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Schweiz will AGM Artillery Gun Module auf Piranha IV als zukünftiges Artilleriesystem beschaffen

Waldemar Geiger

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Das Schweizer Bundesamt für Rüstung armasuisse hat eigenen Angaben zufolge die Evaluation für ein neues Artilleriesystem abgeschlossen und eine Typenwahl zugunsten des Angebotes von KNDS Deutschland – AGM Artillery Gun Module auf der 10×10-Plattform Piranha IV von General Dynamics European Land Systems – getroffen. Einer heutigen Mitteilung der armasuisse zufolge ist geplant, mit der Armeebotschaft 2025 die Beschaffung des Systems beim Parlament zu beantragen.

Die neuen Systeme sollen die aktuell im Einsatz stehenden Panzerhaubitzen M109, welche laut armasuisse aus den 1960er Jahren stammen, ersetzen.

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Dazu wurden im Vorfeld drei in Frage kommenden Systeme einer Erprobung unterzogen. Wie armasuisse in einer früheren Mitteilung schreibt, fanden die Tests in Zusammenarbeit mit der Industrie und der Schweizer Armee zwischen Januar 2023 und Juni 2024 im In- und Ausland statt. Den Erprobungen unterzogen wurden folgende drei Systeme: Archer mobile howitzer von der Firma BAE Systems Bofors aus Schweden (auf einer HX-Lkw-Plattform von Rheinmetall), von der Firma KNDS Deutschland die Systeme RCH 155 mit Boxer-Trägerplattform und AGM Artillery Gun Module mit Piranha-Trägerplattform.

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Der armasuisse zufolge überzeugt das System AGM Artillery Gun Module auf Piranha IV mit dem vorteilhaftestem Angebot. „Nach der detaillierten Auswertung aus den Erprobungen, Abklärungen und Angeboten fiel die Typenwahl auf das System AGM Artillery Gun Module auf Piranha IV der Firma KNDS Deutschland. Unter Berücksichtigung der eingegangenen Offerten sowie der Bewertung zahlreicher Aspekte in den Bereichen Taktik, Technik, Logistik, Kommerz, Qualität und Nachhaltigkeit entspricht das gewählte System dem vorteilhaftesten Angebot“, schreibt die armasuisse. Es wird weiterhin angekündigt, dass das Projektteam im Anschluss an die Typenauswahl unter anderem die Arbeiten zur Integration der Kommunikations- und Führungssysteme durchführen wird. Gleichzeitig werden die Beiträge für die Armeebotschaft 2025 vorbereitet.

AGM Artillery Gun Module auf Piranha IV

Die Systemlösung basiert auf einer Kombination der erst jüngst vorgestellten 10×10-Plattform von General Dynamics European Land Systems (GDELS) vom Typ Piranha „Heavy Mission Carrier“ (HMC) und dem vollautomatisierten, unbemannten 155-mm-Geschützmodul „Artillery Gun Module“ (AGM) von KNDS Deutschland.

Die Piranha-IV-Plattform ist eine Eigenentwicklung der Schweizer Mowag GmbH, welche 2004 vom US-Rüstungskonzern General Dynamics übernommen und in die GDELS eingegliedert wurde. Der Prototyp wurde 2001 erstmals öffentlich vorgestellt, die Serienfertigung begann rund 20 Jahre später. Seit 2024 befindet sich das Fahrzeug in der Nutzung der Schweizer Armee, welche GDELS mit der Herstellung und Lieferung von 132 Piranha IV, 48 in der Variante Mörserträger sowie 84 in der Variante Pionierpanzer, beauftragt hat.

Die neuentwickelte Mission-Carrier-Variante der Piranha-IV-Plattform hat ein zulässiges Gesamtgewicht von 40 t, 17 t davon stehen als Nutzlast zur Verfügung. Alle zehn Räder verfügen über einen Antrieb, die Achsen eins, zwei, vier und fünf sind gelenkt. „Die Auslegung stellt minimale Achslasten in Einklang mit dem europäischen Straßenverkehrsrecht, überragende Geländegängigkeit und Grabenüberschreitfähigkeit, sowie einen auf weniger als 18 Meter reduzierten Wendekreis sicher“, so GDELS. Zudem wirkt sich die zusätzliche Achse positiv auf die Grabenüberschreitfähigkeit des Fahrzeuges aus. Auch die insgesamt geringere Achslast kombiniert mit den 10 angetriebenen Rädern dürften Vorteile bei Fahrten im schweren Gelände bieten.

