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Verbesserungen bei der indirekten Feuerunterstützung geplant

In dem vor wenigen Monaten veröffentlichten Thesenpapier des Kommandos Heer mit dem Titel „Wie kämpfen Landstreitkräfte künftig?“ wird der indirekten Feuerunterstützung in der Zukunft eine herausgehobene Rolle zugeschrieben. Auch die Planer des Heeres beschäftigen sich intensiv mit diesem Thema. Um eine abstandsfähige Wirkungsüberlegenheit für Konflikte der Zukunft zu sichern, bedürfe es der Entwicklung „eines Gesamtsystems der bodengebundenen indirekten Feuerunterstützung“, erläuterte Generalmajor Reinhard Wolski, Chef des Amtes für Heeresentwicklung, vergangene Woche auf einem vom Förderkreis Heer (FKH) ausgerichteten Symposium in Bückeburg.

Realisiert wird die Wirkungsüberlegenheit nach Aussage von Wolski durch das so genannte Common Indirect Fire System (CIFS). Dieses werde über vielseitige Einsatzmöglichkeiten verfügen und „in allen Szenaren und Einsatzprofilen“ eingesetzt werden können. Dazu seien Rohrwaffen sowie Flugkörper mit der Befähigung zur abstandfähigen und präzisen Wirkung im Entfernungsband bis 75 km, möglicherweise sogar bis 300 km notwendig. Kollateralschäden sollen durch skalierbare Munition und der Möglichkeit des Missionsabbruchs vermieden werden.

Die Interoperabilität im nationalen und multinationalen Rahmen werde durch die Einbindung in den Systemverbund Streitkräftegemeinsame Taktische Feuerunterstützung (STF) sichergestellt,  sagte der General. Hierbei verfügt  das deutsche Heer international über eine Spitzenposition, wie er weiter ausführte.

Ab 2027 werde auch Präzisionsmunition Vulcano bis zu einer Reichweite von  70 km eingesetzt werden, kündigte Wolski an. „Die Raketenartillerie nutzt unverändert die eingeführte GMLRS-Rakete Unitary.“ Diese soll seinen Worten zufolge bis etwa 2025 auf eine Reichweite bis zu 150 km modifiziert werden. Zusätzlich sei eine Initiative im Planungszyklus bis 2020 eingebracht, um die Reichweite möglicherweise auf 300 km zu erhöhen. Die Kampfhubschrauber Tiger und Strahlenflugzeuge der Luftwaffe würden im Rahmen einer STF Coordination Group eingesetzt.

Motako und Motiv als Schlüsselprojekte

„Die Führungsfähigkeit im Sinne der vernetzten Operationsführung steht im besonderen Fokus der Bundeswehr“, sagte der General. Hier liegt seiner Aussage zufolge ein Schwerpunkt der Arbeiten in seinem Amt. Viele der gegenwärtig in Nutzung befindlichen Kommunikationsmittel – etwa beim Truppenfunk – seien überaltert und erreichten in absehbarer Zeit ihr Lebensende. Die konsequente Modernisierung und Digitalisierung des Informationsverbundes sei somit zwingend notwendig.

Die Umrüstung des ersten Kräftedispositives des Heeres soll voraussichtlich Mitte der 20er Jahre beginnen. Dabei werden den Planungen zufolge bis  2035 rund 90.000 Funk- und Datenverarbeitungsgeräte auf 350 verschiedenen Fahrzeugvarianten eingerüstet.  „Die Luftfahrzeuge des Heeres sind in Motako und Motiv nicht enthalten“, räumte Wolski ein. Sie würden allerdings durch eine gesonderte Initiative über einen taktischen Daten-Link in das Programm eingebettet.

Puma bei VJTF 2023 eingeplant

Für die volle Einsatzreife des Schützenpanzers Puma seien weitere Komponenten zu realisieren. Etwa die Einrüstung von Farbsichtmitteln in Turm und Wanne, ein turmunabhängige Sekundärbewaffnung und moderne Funkgeräte. „Auf der Zielgeraden“ befinde sich die Integration der Waffenanlage Mells. „Es ist Absicht, den Schützenpanzer Puma bei der VJTF 2023 einzusetzen.“

Eine wichtige Entscheidung sei die Stückzahlerhöhung beim Kampfpanzer Leopard 2 auf 320 Einheiten, davon 103 in der Version 2A7V.  Mit dieser Anzahl von Panzern sei die Ausstattung von sechs Bataillonen und den zentralen Ausbildungseinrichtungen des Heeres möglich, sagte der General. „Aus Sicht der Truppengattung sind notwendige Reserven mit dieser Stückzahl aber noch nicht betrachtet worden.“ Es gehe hier unter anderem um Umlaufreserven, wie sie beispielsweise die Luftwaffe bereits in ihre Planungszahlen einbringe.

