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Erste Vereinbarung mit Frankreich kurz vor der Umsetzung

Deutschland und Frankreich haben sich vergangenes Jahr im Grundsatz auf gemeinsame Exportkontrollregeln bei Rüstungsausfuhren geeignet. Betroffen davon sind Gemeinschaftsprojekte – etwa das zukünftige Future Combat Air System -, industrielle Rüstungskooperationen sowie die so genannten De-minimis-Regeln für Zulieferungen. Bei letzteren scheint nun eine finale Einigung zwischen Paris und Berlin unmittelbar  bevorzustehen.

Nach Aussage von Thomas Bareiß, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, hofft sein Haus, dass in den kommenden vier bis sechs Wochen eine Einigung erzielt werden kann. Wir er in seiner Rede auf dem 14. Exportkontrolltag am Freitag  in Berlin sagte, sollen im Rahmen von De-minimis dann möglichst schnell  Sammelgenehmigungen für Unternehmen ausgestellt werden. In Fachkreisen wird mit einer Einigung zwischen beiden Staaten zwischen Anfang und Ende März gerechnet.

Die De-minimis-Vereinbarung besagt, dass im Fall von Rüstungsgütern, die entweder von einem deutschen oder einem französischen Unternehmen hergestellt werden, Zulieferungen von unter 20 Prozent des Gesamtwertes der  Rüstungsexportkontrollbeurteilung  des Hauptproduzentenlandes unterliegen.  Die Regel gilt allerdings nicht, wenn es sich um Gemeinschaftsprojekte beider Länder handelt.

Im Entwurf der deutsch-französischen Vereinbarung gibt es überdies eine Reihe von Ausnahmen:  Darunter fallen unter anderem Handfeuerwaffen, großkalibrige Geschütze, Munition, Bomben, Raketen, Torpedos sowie Zündsysteme. Unklar ist im Augenblick auch noch, wie Drittländer außerhalb von NATO und EU als Exportziel behandelt werden. Beobachter wollen nicht ausschließen, dass Deutschland hier seine außenpolitischen Grundsätze umsetzen wird und damit etwa die Ausfuhr nach Saudi-Arabien weiter untersagt.

Damit befänden sich französische Exporteure in einer unveränderten Situation. Denn nachdem Deutschland in Folge des Mordes am Journalisten Jamal Kashoggi Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien gestoppt hatte, waren davon auch französische Firmen betroffen, die in ihren Produkten deutsche Zulieferteile verbauen.

Ruhensanordnung gilt bis Ende März

Hinsichtlich der so genannten Ruhensanordnung der Bundesregierung für die Rüstungsausfuhr nach Saudi-Arabien gab es auf dem Exportkontrolltag keine Neuigkeiten: Die Anordnung gilt zunächst weiter bis Ende März. Damit können Unternehmen, die eigentlich bereits eine Exportgenehmigung haben, ihre Waren weiterhin nicht in das Golfland ausführen.

Gegen ein Gerichtsurteil vom Ende vergangenen Jahres, wonach die Anordnung keine Gültigkeit besitzt,  hat das BMWi Rechtsmittel eingelegt. Das Verfahren befindet sich damit weiter in der Schwebe. Mit dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember verkündeten Urteil hatte die für das Außenwirtschaftsrecht zuständige 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main auf die Klage eines Rüstungsunternehmens die von der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), verfügte „Außerkraftsetzung der Gültigkeit“ einer erteilten Ausfuhrgenehmigung wegen unzureichender Begründung aufgehoben.

Die Aussetzung der Gültigkeit sei rechtsmissbräuchlich, da damit offenkundig von der Beklagten beabsichtigt sei, die gesetzlichen Entschädigungsfolgen eines Widerrufs zu umgehen. Es werde mit der Durchführung der bereits genehmigten Lieferung auch nicht zu einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland kommen, hieß es in der Begründung des Gerichts. Beobachter sehe gute Chancen, dass das betroffene Unternehmen auch in der nächsten Instanz Recht zu erhalten.

