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Airbus-Betriebsrat fordert eigenen Demonstrator für Deutschland

Arbeitnehmervertreter von Airbus Defence and Space fürchten offenbar eine Unwucht in der Arbeitsteilung zwischen Deutschland und Frankreich beim Future Combat Air System (FCAS) und fordern deshalb die Entwicklung eines deutschen Demonstrators als Prototyp für das neue Kampfflugzeug. „Ein eigener in Deutschland zugelassener Demonstrator auf Eurofighter-Basis ist für die deutsche Verteidigungsindustrie von zentraler Bedeutung“, wird Thomas Pretzl, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Airbus Defence and Space, in einer aktuellen Mitteilung des Betriebsrates zitiert. Ein Demonstrator biete den deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aber auch der Bundesrepublik Deutschland und der Bundeswehr eine größere Sicherheit, so Pretzl.

Die Arbeitnehmer kritisieren, dass gegenwärtig nur ein Demonstrator des so genannten New Generation Fighters geplant ist, der bei Dassault in Frankreich auf Basis des Kampfflugzeuges Rafale entwickelt und gebaut werden soll. „Der Demonstrator ist vor allem auch entscheidend, um das Wissen der Ingenieure, die den Tornado und den Eurofighter entwickelt haben, auf die junge Ingenieursgeneration zu übertragen. Falls Deutschland keinen eigenen Demonstrator baut, geht dieses Know-How verloren “, warnt Bernhard Stiedl, Bevollmächtigter der IG Metall Ingolstadt.

Werde nur ein Demonstrator in Frankreich gebaut, würde die Luftfahrtindustrie inklusive der Zulieferbetriebe in Deutschland kurzfristig ins Abseits gestellt, fürchten die Arbeitnehmervertreter. „Langfristig wäre dies wohl das Aus der Branche in unserem Land.“

Im Falle einer frühzeitigen Beendigung der Zusammenarbeit am FCAS wäre nach Einschätzung von Betriebsrat und Gewerkschaft durch einen eigenen Demonstrator gewährleistet, dass in Deutschland daran weitergearbeitet werden kann.

Unterstützt wird die Forderung des Betriebsrates und der Gewerkschaft nach einem deutschen Demonstrator auch vom Verteidigungsexperten der CSU, Reinhard Brandl. Der Bundestagsabgeordnete, der sowohl im Verteidigungs- als auch im Haushaltsausschuss sitzt, forderte vor wenigen Wochen bei einer Diskussionsrunde, dass jedes der drei an FCAS beteiligten Länder –  also Deutschland, Frankreich und Spanien –  einen eigenen Demonstrator erhalten sollte.

Hintergrund des heutigen Aufrufs der Arbeitnehmervertreter dürften die aufgestauten Probleme bei FCAS sein. So sollen die Verteidigungsministerinnen Frankreichs und Deutschlands in den kommenden Wochen Lösungen für die offenen Fragen der intellektuellen Eigentumsrechte sowie der industriellen Kooperation finden, wie Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Emmanuel Macron nach der Tagung des bilateralen Sicherheitsrates in der vergangenen Woche sagten. Nur wenn es zur einer rechtzeitigen Einigung kommt, können die zur Fortführung benötigten 25-Mio-Vorlagen noch vor der Sommerpause vorgelegt werden.

Die Arbeitnehmervertreter von Airbus fürchten offenbar, dass Berlin einen Kompromiss zu Lasten der eigenen Industrie schließen könnte. „Wenn Deutschland jetzt zum Beginn des Projekts auf einen Demonstrator verzichtet, dann wird FCAS zu einem industriepolitischen Projekt vor allem für Frankreich– in erheblichen Umfang finanziert von Deutschland“, heißt es in der Mitteilung. Mit einem Volumen von 300 Milliarden Euro sei es das größte Verteidigungsprojekt der kommenden Jahre – und damit zugleich auf absehbare Zeit eines der größten industriepolitischen Projekte in Europa.

Mit dem Demonstrator sollen die Technologien für die nächste Generation von Kampfflugzeugen entwickeln werden. Die Industrie erhofft sich davon auch einen massiven Schub für die zivile Luftfahrt unter anderem beim unbemannten Fliegen.

Wichtige Kompetenzen wie Flugsteuerung, Schubvektorsteuerung oder das Thema Stealth seien bereits in deutschen Unternehmen der militärischen Luftfahrt vorhanden, heißt es in der Mitteilung. Diese könnten im Zuge des FCAS-Auftrags ausgebaut werden und die Erkenntnisse aus der Demonstrator-Entwicklung würden von Anfang an in die Weiterentwicklung des Eurofighter zum Eurofighter Long Term Evolution integriert werden.

Die heutige Mitteilung der Arbeitnehmervertreter zeigt erneut, dass es gegenwärtig im deutsch-französischen Tandem bei Rüstungsprojekten im Luftfahrtbereich knirscht. Obwohl sich beide Seiten zur Eurodrohne bekannt haben, sind auch hier noch einige Fragen offen. Bei der Modernisierung des bilateral entwickelten Kampfhubschraubers Tiger scheint die deutsche Seite insbesondere über die damit verbundenen Milliardenkosten nicht erfreut zu sein. Das Entwicklungsbüro für den Drehflügler soll mittlerweile nur in Frankreich angesiedelt sein. Und auch in der französischen Presse häufen sich in jüngster Zeit die kritischen Berichte über den deutschen Partner. Alles keine guten Vorzeichen für ambitionierte Kooperationen, während gleichzeitig beide Staaten die exorbitanten Kosten der Corona-Krise schultern müssen.
lah/12/12.2.2021

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