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Zusätzliche Panzergrenadiere für die NATO-Ostflanke geplant

Der nunmehr seit über 24 Stunden andauernde Krieg in der Ukraine fordert auch die deutschen Streitkräfte – trotz ihre mangelhaften  Einsatzbereitschaft. So erwartet das deutsche Heer eine baldige Weisung des Verteidigungsministeriums, um Kräfte für potenzielle „Maßnahmen zur Stärkung der Präsenz in Osteuropa und Rückversicherung der Bündnisverpflichtungen im NATO Rahmen“ bereitzuhalten, wie aus einem gestern Abend versendeten Befehl des Kommandos Heer an seine unterstellten Bereiche hervorgeht. Auftrag der Truppe sei es, die Verfügbarkeit eines verstärkt / verminderten Panzergrenadierbataillons für eine „schnellstmögliche Verlegung in einen osteuropäischen NATO Mitgliedsstaat“ sowie Teilnahme an multinationalen Übungen oder Ausbildungen sicherzustellen.  Für diese Aufgabe darf jedoch kein für die enhanced Forward Presence Battle Group in Litauen oder die NATO Response Force vorgesehenes Personal und Material eingeplant werden.

Aus dem Befehl geht hervor, dass das Kommando Heer die Absicht hat, die Verlegebereitschaft dieses Verbandes in Zusammenarbeit mit anderen Teilstreitkräften und Organisationsbereichen schnellstmöglich herzustellen.

Die 10. Panzerdivision, die bereits den Auftrag zur Aufstellung der Brigade für die VJTF 2023 hat, soll nun bis Donnerstag nächster Woche melden, ab wann ein mit dem Schützenpanzer Marder ausgerüstetes Panzergrenadierbataillon, bestehend aus zwei bis drei Grenadierkompanien, verstärkt mit Aufklärungs-, Logistik-, und Pionierkräften, für einen solchen Auftrag verlegebereit wäre. Es gelte dabei „Schnelligkeit zum Herstellen der Verlegebereitschaft vor allumfassender Kräftebereitstellung“, heißt es dazu in dem Befehl. Es ist zu vermuten, dass der Auftrag durch Kräfte des Panzergrenadierbataillons 371 und/oder 391 geleistet werden soll, da diese Verbände noch mit dem Schützenpanzer Marder ausgestattet sind und als Rückfallposition bereitgehalten wurden, falls der Schützenpanzer Puma nicht rechtzeitig für die VJTF eisatzreif sein sollte. Das Kommando Heer hat in dem Befehl angewiesen, dass die Rückfallposition nicht mehr vorzuhalten ist.

Die Kräfte sollen sich auf den Host Nation Support eines NATO-Mitgliedsstaates abzustützen und darauf einstellen, dass es nur „rudimentäre infrastrukturelle Voraussetzungen für die Unterbringung im Einsatz“ geben wird.

Der Befehl wurde am Abend des gleichen Tages herausgegeben, an dem Russland die Ukraine überfallen hat und sich der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, in einem viel beachteten Post auf LinkedIn Luft über den desolaten Zustand der Bundeswehr gemacht hatte. Dort schreibt er: „Ich hätte in meinem 41. Dienstjahr im Frieden nicht geglaubt, noch einen Krieg erleben zu müssen.
Und die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da.“

Die Optionen, die man der Politik zur Unterstützung des Bündnisses anbieten könne, seien extrem limitiert, so Mais weiter. „Wir haben es alle kommen sehen und waren nicht in der Lage mit unseren Argumenten durchzudringen, die Folgerungen aus der Krim-Annexion zu ziehen und umzusetzen. Das fühlt sich nicht gut an! Ich bin angefressen!“

Der Heeresgeneral sieht in seinem Post das NATO-Territorium zwar noch nicht bedroht, aber einen steigenden Druck auf die Partner im Osten. Abschließend fordert er: „Wann, wenn nicht jetzt ist der Zeitpunkt, Den Afghanistaneinsatz strukturell und materiell hinter uns zu lassen und uns neu aufzustellen, sonst werden wir unseren verfassungsmässigen Auftrag und unsere Bündnisverpflichtungen nicht mit Aussicht auf Erfolg umsetzen können.“

Dass ein Grenadierbataillon mit dem seit über 50 Jahren in der Nutzung stehenden Schützenpanzer Marder im größten Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg vermutlich bald einem hochgerüsteten Gegner gegenüberstehen wird, während bis heute keine Finanzierung für die vollständige Modernisierung des ersten und die Beschaffung eines zweiten Loses Puma gesichert ist, macht deutlich, worum es dem Heeres-Inspekteur geht. Offenbar führt der Schock des Krieges in der Ukraine jedoch mittlerweile bei einigen Politikern zu einem Umdenken und der Bereitschaft, mehr Geld für Verteidigung auszugeben. So hat Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP gestern in einer Talkshow angekündigt, die Mittel für die Bundeswehr deutlich aufzustocken. Es bleibt abzuwarten, ob den Worten auch Taten folgen.
wg/lah/25.2.2022

 

 

 

 

 

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