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Staatssekretär Zimmer plant Änderungen im Prozess

Die Bundeswehr muss sich digitalisieren, um für die Konflikte der Zukunft gewappnet zu sein. Das Problem besteht allerdings darin, dass die institutionalisierten Beschaffungsprozesse zu lange dauern für eine Technologie, die sich rasant entwickelt.  In der Folge wird mitunter Soft- und Hardware gekauft, die bei Einführung bereits veraltet ist. Dieses Dilemma hat auch die Führung des BMVg erkannt und will offenbar umsteuern.

Man müsse von dem Abstand nehmen, was man bisher in der Beschaffung gemacht habe, sagte Rüstungsstaatssekretär Benedikt Zimmer am Donnerstag in seiner Rede auf der Koblenzer IT-Tagung des AFCEA Bonn.  Es gehe darum, die Zeit der einzelnen Prozessschritte bis zur Einführung eines Produktes  zu verkürzen, so Zimmer. Wobei er jedoch die Vertragsgestaltung davon ausdrücklich ausnahm.

Es werde in Zukunft verstärkt darum gehen, „zu einer bestimmten Zeit etwas abzuliefern“. Selbst wenn dabei nur 60 Prozent der im Forderungskatalog aufgenommenen Wünsche realisiert werden könnten, betonte der Staatssekretär. Der Bedarfsdecker müsse identifizieren, was in einem bestimmten Zeitraum zur erreichen sei. In dem Wissen, dass eine Weiterentwicklung erfolgen muss, gelte es,  „das Machbare in der vorgegebenen Zeit erreichen“.

Mit Blick auf die Industrie, hofft Zimmer auf einen  echten Wettbewerb nicht nur „in der Schönheit der Power-Point-Präsentationen“, sondern der realisierbaren Projekte. Dabei müssten auch Industrievertreter zukünftig in erster Linie auf die Einhaltung der Zeitvorgaben achten – auch wenn dabei nur ein Teil der ursprünglichen Forderungen erfüllt werden könne.

Gleichzeitig werde es bei der anstehenden Digitalisierung der Landoperationen nicht automatisch so sein, dass ein Unternehmen – einmal für ein Projekt ausgewählt – bei der Ausrüstung aller Dispositive beteiligt werde, erläuterte der ehemalige General.

Das Heer plant, seine Brigaden sukzessive zu digitalisieren und dabei einzeln – wie eine Fregatte in einer Werft – auf einen einheitlichen Stand zu bringen. Dabei werde die Ausstattung des ersten Dispositivs nicht mit der des letzten Dispositivs acht Jahre später übereinstimmen, kündigte der Staatssekretär an.

Dass Unternehmen nicht zwangsläufig für die Rüstung aller Brigaden gesetzt werden, könne womöglich zu mehr Klagen der Industrievertreter führen, räumte Zimmer ein. Er hoffe dies jedoch nicht.

„Wenn wir es nicht schaffen, den Soldaten etwas hinzustellen, was funktioniert in der Zeit, dann ist etwas falsch gelaufen“, stellte er klar. Bei der Digitalisierung könne man sich das jedoch nicht erlauben, da in diesem Bereich die Entwicklung sehr schnell verlaufe und keine Zeit für Nachbesserungen vorhanden sei. Das klassische „Wünsch dir was“ sei nicht mehr angebracht. „Es wird keinen Perfektionismus geben.“

Zimmer wünscht sich vom Bedarfsträger, dass sich dieser vor dem einzelnen Schritt zur Digitalisierung darüber klar wird, was dies für seinen Bereich bedeuten könnte. Zumindest aber sollte er bereit sein, Taktiken und Verfahren anzupassen. Der Nutzer müsse von der Vorstellung Abstand nehmen, dass etwas eingeführt wird, was für die kommenden 30 Jahre genutzt werden kann. „Das ist bei der Digitalisierung nicht der Fall.“

Es werde in punkto Digitalisierung keine Großstrategie geben, die Jahrzehnte brauche, um bis nach ganz unten bei den einzelnen Soldaten oder Soldatinnen anzukommen. Vielmehr werde man auf „kleine Aktivitäten“ setzen, so der Staatssekretär. Offenbar will das Ministerium dabei das Trial-and-Error-Verfahren nutzen.

So rechnet  Zimmer mit Fehlern bei der Digitalisierung. Dabei muss seinen Worten zufolge womöglich „das Rad in die eine oder andere Richtung“ zurückgedreht werden.

Als wichtiger Schritt bei der Digitalisierung gilt die Ausstattung der deutschen Brigade bei der VJTF 2023. Hier sollen in Kürze wichtige Weichenstellungen erfolgen.

In seiner Rede verwies der Staatssekretär auch  auf die zahlreichen bereits gestarteten Projekte der Bundeswehr zur Digitalisierung. Dazu zählte er den im Aufbau befindlichen Organisationsbereich CIR, den Cyber-Cluster an der Bundeswehruniversität München, einen Innovations-Hub sowie die am Mittwoch im Kabinett gebilligte Agentur für Cybersicherheit. Darüber hinaus werde ein Leitungsboard für Digitalisierung eingerichtet, das jährlich unter Führung der Ministerin tagen solle, sagte Zimmer. Die erste Sitzung sei noch in diesem Jahr vorgesehen.  Man habe sich außerdem dazu entschlossen, eine Digitalisierungs-Umsetzungsstrategie bis zum Ende des laufenden Jahres zu entwickeln.
lah/31.8.2018

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