Anzeige

Parlamentarier mit Fortschritt bei MGCS unzufrieden

Anzeige

Bundestagsabgeordnete der Koalition und der Opposition bewerten die Fortschritte beim deutsch-französischen Rüstungsprojekt eines Main Ground Combat Systems (MGCS) als Ersatz für die Kampfpanzer Leclerc und Leopard 2 als unzureichend.  Wie es in einem gestern von den Haushältern der Union und SPD eingebrachten Maßgabebeschluss heißt,  weist der Sachstand zum MGCS noch nicht den Fortschritt auf, der anvisiert wurde. Das Vorhaben hinke  dem Future Combat Air System der Luftwaffe noch immer deutlich hinterher. Die Parlamentarier bemängeln vor allem, dass  bisher keine belastbaren Ergebnisse im Bereich der Konsolidierung der deutschen Landsystemindustrie erzielt wurden.

Beim MGCS-Vorhaben sind auf deutscher Seite die Unternehmen KMW und Rheinmetall eingebunden. Auf französischer Seite Nexter. Ein Problem besteht offenbar in den unterschiedlichen Unternehmensstrukturen der drei Player: Während sich Nexter im Staatsbesitz befindet, handelt es sich bei Rheinmetall um ein börsennotiertes Unternehmen. KMW wiederum ist noch in Familienbesitz.

Anzeige

Aufgrund der kritisierten Verzögerungen fordert der Haushaltsausschuss die Bundesregierung auf, die Konsolidierung der deutschen Landsystemindustrie entschiedener voranzutreiben. Gleichzeitig soll die Regierung  bis zum 30. November darlegen, wie das MGCS-Vorhaben die Konsolidierung der deutschen Landsystemindustrie wettbewerbsfähig gestaltet. Die Parlamentarier erwarten bis zu dem Stichtag Vorschläge, wie die zeitliche Parallelität der beiden Vorhaben MGCS und FCAS wieder hergestellt werden kann. Des Weiteren soll die Bundesregierung bis zum 30. November keine neuen Verträge im Zusammenhang mit dem MGCS  schließen, die über die gegenwärtige laufende Systemarchitektur-Definitionsstudie hinausgehen.

Anzeige

Bemerkenswert ist in dem Zusammenhang, dass auch die Grünen als Oppositionspartei dem Maßgabebeschluss zugestimmt haben. Nach Aussage von Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner muss zunächst geklärt werden, wie die konkurrierenden Firmen Rheinmetall und KMW in das Projekt eingebunden werden. Außerdem hat Lindner die Sorge, dass sich MGCS ohne klare Struktur zu einem „Super Puma“ in der Kampfpanzerklasse entwickeln könnte. Der Schützenpanzer Puma leidet seit Jahren unter technischen Mängeln und einer geringen Verfügbarkeit.

Unterdessen wird in Fachkreisen zunehmend daran gezweifelt, ob die bilaterale Kooperation bei MGCS langfristig von Erfolg gekrönt sein wird. Während das vom Bundestag festgelegte Junktim zwischen MGCS und FCAS aufgrund der Verzögerungen beim Landprogramm den Fortschritt beim Flugzeugvorhaben bremst, gilt die industrielle Lastenteilung zwischen beiden Staaten als große Herausforderung.

Gleichzeitig agieren die beiden deutschen Landsystemhäuser Rheinmetall und KMW in einer anderen Liga als Nexter. Während beispielsweise KMW an einer vollautomatisierten Haubitze auf Boxer-Fahrgestell arbeitet, hat Nexter mit Caesar lediglich eine ungeschützte Haubitze auf Lkw-Fahrgestell entwickelt. Selbst Nexter wohlgesonnene Insider sehen Caesar deshalb als „Low-End-Lösung“.

Eine ähnliche Situation gibt es bei den Kampfpanzern: Während fast 20 Staaten den Leopard 2 nutzen und erst kürzlich Ungarn neue Panzer dieses Typs bestellt hat, konnte Frankreich den Kampfpanzer Leclerc – obwohl deutlich jünger als der Leopard – lediglich in die Vereinigten Arabischen Emirate verkaufen – und auch nur mit deutschen Antriebs- und Schutzkomponenten. Selbst die wesentlichen Ausrüstungselemente  des Leclerc-Bergepanzers wurden bei Rheinmetall eingekauft.

Sowohl Parlamentskreise als auch die Bundeswehr scheinen sich überdies bewusst zu sein, dass ein Verkauf der KMW-Anteile nach Frankreich nicht von vorneherein auszuschließen ist. Damit würde sich das industrielle Gewicht jedoch eindeutig auf die Seite des Nachbarlandes verlagern, was für Berlin nicht die präferierte Lösung sein dürfte.

Selbst wenn MGCS als deutsch-französische Kooperation nicht ans Ziel kommen sollte, müsste Deutschland ein neues Landkampfsystem wahrscheinlich nicht im Alleingang entwickeln. Denn aus der Gruppe der Leopard-Nutzer-Staaten soll es bereits mehrere Interessenbekundungen zur Teilnahme an MGCS geben.  Vermutlich könnten  Rheinmetall und KMW ein MGCS sogar aus eigener Kraft stemmen. Wobei Partner im Bereich der immer wichtiger werdenden Elektronik eingebunden werden könnten. In Frage käme hier beispielsweise der  Sensorhersteller Hensoldt.  Das Unternehmen arbeitet bereits intensiv an Lösungen für Landkampfsysteme mit Schwerpunkt auf Aufklärungstechnik sowie Gefechtsfeldintegration. So soll womöglich bereits in  diesem Jahr das System SETAS zur 360-Grad-Überwachung der Fahrzeugumgebung auf den Markt kommen.
lah/2.7.2020