In dem heute herausgegebenen Ergebnispapier zu den erfolgreich abgeschlossenen Sondierungsgesprächen von Union und SPD wird eine weitere Einschränkung der deutschen Rüstungsexporte angekündigt. Die Rüstungssexportrichtlinien aus dem Jahr 2000 sollen demnach weiter verschärft werden. Ergänzend zu den Kleinwaffen-Grundsätzen vom Mai 2015 würden weitere Restriktionen angestrebt, heißt es in dem Papier. „Auf dieser Basis streben wir eine gemeinsame europäische Rüstungsexportpolitik an und wollen den gemeinsamen Standpunkt der EU fortentwickeln.“ Besonderes Konfliktpotenzial enthält jedoch der nächste Satz: „Die Bundesregierung wird ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese am Jemen-Krieg beteiligt sind.“
Wird diese Ankündigung umgesetzt, sind womöglich mehrere Staaten von einem deutschen Rüstungsembargo betroffen. Denn neben Saudi-Arabien sind in der militärischen Allianz, die aktiv im Jemen interveniert, auch Länder aus dem Mittleren Osten und Afrika beteiligt. Dazu zählen unter anderem Marokko, Jordanien, die VAE, Kuweit und Ägypten. In einer noch größeren von Saudi-Arabien geführten militärischen Allianz zum Kampf gegen den Terrorismus sind nach Angaben des saudischen Verteidigungsministeriums sogar über 30 Länder vertreten.
USA, Frankreich und Großbritannien auch betroffen
Beteiligt sind an dem Krieg auch die NATO-Verbündeten USA, Großbritannien und Frankreich. Laut Angaben der BBC leisten die drei Staaten „logistical and intelligence support“ für die von Saudi-Arabien geführte Allianz. Traditionell bestehen enge Rüstungsbeziehungen zwischen den beiden EU-Staaten, den USA und der arabischen Welt. Vermutlich wären militärische Aktionen der Allianz-Nationen im Jemen nur beschränkt möglich, da sie vielfach auf Unterstützung und den Nachschub aus den Lieferländern angewiesen sind. So setzt etwa die saudische Luftwaffe den aus Großbritannien beschafften Eurofighter/Typhoon ein, während die meisten anderen Jets und Flugkörper aus den Vereinigten Staaten stammen. Die USA haben in den vergangenen Jahren überdies zahlreiche Luftschläge gegen Terroristen von Al Kaida und dem IS im Jemen geflogen – den jüngsten nach Angaben des US Department of Defense erst vor zwei Tagen. Damit sind die USA direkt involviert und nicht nur mittelbar, wie Großbritannien und Frankreich.
Setzt die Bundesregierung die Ankündigung um, wären zahlreiche deutsche Exportgeschäfte betroffen. Darunter die Lieferung von Polizeibooten nach Saudi-Arabien, modernisierte Marder-Schützenpanzer für Jordanien oder U-Boote nach Ägypten. Sollten die Geschäfte aufgrund des Embargos platzen, würde dies womöglich nicht nur die betroffenen Firmen treffen, sondern auch den Steuerzahler – falls die Exporte mit so genannten Hermes-Deckungen des Bundes abgesichert sind. Dann müsste nämlich die staatliche Exportkreditversicherung einen Teil des Schadens übernehmen.
Im Kapitel „Außen, Entwicklung und Bundeswehr“ des Ergebnispapiers heißt es weiter: „Wir setzen uns für eine dauerhaft friedliche, stabile und gerechte Ordnung in der Welt ein. Gemeinsam mit unseren Partnern verfolgen wir einen umfassenden und vernetzten Ansatz. Dabei setzen wir auf Diplomatie, Dialog und Kooperation sowie Entwicklungszusammenarbeit. Im Rahmen dieses vernetzten Ansatzes bleibt die Bundeswehr ein unverzichtbarer Bestandteil deutscher Sicherheitspolitik.“
2 Mrd EUR für Bundeswehr und Entwicklungshilfe
Damit die Bundeswehr die ihr erteilten Aufträge in allen Dimensionen sachgerecht erfüllen könne, „werden wir den Soldatinnen und Soldaten die bestmögliche Ausrüstung, Ausbildung und Betreuung zur Verfügung stellen“. Darüber hinaus sollen auch die Ausgaben in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe und zivile Krisenprävention deutlich erhöht werden. „Die Erreichung der ODA-Quote von 0,7 Prozent ist unser Ziel“, so die Autoren des Papiers. Bei ODA oder Official Development Assistance handelt es sich um die staatliche Entwicklungshilfe gemäß OECD-Kriterien
Allerdings ist in den Jahren 2018 bis 2021 für die Bereiche Verteidigung und ODA-Quote lediglich eine Erhöhung von insgesamt 2 Mrd EUR gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen. Vor dem Hintergrund, dass 2016 nur deshalb eine ODA-Quote von 0,7 Prozent am Bruttonationaleinkommen (Bruttosozialprodukt) erreicht wurde, weil die Kosten der nach Deutschland eingereisten Flüchtlinge im ersten Jahr voll angerechnet werden dürfen – die bereinigte ODA-Quote jedoch ohne diesen Einmaleffekt bei 0,52 lag, werden mit einem Plus von 2 Mrd EUR weder die ODA-Ziele noch signifikante Ausrüstungsverbesserungen bei der Bundeswehr erreicht.
Gemäß dem 51. Finanzplan würde der Anteil der Verteidigungsausgaben am nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,24 Prozent auf 1,29 Prozent steigen, wenn die zusätzlichen 2 Mrd EUR im Jahr 2021 allein für die Bundeswehr ausgegeben werden. Zumindest wird die Forderung der SPD erfüllt, keine 2 Prozent am BIP – wie mit der NATO vereinbart – für die Verteidigung auszugeben. Übrigens dürfen laut OECD die Kosten für die Stabilisierungseinsätze der Bundeswehr in Mali und Afghanistan nicht auf die ODA-Quote angerechnet werden.
In dem Ergebnispapier wird überdies angekündigt, dass das Ausbildungsmandat im Nordirak beendet wird, weil der IS dort weitgehend militärisch zurückgedrängt worden sei. Die Obergrenze des Anti-IS-Mandats zur Unterstützung und Entlastung der Verbündeten, insbesondere Frankreichs, könne deutlich abgesenkt werden. Weiter heißt es: „In einem weiteren Schritt wollen wir dieses Mandat zur umfassenden Stabilisierung und zur nachhaltigen Bekämpfung des IS-Terrors insbesondere durch capacity building weiterentwickeln.“
Die deutsche Beteiligung am RSM-Mandat in Afghanistan soll bei unverändertem Auftrag fortsetzt werden. „Im Rahmen des multilateral vereinbarten Schutzkonzepts für Nordafghanistan werden wir die Zahl der eingesetzten Soldatinnen und Soldaten zum Schutz der Ausbilder erhöhen.“
Die UN-mandatierte Mission MINUSMA in Mali werde ebenfalls fortgesetzt. „Zur Übernahme der Feldlagerverantwortung von den Niederländern werden wir die Obergrenze im geringen Umfang heraufsetzen.“ Schließlich schreiben Union und SPD in dem Papier, dass sie „völkerrechtswidrige Tötungen durch autonome Waffensysteme“ ablehnen und weltweit ächten wollen. Im Rahmen der europäischen Verteidigungsunion solle die Entwicklung der Euro-Drohne jedoch weitergeführt werden.
lah/12/12.1.2018