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Thales B.V. erhält Entwicklungsauftrag für M-Fregatten

Die niederländische Tochter des französischen Rüstungskonzerns Thales soll in den kommenden Jahren das so genannte Above Water Warfare System (AWWS) für die neuen M-Fregatten der niederländischen und belgischen Marine  zusammen mit der Netherlands  Defence  Materiel  Organisation (DMO)  entwickeln. Ein entsprechender Vertrag wurde gestern vom Chef der niederländischen Beschaffungsbehörde DMO, Vize-Admiral Arie-Jan de Waard, und dem CEO von Thales Nederland  B.V., Gerben Edelijn, in Hengelo unterzeichnet.

Nach Aussage von de Waard handelt es sich bei dem AWWS um ein „System of Systems“, das bei den laut Plan im Jahre 2025 zulaufenden M-Fregatten erstmals eingesetzt werden soll. AWWS umfasst sowohl die Sensor-Ausstattung mit Überwachungs- und Feuerleitradaren sowie das Combat Management System.

Jeweils zwei dieser Fregatten – das M steht für Multipurpose – werden von den niederländischen und den belgischen Streitkräften beschafft. Hinsichtlich Design und Entwicklung haben die Niederländer bei diesem Projekt die Führung, während Belgien beim bilateralen Vorhaben zur Beschaffung von Minenabwehr-Einheiten diese Rolle einnimmt. Die ersten beiden niederländischen Großkampfschiffe sollen 2025 bis etwa 2027 zulaufen; die beiden belgischen 2028 und 2029.

Niederlande profitieren von Dreifach-Helix

Der Vize-Admiral wies vor Journalisten darauf hin, dass die Radarentwicklung in den Niederlanden von der so genannten Dreifach-Helix profitiert. Dabei sind neben den Streitkräften die Industrie – was im Wesentlichen Thales Nederland sein dürfte – sowie Forschungseinrichtungen in enger Kooperation miteinander verbunden. Die vertrauensvolle Abstimmung zwischen Industrie und Militär ist ein Merkmal des  niederländischen Ansatzes, wobei Unternehmen vom schnellen Feedback aus der Truppe profitieren.

Im Gegensatz zu Deutschland verfügen die Streitkräfte des Nachbarlandes auch über die Kapazität, Battle-Management-Software selbst zu entwickeln und zu pflegen. Für die Marine ist dabei die Einheit JIVC-Sats zuständig, die auch die von der Koninklijke Marine genutzte Führungssoftware Sea Guardian konzipiert hat. Auch beim neuen AWWS, das gemeinsam von DMO und Thales entwickelt werden soll,  werden die intellektuellen Eigentumsrechte des Combat Management Systems bei den Streitkräften liegen, wie Vizeadmiral de Waard betonte.

Bei der Missionsausrüstung der  zukünftigen M-Fregatten wird wie bei ihren Vorgängern ein Schwerpunkt auf der U-Boot-Abwehr liegen. Welche Hardware dafür beschafft wird, steht im Augenblick offenbar noch nicht fest.

Nach Einschätzung von Thales erfolgt die Entwicklung von AWWS vor dem Hintergrund einer veränderten Bedrohungslage. So hätten sich die Überwasser-Bedrohungen exponentiell hinsichtlich Komplexität, Koordination und Geschwindigkeit zugenommen. Flugkörper fliegen mittlerweile mit der dreifachen Schallgeschwindigkeit, wobei bereits im Jahr 2020 Geschwindigkeiten bis zum  fünffachen der Schallgeschwindigkeit möglich seien. Das neu zu entwickelnde System solle zukünftigen Bedrohungen begegnen, unabhängig von den Umweltbedingungen und der Bedrohungskomplexität, so die gewagte Ankündigung von Thales.

Zehnjährige Vorentwicklung

Laut Thales soll AWWS  aus einer neuen Generation von weiterentwickelten Sensoren des Unternehmens bestehen, die mit intelligenter Software gekoppelt werden. Den Angaben zufolge soll die Sensor-Suite auch aus einem digitalen Dual-Band X/S-Radar sowie einer integrierten Kombination aus dem Active Phased Array Radar (APAR) und einem Sea-Master-400-Radar bestehen.

Der Unterzeichnung des AWWS-Entwicklungsvertrages ging laut de Waard eine zehnjährige vom Verteidigungsministerium  initiierte Forschungsphase voraus, bei dem die  DMO,  die niederländische Forschungsinstitution TNO  und  Thales  die Technologie untersucht haben. Daraus resultierte ein Technologie-Demonstrator, der in einer Testanlage an Land installiert werden soll. Die Dreifach-Helix sei ein wichtiger Bestandteil der nationalen Industrie-Strategie, sagte de Waard. Diese Strategie sieht unter anderem eine Förderung des nationalen Marineschiffbaus und der Sensor-Technologie vor.

Beim Projekt AWWS schauen die niederländische Marine und Thales auch auf potenzielle Exportkunden.  Gerben Edelijn, CEO von Thales Nederland, geht davon aus, dass etwa 80 Prozent der Entwicklung für die niederländische Marine auch bei Produkten für ausländische Kunden wiederverwendet werden kann.

Schon heute bedient Thales aus Hengelo die Märkte in Südamerika, Asien, Europa und Nordafrika. Allein bei der ägyptischen Marine wurden drei Schiffsklassen mit Radaren und Führungssystemen wie dem Tacticos ausgestattet. Gut informierten Kreisen zufolge könnten womöglich auch die von der deutschen Werft ThyssenKrupp Marine Systems für Ägypten zu bauenden vier Fregatten mit Thales-Radaren aus Hengelo ausgerüstet werden.

Auch auf Schiffen der deutschen Marine sind zahlreiche Thales-Systeme im Einsatz. Die vor kurzem gestartete Ausschreibung zur Erneuerung des Weitbereichsradars für die Fregatten der Sachsen-Klasse dürfte auf großes Interesse in Hengelo stoßen. Die Niederländer haben dabei den Vorteil, dass sie für die eigene Flotte den Vertrag zum Ersatz der Smart-L-Radare auf den Schiffen der Zeven-Provincien-Klasse bereits in der Tasche haben. Diese Luftverteidigungsfregatten nutzen wie die F124 das APAR-Feuerleitradar mit dem der Weitbereichssensor kompatibel sein muss.
lah/1.3.2019

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