Seit über zehn Jahren plant die Bundeswehr im Rahmen des Vorhabens „Leichtes Wirkmittel indirektes Feuer“, die Spezialkräfte und infanteristisch kämpfenden Verbände mit einem 60-mm-Mörser auszustatten. Zu Beginn 2025 sollte es endlich soweit sein, dann sollten die ersten Systeme der Truppe zulaufen. Dieser Plan wird jedoch nicht realisiert werden können. Wann die ersten Mörser in die Truppe kommen, ist derzeit wohl unklar, zumindest aber will das Bundesverteidigungsministerium nicht über konkrete Zeitlinien öffentlich sprechen, wie aus einer gestern erfolgten Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Siemtje Möller auf eine Frage des CDU-Bundestagsabgeordneten Ingo Gädechens hervorgeht.
„Das Bundesministerium der Verteidigung ist bestrebt, die Auslieferung des Leichten Wirkmittels indirektes Feuer – Waffe und Munition – an die Truppe zügig zu realisieren“, so Möllers Teilantwort auf folgende Gädechens-Frage: „aus welchen Gründen wird der in der Beschaffung befindliche 60-mm-Mörser für die Infanterie nach mir vorliegenden Informationen auch im Jahr 2025 nicht bei der Truppe eingeführt werden bzw. uneingeschränkt nutzbar sein (bitte ausführlich darstellen), obgleich die Initiative zum Projekt bereits 2013 gebilligt wurde?“
Die Begründung für die Verzögerung im Projekt wird seitens Möller wie folgt beschrieben: „Die vorläufige Haushaltsführung im Jahr 2018, die Einschränkungen durch die Coronapandemie, die Einschränkungen durch die Folgen des Moorbrandes an der WTD 91 in Meppen und die aufschiebende Wirkung von Vergaberügen hatten unmittelbar Auswirkungen auf die ursprünglich geplanten Zeitlinien für die Einführung.“
Interessant in diesem Zusammenhang ist der Umstand, dass die aufgeführten Gründe nicht ursächlich dafür sein können, dass die Truppe nicht wie geplant zu Beginn 2025 mit den Mörsern ausgestattet wird. Der Moorbrand 2018 und die vorläufige Haushaltsführung 2018 haben maximal dazu geführt, dass die Vergabe an die Industrie (der Lieferauftrag für die Waffenanlagen ging an Hirtenberger und für die Munition an Rheinmetall) erst 2021 erfolgen konnte. Auf den Zeitpunkt der geplanten Truppeneinführung hatten diese Gründe keinen Einfluss, denn der Zeitpunkt „Beginn 2025“ wurde in einem 2022 erstellten Artikel des Amtes für Heeresentwicklung kommuniziert. Der Artikel „60-mm-Mörser für die Infanterie – Das Leichte Wirkmittel indirektes Feuer“ ist Ende Dezember 2022 in der Publikation „Wehrtechnischer Report Soldat & Technik 2023“ erschienen. „Wenn alle Überprüfungen erfolgreich abgeschlossen wurden, sollen zu Beginn des Jahres 2025 die ersten Systeme an die Truppe übergeben werden“, mit diesen Worten schloss der Autor aus dem Amt für Heeresentwicklung den Artikel seinerzeit ab.
Ende 2022 war auch die Pandemie bereits vorbei und die damit verbundenen Verzögerungen waren absehbar. Gut informierten Kreisen zufolge hat die Qualifikation der Munition bei der Wehrtechnischen Dienststelle 91 in Meppen bis heute nicht begonnen, ohne diese kann die sogenannte Integrierten Nachweisprüfung nicht abgeschlossen und die anschließende Ausbildung des Ausbildungspersonals an dem Waffensystem nicht begonnen werden. Je nach Priorisierung des Vorhabens wird die Truppe somit wohl noch länger auf das Waffensystem warten müssen.
Historie 60-mm-Mörser in der Bundeswehr
Der 60-mm-Mörser, in der Bundeswehr als „Leichtes Wirkmittel indirektes Feuer“ bezeichnet, soll zukünftig den Infanterieverbänden sowie den Spezialkräften eine gesicherte Zielbekämpfung bei einer Reichweite von ca. 100 bis 1.500 Metern im direkten Richten und bis 3.500 Meter im indirekten Richten sicherstellen. Sowohl Punkt- als auch Flächenziele sollen mit der Waffe bekämpft werden können.
Die Initiative für das Projekt wurde bereits im Jahre 2013 gebilligt, das CPM-Dokument Fähigkeitslücke und Funktionale Forderung „Leichtes Wirkmittel indirektes Feuer“ wurde am 30. April 2015 gezeichnet.
Mitte 2016 wurde ein erster Teilnahmewettbewerb eröffnet um insgesamt 159 Systeme und 24.400 Patronen 60 mm Munition in den Sorten Spreng (mit optimierter Splitterwirkung), Nebel (multispektral deckend), Leucht und IR-Leucht sowie einem Ausbildungsmittel Munition zu beschaffen. Von den 159 Mörsern sollten 37 Stück als reine Kommandomörser geliefert werden. 106 Mörser waren für das Heer (darunter 72 Systeme in der Infanterie, zwei Systeme an der Technischen Schule des Heeres sowie acht Systeme zur lehrgangsgebundenen Ausbildung an der Artillerieschule), 36 für die Luftwaffe, 13 für die Marine, vier für die SKB vorgesehen.
Die Vergleichserprobung der angebotenen Waffensysteme und der Munition erfolgte 2020, ein Zuschlag für die Lieferung jedoch erst im Sommer 2021.
Waldemar Geiger