Im Rahmen der AFCEA-Fachausstellung 2025 in Bonn hat das Münchener Start-up TYTAN Technologies heute erstmals die Abfangdrohne „TYTAN Interceptor S” öffentlich vorgestellt. Sie wurde spiziell für den Schutz von Gefechtsfahrzeugen vor FPV-Drohnen und anderen Drohnenbedrohungen entwickelt. Nach Angaben eines Unternehmensvertreters vor Ort erfolgte die Konzeption des Systems in Partnerschaft mit KNDS Deutschland speziell für den Schutz von Boxer-Fahrzeugen. Die Entwicklung des Konzeptes ist bereits so weit fortgeschritten, dass derzeit Integrationstests mit der Bundeswehr stattfinden.
Herzstück der Abfangdrohne ist die von TYTAN entwickelte Software, die auch in größeren Abfangdrohnen zum Einsatz kommt. Die darin genutzte KI übernimmt wesentliche Aufgaben des Abfangprozesses, was die kognitive Last der Nutzer laut Hersteller minimiert. Der Mensch muss nur einzelne Entscheidungen – wie beispielsweise den Start der Abfangdrohne oder die Freigabe des Endanfluges – treffen. Die Nutzung der Software ist nach Angaben des Unternehmens entscheidend für die schnelle Entwicklungszeit des Interceptor S, die nur wenige Wochen gedauert habe.
Im Gegensatz zu dem bereits bekannten TYTAN Interceptor B des Unternehmens, der eine Reichweite von etwa 25 km hat und Gefechtsstände sowie Führungseinrichtungen vor Drohnen der NATO- Klassifizierung Class I (<150 kg) und Langstrecken-Einwegdrohnen der NATO-Klassifizierung Class II (<600 kg) schützen soll, übernimmt der Interceptor S den Schutz einzelner Gefechtsfahrzeuge. Damit die Abfangdrohne möglichst platzsparend auf Fahrzeuge integriert werden kann, verfügt das System über vier einklappbare Leitwerke, an deren Enden sich jeweils ein Antriebsmotor befindet. Das Design sieht daher den Start der Abfangdrohnen aus Kanistern vor, die beispielsweise seitlich an einem Boxer befestigt werden könnten. Die Reichweite der Drohne wird mit 5 km angegeben, die Geschwindigkeit mit 200 bis 300 km/h. Das maximale Abfluggewicht der rund 50 cm großen Drohne beträgt 3 kg. Generell soll das System, genauso wie die größeren Abfangdrohnen auch, zum Abfangen und Zerstören von Drohnen der Class II in einer Höhe von bis zu 2.000 m geeignet sein. Der angestrebte Stückpreis in einem dreistelligen Euro-Bereich dürfte den Interceptor S auch zu einem probaten Drohnenabwehrsystem gegen FPV-Drohnen machen. Daneben hat das Start-up mit dem TYTAN Interceptor A eine noch größere Abfangdrohne im Angebot, die mit einer Reichweite bis zu 50 km auch Drohnen der Kategorie Class III (> 600 kg) bekämpfen kann.
Der Abfangprozess erfolgt analog zu den größeren TYTAN-Abfangdrohnen:
- Eine feindliche Drohne aus der Zielkategorie wird mittels eines im Einsatz befindlichen Aufklärungssensors – beispielsweise Radar, Optronik, Akustik… – erkannt und das Drohnenabwehrsystem gemeldet.
- Das Drohnenabwehrsystem berechnet dann anhand des Flugprofiles der Zieldrohne autonom einen optimalen Abfangkurs und schlägt dem Nutzer – in diesem Fall dem Kommandanten des Fahrzeuges – den Einsatz der Interceptor-Drohne vor.
- Einmal gestartet, fliegt die Abfangdrohne das Ziel an und holt dieses vom Himmel, dabei wird der Interceptor durchgehend autonom gesteuert, auch im Ziel-Endanflug – dafür ist an der Spitze der Drohne ein beweglicher, tag- und nacht-fähiger Sensor angebracht.
Der Abfangprozess selbst kann entweder mittels des Hit-to-kill-Prinzips oder durch die Detonation einer entsprechenden Sprengladung erfolgen. Dazu verfügt der Interceptor S über eine Nutzlastkapazität von 1 kg.
Waldemar Geiger