCCAR-EA-Direktor Joachim Sucker heute das Genehmigungsschreiben (Letter of Approval, LoA) in Berlin an den indischen Botschafter in Deutschland, Ajit Gupte. Wie es in einer Mitteilung der OCCAR weiter heißt, hatte Indien den Beobachterstatus am 27. August 2024 offiziell beantragt.
Sucker brachte die Wertschätzung und positive Unterstützung des Aufsichtsrats für das Interesse der indischen Regierung an der OCCAR zum Ausdruck, wie aus der Mitteilung weiter hervorgeht. Er betonte, dass der Aufsichtsrat die Bereitschaft Indiens zur Kenntnis genommen habe, Möglichkeiten zur Entwicklung von Themen von gemeinsamem Interesse zu erkunden und die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Indien und Europa anzuerkennen.
Der Direktor der OCCAR beglückwünschte die indische Regierung zur Aufnahme dieser besonderen Beziehung und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass dieser erste Schritt zu einer langen, fruchtbaren und für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit führen werde. Beobachter gehen davon aus, dass Indien – sollte es die Eurodrohne beschaffen – diese sowohl für die Überwachung seiner See- als auch seine Landgrenzen, etwa im Himalaya, einsetzen könnte.
Bei der Eurodrohne handelt es sich um ein unbemanntes System, das für die Durchführung von ISTAR-Missionen (Intelligence, Surveillance, Target Acquisition and Reconnaissance) mit langer Flugdauer konzipiert ist und von Airbus Defence & Space GmbH als Hauptauftragnehmer, Leonardo, Dassault Aviation und Airbus Defence & Space SAU für Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien sowie andere interessierte Länder entwickelt wird.
Airbus hatte in der Vergangenheit bereits angekündigt, das unbemannte Flugzeug auch für die Seefernaufklärung und die U-Boot-Jagd ertüchtigen zu wollen. Einsatzfelder, die auch für Indien und Japan interessant sein dürften. Darüber hinaus ist offenbar auch die Rolle als Airborne Early Warning and Control System (AWACS) in der Diskussion. Hier könnte womöglich Japan einen Bedarf haben.
Gegenwärtig wollen die vier Entwickler-Nationen in einem ersten Schritt 60 Maschinen sowie 40 Bodenkontrollstationen erwerben. Dem Vernehmen nach könnten nach der Erfüllung dieses Vertrages, die Beobachter-Staaten bedient werden. Dabei ist offenbar vorgesehen, dass diese auch eine eigene Nutzlast in das Flugzeug integrieren können. Eine Besonderheit an der Drohne ist, dass sie ohne Komponenten auskommt, die der US-Exportkontrolle gemäß den ITAR-Regularien unterliegen. Wie es heißt, soll diese ITAR-Freiheit auch bei der späteren Integration von Nutzlasten, wie etwa einer Sensorik, gewährleistet werden. Im laufenden Jahr wird das sogenannte Critical Design Review für die Eurodrohne erwartet.
Nach Angaben von Airbus soll die Eurodrohne hohe Stehzeiten im Einsatz und sehr hohe Reichweiten erzielen. Sie soll dabei flexibel auf strategischer, operativer und taktischer Ebene eingesetzt werden. Die Drohne wird den Planungen zufolge von Beginn an uneingeschränkt in den zivilen Luftraum integriert und soll dazu eine partielle zivile Zulassung basierend auf EASA-CS25 erhalten.
Airbus sieht die Drohne als wichtigen Baustein des Future Combat Air System (FCAS). Sie wird deshalb für Operationen im Verbund mit anderen Waffensystemen vorgesehen und soll die dafür erforderlichen offenen Schnittstellen und Kommunikationssysteme von Beginn an erhalten. Angestrebt wird eine hohe Flugdauer bei höchster Zuladung von Missionsausrüstung von 2,3 t.
Wie aus gut informierten Kreisen zu vernehmen ist, ist die Eurodrohne auch für den Betrieb in der Arktis vorgesehen. Deshalb wird das UAV so designt, dass es auch im hohen Norden, wo keine GPS-Abdeckung vorhanden und Satellitenverbindungen schwierig sind, geführt werden kann. Anderseits müssen die Flugzeuge so robust konzipiert werden, dass sie auch von Flugplätzen in der Arktis mit den dort herrschenden widrigen Witterungsbedingungen und niedrigen Temperaturen operieren können. Dazu ist unter anderem die Enteisung notwendig. Die Verwendung von zwei Triebwerken dürfte dabei ein Plus für die Drohne darstellen. Eine Operationsbasis für unbemannte Flugzeuge in der Arktis baut beispielswiese das NATO-Land Norwegen gegenwärtig in Andoya auf.
Insidern zufolge könne die Eurodrohne womöglich auch für die Bekämpfung von Drohnenschwärmen eingesetzt werden. Dazu werden offenbar Konzepte diskutiert, bei denen die Eurodrohne Abwehrdrohnen gegen solche Schwärme unter den Flügeln mitführt.
Nachdem nun Japan und Indien den Beobachterstatus erhalten haben, könnten noch weitere Länder dazukommen. Wie es heißt, soll auch ein lateinamerikanisches Land sowie mindestens ein weiterer asiatischer und europäischer Staat Interesse an der Technologie gezeigt haben.
lah