Das Artillery Gun Module ist ein in Serienproduktion befindlicher, vollautomatischer Geschützturm mit einer aus der Panzerhaubitze 2000 bekannten 155 mm/L52-Waffenanlage von Rheinmetall. Deutschland hat im Rahmen der militärischen Unterstützungsleistung der Ukraine KNDS mit der Herstellung und Lieferung von 36 RCH 155 Radhaubitzen (AGM auf Boxer) beauftragt. Zudem plant auch die Bundeswehr, über 160 dieser Radhaubitzen zu beschaffen, die Einleitung der Beschaffung wird gut informierten Kreisen zufolge noch in diesem Jahr erwartet.

Das Geschützmodul wurde von KNDS plattformunabhängig konzipiert. Vorausgesetzt, dass die geforderten Ansprüche des Geschützes in puncto Traglast und Stabilität erfüllt werden, kann das AGM theoretisch auf jede denkbare Plattform integriert werden. Gemäß den Aussagen des Herstellers treten wie gesagt beim AGM Rückstoßkräfte von bis zu 60 Tonnen (höchste Ladung) auf. Diese müssen durch die Plattform aufgenommen werden (auch während der Bewegung), ohne dass das Fahrgestell über Gebühr beansprucht wird oder die Präzision darunter leidet.

Vorgängerversionen des Systems wurden bereits vor über zehn Jahren, sowohl auf Basis eines aus dem Raketenartilleriesystem MARS bekannten Kettenfahrgestells, als auch auf einem 8×8-LKW-Fahrgestell von Iveco gezeigt. Das Grundkonzept des modernen Artilleriesystems hat KNDS bereits vor mehreren Jahren entwickelt. Bei der 2021 vorgestellten Haubitze auf Basis des Boxers handelt es sich aber um eine neue Version des Systems. Der maßgebliche optische Unterschied der neuen Version ist ein deutlich niedrigerer Waffenturm. Die niedrigere Silhouette ermöglicht einen einfacheren Bahntransport. Darüber hinaus ist auch eine Lufttransportfähigkeit im A400M – zumindest bei der Boxervariante – gegeben, dazu muss das Geschütz- / Missionsmodul, wie bei den anderen Boxerversionen auch, separat von Fahrzeugmodul transportiert werden.

In der Radhaubitzenvariante sowohl auf Basis des Boxers, als auch scheinbar auf Basis des Piranha 10×10, ist das AGM so ausgelegt, dass sie im kompletten Wirk- und Richtbereich mit der höchsten Ladung uneingeschränkt schießen kann. Die Fähigkeit zum Feuern aus der Bewegung ist einzigartig auf der Welt und wurde seitens der KNDS-Ingenieure aus der Funktionsweise von Stabilisierungsanlagen, wie sie in Kampf- und Schützenpanzern verwendet werden, abgeleitet. Dabei kalkuliert ein Rechner ständig die aktuelle Lage des Fahrzeuges und des Rohres. Weicht die Rohrrichtung vom errechneten Zielpunkt ab, wird nachgesteuert. Nur wenn die Waffe exakt auf das Ziel gerichtet ist, löst der Rechner den Schuss aus.

Die Besatzung ist dafür verantwortlich, dem System nur dann einen Feuerauftrag zu erteilen, wenn in unmittelbarer Nähe keine Hindernisse sind, die die Flugbahn der Granate behindern könnten. Dabei wird die Besatzung z.B. in der Variante der RCH 155 für die Ukraine durch das von Hensoldt entwickelte 360-Grand-Rundumsichtsystem Setas unterstützt. Setas ermöglicht der Besatzung eine effektive Nahfeldbeobachtung. Hindernisse, Bedrohungen und andere Gefahren können schnell erkannt und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Dies entlastet nicht nur die Besatzung, sondern trägt auch zu deren Überlebensfähigkeit in Duellsituationen bei.

Die Feuergeschwindigkeit des AGM beträgt mehr als acht Schuss pro Minute. In das AGM wurde ein vollautomatisches Ladesystem für Geschosse und modulare Treibladungen integriert. Die Zünder werden im Ladevorgang induktiv programmiert, die Waffenanlage elektrisch gerichtet. Die Kampfbeladung besteht aus maximal 30 bezünderten Geschossen und 144 modularen Treibladungen und damit rund 50 Prozent mehr, als es typische, auf LKW basierte und im Einsatz befindliche Artilleriesysteme haben. Der Feuerkampf wird durch einen Feuerleitrechner mit integriertem Ballistikrechner und Datenfunk-Anbindung zu einem Artillerieführungssystem unterstützt, der auf eine hochgenaue Navigationsanlage, mit oder ohne GPS-Unterstützung, zurückgreift. Der Turm kann ohne Fahrzeugabstützung um 360 Grad gedreht werden. Die Elevation des Rohres von -2,5 bis 65 Grad erlaubt den Feuerkampf sowohl auf große Entfernung als auch im direkten Richten auf nahe Ziele.

Waldemar Geiger