Die beiden Rüstungskonzerne Lockheed Martin und Rheinmetall zeigen auf der gegenwärtig in Paris laufenden Messe Eurosatory einen Demonstrator des sogenannten Global Mobile Artillery Rocket Systems (GMARS).
Bei GMARS handelt es sich um ein hochmobiles, allwetterfähiges und rund um die Uhr einsetzbares Raketenartilleriesystem auf Basis des bewährten HX-Lkw von Rheinmetall mit einem aus zwei sogenannten Pods bestehenden Mehrfachraketenwerfer sowie einer Feuerleitanlage. Dadurch ist das System in der Lage, doppelt so viel Munition aufzunehmen wie das bereits im Einsatz befindliche Raketenartilleriesystem HIMARS auf Radbasis.
Wie Howard Bromberg, Vice President Land Forces bei Lockheed Martin, in Gespräch mit hartpunkt erläuterte, kann der GMARS-Werfer die gesamte MLRS-Munitionsfamilie verschießen. Hierdurch sei GMARS kompatibel mit allen in der NATO eingeführten GMLRS-Raketen von Lockheed Martin. Darunter befindet sich auch die seit kurzem von der U.S. Army eingeführte Precision Strike Missile mit hoher Reichweite. Diese dürfe zwar im Augenblick noch nicht exportiert werden. Sollten allerdings Länder wie Deutschland oder Rumänien Interesse an der Rakete haben, könne man bei der US-Regierung für den Export anfragen. Bromberg wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass sein Unternehmen die Precision Strike Missile bereits international vermarkten dürfe. Laut Lockheed Martin können auch alle zukünftigen für die US-Streitkräfte entwickelten Artillerieraketen aus dem Werfer verschossen werden.
Da sowohl das Trägerfahrzeug erprobt und eingeführt sei, ebenso wie Raketen, Feuerleitung und wesentliche Komponenten des Werfers geht der Manager von einem hohen technologischen Reifegrad aus. Seinen Worten zufolge sind Schießtests in der neuen Konfiguration in wenigen Monaten vorgesehen. Er schätzt, dass ab Bestellung eine Lieferung in zwölf bis achtzehn Monaten erfolgen könnte.
Die inertiale, GPS-gestützte Navigationsanlage des GMARS ermöglicht laut Hersteller präzise Feuerunterstützung auf kurze und lange Distanzen – munitionsabhängig seien heute bereits Reichweiten von über 400 Kilometern möglich.
GMARS hat ein Gefechtsgewicht von weniger als 40 Tonnen. Auf der Straße erreicht das System eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h und hat eine Fahrreichweite von bis zu 700 Kilometern. Mit einer Breite von 2,5 Metern, einer Höhe von 3,9 Metern und einer Länge von 9,8 Metern ist es den beiden Unternehmen zufolge auf allen gängigen Straßen, aber auch im Eisenbahntransport ohne Einschränkungen beweglich.
Die hohe Mobilität trage neben der Eigenschaft, dass sich GMARS beim Schießen nicht abstützen muss, zur hohen Shoot&Scoot-Fähigkeit bei. Der Werfer fahre in die Stellung, eleviere den Werferpod, führe die Feuermission aus, fahre die Pod wieder ein und verlasse die Stellung, fasst es ein Lockheed-Martin-Experte zusammen. All dies sei eine Operation von wenigen Minuten.
Weiterhin verfügt GMARS über ein integriertes Kransystem im Werfer, was ein sicheres und schnelles Nachladen unter allen Wetterbedingungen ermöglicht. Dem Lockheed-Martin-Experten zufolge kann ein gut trainiertes Team den Ladevorgang in weniger als zehn Minuten ausführen. Das heißt, das für jeden der beiden Pods weniger als fünf Minuten benötigt werden.
Die Besatzung besteht aus zwei Soldaten, wobei die optional geschützte Kabine einen Sitzplatz für ein drittes Besatzungsmitglied bietet. GMARS weist eine hohe Komponentengemeinsamkeit mit dem Raketenwerfer M270 auf Kette und HIMARS und den Rheinmetall HX-Lkw auf. Das erleichtere Ausbildung und Logistik und zeigt sich auch für die Interoperabilität mit NATO-Streitkräften, die MLRS und HIMARS einsetzen, von Vorteil. Rheinmetall geht davon aus, dass Deutschland bei einer Entscheidung zum Kauf von GMARS auch eine Rakete zum Verbringen von Panzerabwehrminen in die Software des Feuerleitsystems integrieren könnte. Sei dies erstmal erfolgt, könnten auch andere Nutzer von HIMARS oder M270 diese Rakete einsetzen, da es sich um das gleiche Feuerleitsystem handele.
Nach Aussage von Lockheed-Martin-Manager Bromberg würde sich bei der Entscheidung der Bundeswehr für HIMARS auch die Möglichkeit einer Produktion von unterschiedlichen Komponenten für die Raketen in Deutschland ergeben. Es gehe seinem Unternehmen schließlich um echte Partnerschaft und eine langfristige Perspektive für das System.
Lars Hoffmann