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Eurodrohnen-Projekt in leichten Turbulenzen

Lars Hoffmann

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Bei der Entwicklung der Eurodrohne, einem sogenannten Medium Altitude Long Endurance Remotely Piloted Aircraft System (MALE RPAS), ist im vergangenen Jahr ein wichtiger Projekt-Meilenstein nicht erreicht worden. Wie aus dem vorgestern veröffentlichten 18. Rüstungsbericht des Verteidigungsministeriums hervorgeht, befindet sich das Preliminary Design Review (PDR), ursprünglich geplant für September 2023, in der Prüfung durch die Partnernationen Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. „Aktuell ist noch nicht bei allen Subsystemen die erforderliche technologische Reife zum Einstieg in den formellen PDR-Prozess gegeben“, schreiben die Autoren des Berichts, der Ende Oktober redaktionell abgeschlossen wurde.

„Derzeit liegt ein Hauptaugenmerk im Programm darauf, weitere Verzögerungen für das PDR aufgrund von noch bestehenden Abstimmungsproblemen zwischen dem deutschen Hauptauftragnehmer Airbus D&S und dem französischen Unterauftragnehmer Dassault zu vermeiden“, heißt es in dem Text weiter. Dies könne auch Auswirkungen auf das Critical Design Review (CDR) haben, welches derzeit immer noch unverändert für September 2024 vertraglich vereinbart sei. „Bei dem CDR handelt es sich um den ersten Abbruchmeilenstein des Vertrages“, betonen die Autoren. Der Hauptauftragnehmer Airbus D&S versuche, die bestehenden Probleme bezüglich der Zuarbeiten des französischen Industriepartners Dassault „umfänglich und zeitnah zu lösen“. Diese Aussage deckt sich mit Informationen aus Fachkreisen, wonach Dassault mit den vertraglich vereinbarten Leistungen für das Eurodrohnen-Vorhaben in Verzug geraten sein soll.

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„Airbus hat den öffentlichen Auftraggeber OCCAR im Oktober 2023 darüber informiert, dass die Industriepartner mehr Zeit für das Preliminary Design Review des Eurodrone-Programms benötigen“, teilte ein Sprecher von Airbus D&S auf Nachfrage von hartpunkt zu dem Sachverhalt mit. Seiner Aussage zufolge steht dies im Zusammenhang mit Design-Spezifikationen, die mehr Zeit in Anspruch nehmen, als ursprünglich geplant.

Airbus und seine Industriepartner Leonardo, Dassault Aviation und Airbus SAU hätten dann Ende 2023 einen aktualisierten Zeitplan bestätigt, so der Sprecher. „Unsere Priorität ist es, wie in dem Rüstungsbericht dargestellt, das PDR in diesem Jahr erfolgreich abzuschließen. Parallel dazu bereiten wir alle Critical-Design-Review-Aktivitäten vor, damit wir auch sie so bald wie möglich nach dem PDR zum Abschluss bringen können.“ Alle beteiligten Parteien arbeiten seinen Worten zufolge mit Hochdruck am Erfolg des Eurodrone-Programms und der geplanten Indienststellung bis Ende des Jahrzehnts. Den gegenwärtigen Planungen der Bundeswehr zufolge soll die Auslieferung der ersten Systeme im Jahr 2030 starten.

Nach Angaben von Airbus besteht der Eurodrone-Vertrag aus verschiedenen Phasen mit vorgeplanten Meilensteinen innerhalb und am Ende jeder Phase. Am Ende jeder Phase werde in einem entsprechenden Review der Beginn der nächsten Phase bestätigt. Derzeit befinde sich das Programm in der sogenannten System Design Phase.

In der Vergangenheit hatte das Partnerland Frankreich immer wieder Bedenken beim Eurodrohnen-Programm angemeldet, das von Deutschland geführt wird und bei dem Airbus D&S industriell die Hauptverantwortung trägt. So war mehrfach Kritik an der Verwendung von zwei Triebwerken statt eines einzelnen Motors in französischen Medien zu lesen. Zwei Triebwerke machen den Flieger teurer und schwerer.

Neben den vier Partnerländern hat auch Japan Interesse an dem unbemannten Flugzeug. So hat das Land erst Ende vergangenen Jahres offiziell einen Beobachter-Status für das Projekt erhalten. Wie aus Fachkreisen zu vernehmen ist, würde sich die Großraumdrohne insbesondere für die Seeraumüberwachung und U-Boot-Jagd in den Gewässern rund um den Inselstaat eigenen. Japan ist gegenwärtig dabei, seine Rüstungsausgaben deutlich zu steigern und erstmals seit Jahrzehnten Industriepartnerschaften außerhalb der USA einzugehen. Womöglich haben noch weitere Staaten Interesse an einer Nutzung des MALE RPAS.

Laut Rüstungsbericht sind die von Deutschland ergänzend zu erbringenden nationalen Anteile an dem Vorhaben planmäßig in Vorbereitung oder der Umsetzung. Neben dem bereits laufenden Vertrag „Demonstratorstudie für einen Signalerfassenden Aufklärungsbehälter“ sei auch die „Machbarkeitsstudie und Risikomitigation Detect-And-Avoid-Radar“ vertraglich vereinbart worden.

Der Global Contract zur Entwicklung, Beschaffung und initialen Nutzung der Eurodrohne war im Februar 2022 mit offiziellem Vertragsstart am 1. März 2022 durch die europäische Rüstungsagentur OCCAR und die deutsche Airbus Defence & Space GmbH als Hauptauftragnehmer geschlossen worden.

Lars Hoffmann