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U-Boot-Projekt soll bis Jahresende endverhandelt sein

Das  BMVg in Berlin hat im Wesentlichen die Anfang Mai vom norwegischen Verteidigungsministerium gemachten Aussagen zum Zeitplan für das bilaterale U-Boot-Vorhaben bestätigt. Wie aus dem aktuellen Rüstungsbericht des BMVg hervorgeht,  soll der Vertrag bis zum 30. Dezember 2020 endverhandelt werden. Im Anschluss daran sei die parlamentarische Behandlung des Vertrages geplant, heißt es in dem Papier. Laut dem Verteidigungsministerium in Oslo wird die Vertragsunterzeichnung bis Jahresende angestrebt.

Verhandlungspartner bei dem Projekt zur Beschaffung von sechs identischen U-Booten der Klasse U212CD – davon vier für Norwegen und zwei für Deutschland – sind die norwegische und deutsche Beschaffungsbehörde auf der einen sowie die Bauwerft tkMS auf der anderen Seite.

Die Verhandlungen seien begonnen worden,  nachdem die beiden Partnernationen gemeinsam mit der Industrie die optimale Konfiguration festgelegt hätten, heißt es im Rüstungsbericht weiter.  Eine Herausforderung bestehe jedoch darin, die norwegischen Budgetgrenzen einzuhalten. Diese hat das Parlament in Oslo vorgegeben. Werden die Vorgaben erfüllt, muss das Storting dem Vertrag dann nicht mehr zustimmen.

Es komme deshalb darauf an, dass die Industrie ein der strategischen Bedeutung dieses Projekts entsprechendes Entgegenkommen im Angebot und in den Verhandlungen zeige, schreiben die Autoren des Rüstungsberichtes. „Nur so wird sich ein ausgewogenes Bootsdesign auf der Basis eines für alle Seiten akzeptablen zeitgerechten Vertrages erzielen lassen.“

Der sehr ambitionierte Projektzeitplan in Verbindung mit dem erhöhten Abstimmungsaufwand mit Norwegen und dem Anbieter berge weiterhin das Risiko von Verzögerungen, heißt es weiter. Durch die COVID-19-Pandemie und die damit einhergehenden Reisebeschränkungen und Infektionsschutzmaßnahmen werde dieses Risiko noch erhöht.

Midlife Refits für U212A

Die auf den bewährten und bereits in Dienst befindlichen U212A aufbauenden neuen Boote U212CD erweitern die Nutzerfamilie U212 auf die drei Nationen Norwegen, Italien und Deutschland. Dies stärke sowohl die nationale Schlüsseltechnologie als auch den operativen Zusammenhalt in Europa. Die vorgesehenen modernen technischen Lösungen für U212CD geben laut BMVg auch Hinweise zur Ausgestaltung des notwendigen Midlife-Refits der aktuell fast fünfzehn Jahre alten U-Boote U212A des ersten Loses.

Nach Einschätzung des Verteidigungsministeriums sichert das  Vorhaben für absehbare Zeit Entwicklungs-, Fertigungs- und Instandsetzungskapazitäten bei der deutschen Industrie. „Gleichzeitig bietet das Vorhaben das Potenzial zur Schaffung einer europäischen U-Boot-Klasse unter Einbeziehung weiterer internationaler Partner und damit die langfristige Auslastung und den Erhalt der industriellen Kapazitäten“, schreiben die Verfasser des Berichtes. Als potenzieller weiterer Partner werden  die Niederlande gesehen. Allerdings ist noch ungewiss, für welchen Anbieter sich die niederländische Marine beim Ersatz ihrer Walrus-Boote entscheiden wird. Im Rennen sind neben tkMS auch die schwedische Saab sowie Naval Group aus Frankreich.

Das binationale U-Boot-Projekt mit Norwegen besitzt laut BMVg eine hohe verteidigungs- und bündnispolitische Bedeutung.  Nicht erwähnt wird im Rüstungsbericht das zweite Vorhaben zwischen beiden Nationen mit ähnlich großer Strahlkraft: So ist das U-Boot-Geschäft  an die Beschaffung von Seezielflugkörpern des Typs Naval Strike Missile (NSM) des norwegischen Kongsberg-Konzerns  für die Deutsche Marine gekoppelt. Gleichzeitig wollen beide Nationen gemeinsam einen Seezielflugkörper einer neuen Generation als Nachfolger der NSM entwickeln.

Diehl an Kooperation interessiert

Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, könnten bei der industriellen Kooperation zwischen Norwegen und Deutschland für den neuen Flugkörper womöglich  Kongsberg und Diehl als Hauptakteure auftreten, während Nammo und MBDA Deutschland nachgeordnete Rollen übernehmen würden. Dem Vernehmen nach soll sich mittlerweile auch Diehl interessiert an einer solchen Lösung zeigen, obwohl das Unternehmen bislang in einer Kooperation  beim Seezielflugkörper RBS-15 mit dem schwedischen Rüstungskonzern Saab gebunden ist. In der Vergangenheit galt dies als Ausschlusskriterium für weitere Partnerschaften in dem Segment.

Ein Anreiz für eine Zusammenarbeit mit Kongsberg dürfte für Diehl sein, dass mit den Norwegern die Entwicklung eines internationalen Spitzenproduktes zu erwarten ist und vermutlich die Entwicklungskosten – die sich bei solchen Vorhaben mitunter im dreistelligen Millionenbereich bewegen –  im Wesentlichen von den Verteidigungsressorts übernommen werden.  Dem Vernehmen nach befinden sich die Gespräche zwischen den Beteiligten allerdings noch in einem frühen Stadium.  Weiter fortgeschritten ist dagegen offenbar der Beschaffungsprozess der NSM Block 1 für die Deutsche Marine. Wie es heißt, könnte Kongsberg die Aufforderung zum Angebot  dieses Flugkörpers –  der in der gleichen Version auch von der US Navy beschafft wird –  womöglich noch im Juni erhalten.
lah/12/10.6.2020

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