Small Arms Ammunition Technologies – neue europäische Handwaffenmunitionsinitiative

Thomas Lauge Nielsen

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Mit dem Vorhaben Small Arms Ammunition Technologies (SAAT) ist jüngst eine neue europäische Munitionsinitiative offiziell angelaufen. Dies wurde am 6. Januar in einer Pressemitteilung des belgischen Handwaffenspezialisten FN Herstal und am 7. Januar in einer Mitteilung der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) bekannt gegeben.

Vorausgegangen war ein erstes Kick-off-Meeting im Dezember 2024, bei dem die Steuerung des Projekts festgelegt wurde, für das die FN Herstal als Koordinator fungiert. Ziel des Projekts ist die Förderung von Verbesserungen, Innovationen und Zusammenarbeit im Bereich der Munitionstechnologie für Handwaffen. Es wird von einem Konsortium aus 18 Partnern aus neun Ländern durchgeführt, darunter die EDA, Unternehmen, Regierungen und Forschungseinrichtungen. Eine vollständige Liste der Partner finden Sie am Ende des Artikels. Interessanterweise ist kein deutscher Industriepartner – weder Munitions- noch Handwaffenhersteller – beteiligt.

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Konkret soll das SAAT-Projekt „einen gemeinsamen Standard für Handwaffenmunition in Europa schaffen, um die Interoperabilität zu verbessern und die strategische Autonomie und Souveränität Europas im Verteidigungsbereich zu stärken“, und zwar durch die folgenden Hauptziele:

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  • Festlegung der Anforderungen an die Wirksamkeit von Handwaffenmunition gegen aktuelle und künftige Bedrohungen.
  • Festlegung des Stands der Technik für Handwaffenmunition in Bezug auf Geschoss, Treibladung, Patronenhülse und Interaktion mit der Waffe.
  • Entwicklung eines optimierten Prototyps für ein Handwaffenprojektil.
  • Beitrag zur Optimierung von Technologien für Munitionskomponenten.

Das Projekt hat eine Laufzeit von 4 Jahren und ein Budget von 8,3 Millionen Euro.

„SAAT wird praktische, effektive und zukunftsweisende Lösungen für die Herausforderungen der europäischen Verteidigung liefern“, erklärte Jonas Granberg, Projektleiter für Munitionstechnologie bei der EDA.

Bewertung

Obwohl zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Informationen über SAAT veröffentlicht wurden, lassen die bereitgestellten Informationen ein gewisses Maß an Analyse und Spekulation zu.

Erstens besteht kaum ein Zweifel, dass dies ein weiteres Ergebnis der verstärkten europäischen Konzentration auf Verteidigung, Verteidigungstechnologie und Verteidigungsindustrie ist. Die Verfügbarkeit „europäischer“ Normen für Handwaffenmunition könnte sowohl für die etablierte Industrie als auch für die neue Player als wichtiger Multiplikator angesehen werden. Das Projekt wird zweifellos auch dazu dienen, die Forschungs- und Entwicklungsbemühungen der europäischen Regierungen und der Industrie im Bereich der Handwaffenmunition zu fördern.

In Anbetracht der SAAT-Ziele, die darin bestehen, modernste Technologien für Handwaffenmunition zu definieren und aktuelle und künftige Wirkungsforderungen festzulegen, könnte es auch sein, dass die derzeit verfügbaren Standards für Handwaffenmunition als unzureichend oder veraltet angesehen werden, und zwar sowohl im Hinblick auf technologische Entwicklungen, wie z. B. neuartige Patronenhülsenmaterialien und Herstellungsverfahren, als auch im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit, basierend auf den Erfahrungen aus dem Krieg in der Ukraine. Dieser Punkt wird durch die EDA-Veröffentlichung gestützt, in der ausdrücklich die gewünschte Zielwirkung des Geschosses als Ausgangspunkt genannt wird, sowie die Möglichkeit, „Fortschritte in der Innenballistik, einschließlich der nächsten Generation von Treibladungsmitteln und Patronenhülsen-Designs, zu nutzen“.

Insbesondere das Ziel der „Entwicklung eines optimierten Prototyps eines Handwaffengeschosses“ könnte ein weiterer Hinweis darauf sein, dass die bestehenden Standards für Handwaffenmunition als unzureichend angesehen werden. Diese Zielsetzung ähnelt in bemerkenswerter Weise dem Vorgehen der U.S. Army bei ihrem Projekt „Next Generation Squad Weapon“, bei dem das US-Heer zunächst ein Standardprojektil entwickelte, das alle konkurrierenden Bieter in ihren Patronen- und Waffenkonstruktionen verwenden mussten.

Im weiteren Verlauf wird es interessant sein zu sehen, wie SAAT die bestehenden Normen für Handwaffenmunition, einschließlich der zivilen C.I.P.-Norm und des NATO-Mehrkaliberhandbuchs (MC-MOPI), beeinflusst, mit ihnen interagiert und sich auf sie bezieht. Insbesondere letzteres ist hier von Bedeutung, da dieses NATO-Dokument einige der gleichen Parameter definiert, an denen SAAT arbeiten wird, einschließlich der physikalischen Merkmale und Leistungsparameter, die die Austauschbarkeit von Handwaffenmunition auf dem Gefechtsfeld gewährleisten sollen.

Und das führt zum letzten Punkt. Unabhängig davon, wie sinnvoll das SAAT-Vorhaben objektiv sein mag, haben die meisten Hersteller von Handwaffenmunition ihre eigenen Munitionskonzepte, in deren Entwicklung sie erhebliche Ressourcen investiert haben. Es ist unwahrscheinlich, dass sie diese Entwürfe zugunsten eines gemeinsamen europäischen Entwurfs aufgeben, selbst wenn dieser eine bessere Leistung bietet, es sei denn, sie sehen darin einen geschäftlichen Vorteil.

Dennoch wird es interessant sein, die Zukunft des SAAT-Projekts zu verfolgen, und man kann mit weiteren Informationen rechnen, wenn sich das Projekt weiterentwickelt.

Dem SAAT-Projekt gehören derzeit die folgenden Partner an:

Industrie: Beretta (Italien), CZUB (Tschechische Republik), Eurenco (Belgien und Schweden), Fiocchi Munizioni (Italien), FN Herstal (Belgien, als Projektkoordinator), Mesko (Polen), Nammo (Norwegen und Schweden), Nobel Sport (Frankreich) und Swiss P Defence (Schweiz).

Forschungs- und Regierungsorganisationen: Armasuisse (Schweiz), DGA Techniques Terrestres (Frankreich), FFI (Norwegen), FOI (Schweden), RMA (Königliche Militärakademie Belgiens), TNO (Niederlande) und WAT (Technische Universität des Militärs, Polen).

Thomas Lauge Nielsen