Die Dominanz im elektromagnetischen Spektrum gilt als eine Schlüsselfähigkeit für die Luftwaffe, um die gegnerische Luftverteidigung erfolgreich zu bekämpfen und anschließend auch Bodentruppen unterstützen zu können. Da die Fähigkeit zum sogenannten Electronic Warfare in Europa überwiegend von den USA bereitgestellt wird, kommt dem seit mehreren Jahren vom Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw und acht deutschen Unternehmen vorangetriebenen Projekt mit der Bezeichnung „Luftgestützte Wirkung im Elektromagnetischen Spektrum“ – kurz LuWES – eine besondere Bedeutung zu.
Bis Ende des laufenden Jahres sollten unter anderem weitere Arbeitspakete zur Entwicklung eines so genannten Stand-Off Jammers umgesetzt werden, mit dem aus einer Entfernung von mehreren Hundert Kilometern und damit außerhalb der gegnerischen Waffenreichweite feindliche Radar- und Luftverteidigungsstellungen gestört werden.
Dabei kommen grundsätzlich mehrere Plattformen als Träger der Jamming-Fähigkeit in FRagen. Betrachtet wurden dem Vernehmen nach Flugzeuge der Typen Airbus A320, A400M sowie ein Business Jet, wie er beispielsweise von der kanadischen Firma Bombardier hergestellt wird. Beobachter waren davon ausgegangen, dass eigentlich nur der A400M für den Betrieb eines leistungsstarken Jammers mit großem Strombedarf in Frage kommt, weil zwei der vier Triebwerke der Maschine für die Elektrizitätsproduktion zur Verfügung stehen. Dies soll auch eine Studie untermauert haben.
Das scheint die Luftwaffe als Betreiber der zukünftigen Standoff-Jammer jedoch anders zu sehen. Wie aus gut informierten Kreisen zu vernehmen ist, hat sich die Luftwaffe jüngst bei einem Treffen mit anderen Projektverantwortlichen gegen die Nutzung des A400M ausgesprochen. Wie es heißt, stellt sie Anforderungen hinsichtlich Agilität, Höchstgeschwindigkeit und Dienstgipfelhöhe, die von der A400M nicht erfüllt werden. Stattdessen werde von Vertretern der deutschen Luftstreitkräfte die Integration des Jammers auf einen Business-Jet bevorzugt, die der eigenen Forderungen besser erfüllen soll, vermutlich aber in der Leistung stark reduziert sein wird.
Unklar scheint im Augenblick zu sein, ob damit das letzte Wort gesprochen ist. Schließlich gilt es auch, an die NATO kommunizierte Zeitpläne zu berücksichtigen. Geplant war dem Vernehmen nach eine Initial Operational Capability von LuWES bis 2029. Ob diese mit einem Business-Jet aus ausländischer Produktion als Trägerflugzeug erreicht werden kann, wird jetzt vermutlich geprüft.
Sollte der A400M als Standoff-Jammer ausscheiden, dürfte dies ein herber Schlag für Airbus Defence and Space sein. Denn mit der Beschaffung von 16 Jammer-Flugzeugen könnte der Hersteller des Flugzeugs die Produktionslinie um zwei Jahre verlängern. Vor dem Hintergrund, dass beim Ausbleiben weiterer Aufträge, ein Ende der Produktion deutlich vor Ende dieser Dekade ansteht, könnte es sich quasi um eine Grundsatzentscheidung handeln. Überdies wäre mit der Einführung der A400M-Jammer womöglich die Beschaffung einer bedeutenden Anzahl von Tankflugzeugen auf Basis des gleichen Musters denkbar. So könnten die Stand-Off-Jammer lange Zeit in der Luft gehalten werden, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Diese Überlegung dürfte mit der Nutzung eines Business-Jets allerdings auch überholt sein.
Lars Hoffmann