Betroffen von der Vorschrift der Bundesregierung sind unter anderem Lieferungen von Patrouillenbooten nach Saudi-Arabien. Dem Vernehmen nach läuft die Lösung des Problems  im Augenblick offenbar auf die finanzielle Entschädigung der vom Embargo für die Schiffe betroffenen Bauwerft Lürssen hinaus.

Ausweitung von Post-Shipment-Kontrollen?

Noch nicht geklärt ist im Augenblick die Frage, ob die Bundesregierung die so genannten Post-Shipment-Kontrollen von exportierten Kleinwaffen auch auf andere Rüstungsgüter ausweiten wird. Julia Monar, Beauftragte für Exportkontrolle im Auswärtigen Amt, machte während einer Podiumsdiskussion auf dem Exportkontrolltag deutlich, dass ihr Ministerium um die Ausweitung der Endnutzungsüberprüfungen von ausgeführten Rüstungsgütern im Bestimmungsland wirbt. Die Schweiz wende dieses Verfahren seit mehr als zehn Jahren an, sagte Monar. „Wir glauben, dass es eine vertrauensbildende Maßnahme ist“, unterstrich sie. Ihren Worten zufolge stehen die EU-Länder Niederlande, Spanien und Schweden kurz davor, ebenfalls Post-Shipment-Kontrollen einzuführen.

BMWi-Staatssekretär Bareiß befürchtet bei einer Ausweitung der Kontrollen dagegen eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Kunden. „Wir gehen da einen Sonderweg“, kritisierte der CDU-Politiker.

Auch Hans-Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) erwartet im Fall einer Einführung ein „negatives Alleinstellungsmerkmal“ für die deutsche Industrie.  Die Branche leide bereits heute darunter, dass immer mehr Player am Kapitalmarkt die Finanzierung von Unternehmen der Verteidigungsindustrie ablehnten.

China bereitet Exportkontrollgesetzgebung vor

 Wie auf der Veranstaltung deutlich wurde, wird die Großmachtrivalität zwischen den USA und China auch verstärkt in das Feld der Ausfuhrkontrolle getragen. Nach Aussage von Professor Hans-Michael Wolffgang vom Zentrum für Außenwirtschaftsrecht (ZAR) steht China erstmals vor der Verabschiedung eines einheitlichen Exportkontrollgesetzes, das Dual-Use-Waren sowie  Rüstungs-  und Nukleargüter umfasse. Dabei will Beijing offenkundig nicht die international üblichen Kontroll-Listen – wie etwa aus dem Wassenaar Arrangement – übernehmen, sondern die erfassten Güter nach Zollnummern bestimmen. Unklar ist dabei, welche Güter die chinesische Regierung der Exportkontrolle unterwirft. Beobachter halten es für realistisch, dass sich darunter auch Waren befinden, die im Westen als unbedenklich gelten. Ursprünglich sollte das Gesetz währnd des nächsten Volkskongresses im März verabschiedet werden, der allerdings verschoben wird.

Darüber hinaus wies Wolffgang auf die Möglichkeit hin, dass China das bislang nur im Entwurf vorliegende Gesetz, extraterritorial anwenden wird. Das könnte womöglich für deutsche Unternehmen unangenehme Folgen haben: Beispielsweise wenn Beijing US- oder andere Unternehmen wegen Verstoßes gegen chinesische Rechtsvorschriften auf eine zukünftig vorgesehene „Blacklist“  setzen sollte und Geschäftspartner  dieses Unternehmens  mit Sanktionen belegt. Dann stehen deutsche Unternehmen plötzlich vor der Wahl, entweder nur mit China oder nur mit den USA zu handeln. Schließlich verfügen die Vereinigten Staaten über einen ähnlichen Instrumentenkasten. Zwar exportiert Deutschland keine Rüstungsgüter nach China. Es gibt hierzulande allerdings eine Reihe von Unternehmen, die neben dem militärischen auch einen zivilen Geschäftsbereich aufweisen und Geschäftsverbindungen ins Reich der Mitte pflegen.
lah/21.2.2020