Tiger und NH90 werden modernisiert

Laut Wolski wird gegenwärtig sowohl für den Kampfhubschrauber Tiger als auch den Transporthubschrauber NH90 eine Verbesserung ihrer Fähigkeiten untersucht. Für die Weiterentwicklung des Tigers werde ein sukzessives Vorgehen erarbeitet. In einem ersten Schritt solle über ein Asgard plus über die Bewaffnung, das Electronic Warfare System und die Führungsfähigkeit verbessert werden. „Ein Zulauf der Version Asgard plus kann hierbei bereits zwischen 2023 und 2026 erfolgen.“ In einem zweiten Schritt werde nach derzeitiger Planung die finale Version des Tigers Mark3 entwickelt. Hierbei sind laut Wolski weitere Anpassungen in den genannten Bereichen sowie beim so genannten Manned-Unmanned-Teaming geplant. „Mit dem Zulauf der ersten Tiger Mark3 ist ab 2029 zu rechnen.“

Der NH90 werde in der laufenden Dekade schrittweise weiterentwickelt. Bis 2022 solle es Verbesserungen geben beim Forward Looking Infrared, der primären Flugführung im Dual-Sensor-Betrieb, Electronic Warfare, Kommunikation, taktischen Datenlinks und wireless Intercom.

Vor dem Hintergrund der Einmeldung von so genannten Attack-Aviation-Bataillonen in die NATO stellt sich nach Aussage des Bundeswehr-Generals die Frage, ob es sinnvoll sei, zwei komplexe Helikopter in einen Verband einzubringen, „möglicherweise mit einem weniger komplexen zusammen“.  Gemäß dem anfangs zitierten Thesenpapier  sollen die Kampfhubschrauberstaffeln um passende AUS-Komponenten ergänzt werden, um bessere Aufklärungs- und Wirkungsmöglichkeiten zu erhalten.

Innovations-Landkarte erstellt

Ausgehend von der Struktur des Heeres 2011 und den so genannten Trendwenden, untersuche man zurzeit wie die Einsatzstruktur des Heeres evolutionär mit den Meilensteinen 2023, 2027, 2031 und darauf folgende Jahre aussehen könne, erläuterte Wolski. Dabei fokussiere man sich „mit hoher Auflösung“ auf die Entwicklung bis 2027.

Das zu erreichende Soll für das Heer im Jahr 2031 umfasst die Funktion als Rahmennation für einen multinationalen Korpsstab, eine signifikante Beteiligung an zwei weiteren multinationalen Korpsstäben sowie die Verfügbarkeit von drei Divisionen,  die  zur Führung multinationaler mechanisierter Kräfte befähigt sind. Das Heer soll über acht Brigaden in der Grundaufstellung für den gleichzeitigen Einsatz in Einsatzstrukturen zur Landesverteidigung und Bündnisverteidigung verfügen, wie Wolski erläuterte. „Nach 2032 wird die Befähigung zur Einnahme von Einsatzstrukturen mit bis zu 10 Brigaden angestrebt.“ Für die multinationalen Beiträge seien zusätzliche „Plug-In-Optionen“ für Brigaden und Divisionen vorgesehen.

Da bereits heute klar sei, „dass die vom Heer in Zukunft geforderten Fähigkeiten ohne Innovation nicht zu erbringen sein werden“, habe man eine  „Innovations-Landkarte“ entwickelt. Diese gebe dem Inspekteur des Heeres die Möglichkeit, seine priorisierten F&T-Vorhaben in die Innovationslandschaft der Bundeswehr einzubringen. Dabei wird laut Wolski angestrebt, mehr direkte Kontakte über das BAAINBw in Forschung und Entwicklung aufzubauen.
lah/21.11.2017

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