Der deutsche Rüstungskonzern Diehl Defence ist der einzige verbliebene Anbieter für ein neues System der bodengebundenen Luftverteidigung mittlerer Reichweite (Bodluv MR) in der Schweiz. Nachdem die Rüstungskonzerne Kongsberg und MBDA im Juli das Bundesamt für Rüstung armasuisse darüber informiert hatten, kein Angebot abgeben zu wollen, verbleibt nur noch das in der Ukraine erfolgreich im Einsatz befindliche deutsche System Iris-T SLM im Rennen.
Wie der Chef von Diehl Defence, Helmut Rauch, dem Südkurier kürzlich sagte, laufen im Augenblick „vertiefende Gespräche“ mit der Schweiz über Art und Umfang der Luftverteidigung. In einer Mitteilung vom Juli hatte armasuisse geschrieben, dass ein Entscheid hinsichtlich des verbliebenen Kandidaten im dritten Quartal dieses Jahres fallen soll. Dies setze voraus, dass ein Angebot einreicht werde, dass neben den Kosten auch den anderen Anforderungen von armasuisse entspreche. Sollte an diesem Zeitplan festgehalten werden, müsste in wenigen Tagen eine Entscheidung mitgeteilt werden. Medienberichten zufolge könnten die Kosten für das Projekt bei rund 700 Millionen Euro liegen.
Das künftige System muss laut armasuisse militärische, technische und logistische Anforderungen erfüllen. So müsse es unter anderem bereits erfolgreich im Einsatz stehen. Dem Einbezug der Schweizer Industrie komme darüber hinaus ein besonderer Stellenwert zu. „Hundert Prozent des Kaufpreises müssen mit Gegengeschäften in der Schweiz kompensiert werden; die Offerte muss denn auch Angaben über angestrebte und bereits angebahnte Offset-Projekte enthalten“, schreibt armasuisse.
Neben den militärischen, technischen und logistischen Anforderungen, die ein zukünftiges System erfüllen muss, soll auch sein Potenzial für die internationale Kooperation berücksichtigt werden. Mit der Teilnahme an der European Sky Shield Initiative (ESSI) vergrößere die Schweiz internationale Kooperationsmöglichkeiten: ESSI ermögliche eine bessere Koordination von Beschaffungsvorhaben, der Ausbildung sowie logistischer Aspekte im Bereich der bodengestützten Luftverteidigung. Die Teilnahme an dieser Initiative nehme den Typenentscheid jedoch nicht vorweg, schreibt armasuisse. Bei dem von Deutschland initiierten Programm ESSI spielt Iris-T SLM eine Schlüsselrolle hinsichtlich gemeinsamer Beschaffung und Nutzung.
Beim Projekt Bodluv MR handelt es sich um ein Beschaffungsprojekt zur Erneuerung wichtiger Fliegerabwehr-Systeme der Schweizer Armee. Die Erneuerung soll laut armasuisse eine bestehende Sicherheits- und Fähigkeitslücke im Raum- und Objektschutz schließen, um anfliegende Ziele auf eine mittlere Distanz zu bekämpfen und damit die bodengestützte Luftverteidigung größerer Reichweite mit dem System Patriot zu ergänzen. Aktuell im Einsatz stehende Systeme erreichen bald ihr Nutzungsende. Zudem haben die bestehenden Systeme des Typs Stinger und Mittlere Fliegerabwehr (M Flab) nur sehr kurze Reichweiten – moderne Kampfflugzeuge setzen ihre Waffen aus größeren Höhen und Distanzen ein.
lah