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Beschaffung des Raketenartilleriesystems PULS geht in die finale Runde

Waldemar Geiger

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Die Beschaffung der fünf PULS-Mehrfachraketenwerfer (Purpose Universal Launching System), mit denen die Bundeswehr den Einstieg in das „Zukünftige System Indirektes Feuer große Reichweite“ erreichen und gleichzeitig die fünf an die Ukraine abgegebenen Raketenartilleriesysteme vom Typ MARS II ersetzen will, geht in die finale Runde. Wie hartpunkt aus gut informierten Kreisen erfahren hat, soll der Haushaltsausschuss des Bundestages in einer der kommenden Sitzungen über eine 25-Mio-Vorlage zur Beschaffung der Systeme entscheiden.

Absicht der Bundeswehr ist es offenbar, wie bereits berichtet, über eine Option im Rahmen eines Vertrages zwischen der niederländischen und israelischen Regierung zunächst fünf Raketenartilleriesysteme zu erwerben. Wichtige Auftragnehmer aus der Industrie sind der israelische Rüstungskonzern Elbit Systems und der Münchener Rüstungskonzern KNDS Deutschland.

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Für rund 65 Millionen Euro sollen neben der Lieferung der fünf Raketenartilleriesysteme auch eine Anpassentwicklung sowie die Integration deutscher Führungs- und Kommunikationsmittel sowie ein In-Service-Support finanziert werden. Die Fahrzeuge sowie die Führungs- und Kommunikationsausstattung (D-LBO und ADLER III) werden beigestellt. Gut informierten Kreisen zufolge sollen die deutschen PULS-Raketenartilleriesysteme auf 8×8-Plattformen des Typs IVECO Trakker integriert werden. Der Zulauf der ersten Systeme ist für 2025 vorgesehen.

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Ein Munitionspaket ist dem Vernehmen nach nicht Bestandteil der Vorlage, über die die Haushälter beraten sollen. Die Munition soll offenbar separat beschafft werden. Die Verträge zur Beschaffung von Übungsraketen sowie Artillerieraketen mit einer Reichweite von 150 km sind offenbar für 2025 geplant. Es ist anzunehmen, dass der Vertragsschluss dann mit Beteiligung von Diehl Defence erfolgen wird. Diehl Defence hatte erst vor Kurzem eine Kooperation mit Elbit Systems für die Herstellung von Raketenartilleriemunition bekanntgegeben, hartpunkt berichtete.

Ab 2026 sollen wohl auch weitere Wirkmittel, darunter auch Sperrraketen und Artillerieraketen mit einer Reichweite von 300 km und Wirkmittel mit einer Reichweite jenseits von 300 km sowie Loitering Munition, beschafft werden.

Raketenartilleriesystem PULS

Der Mehrfachraketenwerfer Purpose Universal Launching System (PULS) des israelischen Rüstungskonzerns Elbit Systems kann eine breite Palette von Artillerieraketen mit einer Reichweite von 12 bis 300 km verschießen. Elbit gibt an, dass das „einzigartige“ Design des PULS viel Wachstumspotenzial biete. So könne das System beispielsweise zum Verschuss von Loitering Munition, einschließlich der Kanisterkonfiguration der SkyStriker Loitering Munition von Elbit Systems, befähigt werden. Zudem sei der PULS-Werfer vollständig an bestehende Rad- und Kettenplattformen anpassbar, was den Angaben des Herstellers zufolge zu einer erheblichen Reduzierung der Wartungs- und Ausbildungskosten führt.

Das Elbit-Raketenportfolio für den PULS beginnt mit der 122-mm-Rakete vom Typ Accular. Diese hat eine Reichweite von bis zu 35 km und einen 20-kg-Gefechtskopf. Für eine präzise Abstandwirkung jenseits der 100 km hat Elbit die marktverfügbare Extra im Angebot. Die Extra kann Elbit zufolge bis zu 150 km entfernte Ziele bis auf 10 m genau treffen. Das Gewicht des Gefechtskopfes beträgt 120 kg. Neben einer Unitary-Spreng-Splitter-Variante wird auch eine Penetrator-Variante angeboten. Die Predator-Hawk-Rakete kann noch weiter in die Tiefe wirken. Die Rakete hat laut Hersteller eine Reichweite von 300 km und eine Genauigkeit von 10 m. Das Gefechtskopfgewicht beträgt 140 kg.

PULS für die Bundeswehr

Die Bundesregierung hatte bereits im Oktober 2023 offiziell bestätigt, dass die fünf an die Ukraine abgegebenen MARS II durch fünf Raketenartilleriesysteme PULS des israelischen Rüstungskonzerns Elbit Systems ersetzt werden, welche über die Niederlande beschafft werden sollen. Die Niederlande hatte bereits April 2023 eine entsprechende Beschaffungsvereinbarung mit der israelischen Regierung getroffen, die offenbar auch eine Option über den Kauf zusätzlicher Systeme für Bündnispartner beinhaltete.

Die Wahl auf den Mehrfachraketenwerfer PULS fiel dem BMVg zufolge im Anschluss auf eine Abwägung von Möglichkeiten, wo „zwischen der Nachbeschaffung einer obsoleszenzbereinigten Version des MARS II und den marktverfügbaren Systemen PULS und HIMARS eine Bewertung durchgeführt“ wurde. Die Einschränkung auf marktverfügbare Systeme erfolgte mit Blick auf eine beschleunigte Beschaffung. „Die Bewertung möglicher Kandidaten erfolgte unter den Kriterien Erfüllung der Forderungen, Zulaufszeitachsen, Kooperation bei der Beschaffung und Interoperabilität mit Bündnispartnern“, heißt es dazu in einer damaligen Antwort der Bundesregierung.

Auf der Industrieseite hat man bereits in den beiden vergangenen Jahren Vorarbeiten für eine mögliche PULS-Beschaffung für die Bundeswehr geleistet. Im Rahmen der ILA 2024 wird zudem der Abschluss einer weiteren Kooperationsvereinbarung erwartet.

Als Ergebnis einer intensivierten Zusammenarbeit haben Krauss-Maffei Wegmann und Elbit Systems im Dezember 2022 mit dem Euro-PULS ein Nachfolgesystem für die Mehrfachraketenwerfer der Artillerie MARS/MLRS auf Basis des Multi-Purpose Universal Launching System (PULS) von Elbit Systems vorgestellt. Eine mögliche Euro-PULS-Lösung wäre im Vergleich zu dem PULS mit einem aus dem MARS II bekannten Feuerleitlösung ausgerüstet und hätte eine deutlich breitere Wirkmittelpalette integriert. Vorstellbar wären neben den israelischen Raketen auch deutsche Raketen wie die AT-2 beziehungsweise deren Nachfolgerakete oder eine mögliche SMArt-Rakete, wenn die Bundeswehr sich für die Beschaffung eines solchen Wirkmittels entscheiden sollte. 

Zudem könnte das System auch dazu befähigt werden, neben Raketen auch Lenkflugkörper zu verschießen. Denkbar wären hier die in Entwicklung befindliche Joint Fire Support-Missile von MBDA Deutschland, aber auch andere Waffen wie die Naval Strike Missile von Kongsberg oder die RBS15 von Saab werden von mehreren Insidern als mögliche Kandidaten für den Verschuss aus einem zukünftigen Euro-PULS-Raketenartilleriesystem genannt, da sich sowohl Schweden als auch Norwegen für die Beschaffung des PULS interessieren. Dänemark, die Niederlande und Spanien haben sich bereits dafür entschieden. Interesse für das System gibt es zudem Italien.

Waldemar Geiger