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100 Mio EUR stehen bereit – Industrie könnte profitieren

Das Verteidigungsministerium erhält im kommenden Jahr erstmals 100 Mio EUR für die „Ertüchtigung“ von ausgewählten Partnerländern in Afrika und dem Nahen Osten, damit diese Staaten ihre Sicherheitslage verbessern können. So solle etwa Tunesien mit den Mitteln aus dem neu geschaffenen Haushaltstitel bei der Sicherung seiner Grenzen unterstützt werden, sagte Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder in ihrer Rede während des Kolloquiums Weißbuch 2016, das das BMVg gemeinsam mit dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) am Montag in Berlin veranstaltete.

Man müsse verstärkt Partner in die Lage versetzen, Krisen vorzubeugen und ihre Sicherheitslage zu stabilisieren, erklärte Suder den Ansatz. Wie die Staatssekretärin am Rande der Veranstaltung erläuterte, wird ihr Haus den 100-Mio-EUR-Topf gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt bewirtschaften. Die Mittel kommen aus dem Einzelplan 60 und werden den Ministerien zusätzlich zur Verfügung gestellt. Bis zur finalen Verabschiedung des Bundeshaushalts 2016 handelt es sich noch um einen Entwurf.

Tunesien, Mali, Nigera, Jordanien und Irak als Partnerstaaten

Als Partnerstaaten wurden für das kommende Jahr der Irak, Mali, Tunesien, Jordanien sowie Nigeria identifiziert. ,Allerdings könne sich die Zusammensetzung noch ändern – es gebe grundsätzlich keine regionale Begrenzung, sagte die Staatssekretärin.

Als sekundäres Ziel strebe das Ministerium an, mit der Lieferung von Material und Dienstleistungen – die Palette reicht hier von Fahrzeugen über Sensorik bis zu Waffen – die deutsche Verteidigungsindustrie zu stärken.

In der Vergangenheit hatte die Bundeswehr immer wieder Material aus Überschussbeständen an befreundete Streitkräfte abgegeben, um deren Fähigkeitslücken zu stopfen. Zuletzt waren Sturmgewehre und Panzerabwehrraketen an die Peschmerga geliefert worden, während das Heer gleichzeitig die kurdischen Kämpfer an diesen Waffen ausbildete. Mittlerweile sind die Depots jedoch leer.

SPD-Politiker Hellmich erwartet Drohnenlieferungen

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, Wolfgang Hellmich, rechnet damit, dass die Mittel für den neuen Haushaltstitel nach 2016 weiter aufgestockt werden. Wie der SPD-Politiker am Mittwoch am Rande einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Lippstadt weiter ausführte, könnten in einem ersten Schritt Drohnen aus Deutschland zur Kontrolle der tunesisch-libyschen Grenze geliefert werden.

Tunesien schütte gerade einen Grenzwall zum Nachbarland auf, der gesichert werden müsse. Unbemannte Luftfahrzeuge seien hier kostengünstiger als andere technische Lösungen wie etwa Zäune, so Hellmich weiter. Parallel zu diesen Maßnahmen sei man bestrebt, eine Kooperation des Bundestages mit dem tunesischen Parlament zu entwickeln, um die Demokratie in dem nordafrikanischen Land zu stärken.

Suder will stärkere Verzahnung mit Wirtschaft

Suder warb in ihrer Rede in Berlin für eine bessere Kooperation von Behörden und Industrie. „Wir müssen die Wirtschaft noch stärker als Partner verstehen“, sagte sie. Noch keine schlüssige Antwort habe sie auf die Personalknappheit gerade im IT-Bereich. Man benötige eine stärkere Verzahnung von öffentlichem und privatem Sektor, etwa durch einen mehrjährigen Austausch von Personal. Beispielsweise verfüge Israel über eine „Cyber-Reserve“ – beim Militär ausgebildeten Spezialisten, die auch nach dem Eintritt in die Wirtschaft im Bedarfsfall zur Verfügung stünden. Man müsse über derartige Modelle nachdenken, forderte Suder.

Gehaltskampf nicht zu gewinnen

Wie sie im Gespräch weiter ausführte, wird der Staat den Gehaltswettkampf um die besten Köpfe mit der Wirtschaft wahrscheinlich nicht gewinnen können. Deshalb seien Kooperationsmodelle nicht nur mit der Verteidigungsindustrie, sondern mit der gesamten IT-Branche – etwa der Telekom – denkbar. Auch Start-Ups im Bereich Informationstechnologie müssten betrachtet werden. Suder sprach sich auch dafür aus, Ressortgrenzen beim Thema Cyberabwehr zu überwinden. So arbeite man mit dem Ministerium des Inneren zusammen, das bei dem Thema die Führung übernehme.

Erst vor kurzem hatte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen angekündigt, ein eigenes Cyber-Kommando in der Bundeswehr einzurichten und dazu die bereits vorhandenen Kräfte zu bündeln. Dieser Prozess soll offenbar in einem halben Jahr abgeschlossen sein.
lah/9.10.2015

Die englische Version des Artikels ist am 8.10.2015 auf www.defensenews.com erschienen

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