Mobility Day – GDELS gibt Einblicke in Piranha-Produktionskapazitäten und entwickelt neue Varianten

Waldemar Geiger

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Der europäische Rüstungskonzern General Dynamics European Land Systems (GDELS) hat im Zuge seines heute stattfindenden Mobility Day Einblicke in die Produktionskapazitäten der Piranha-Fahrzeugfamilie gegeben und zudem die Entwicklung weiterer Varianten des Fahrzeuges bestätigt.

Die Piranaha-Fahrzeuge sind in mehreren europäischen Streitkräften im Einsatz, vor wenigen Monaten hat sich auch die Bundeswehr im Rahmen des Vorhabens Tactical Wide Area Network for Land Based Operations (TaWAN LBO) für die Beschaffung des 8×8-Piranha 5 als Fahrzeugplattform für das „kleine Richtfunksystem“ entschieden. In einem ersten Los wurden Anfang 2025 insgesamt 58 Fahrzeuge bestellt, von denen die ersten Systeme bereits 2026 ausgeliefert werden sollen. Bei Ausübung aller Vertragsoptionen könnte die Flotte auf 256 Richtfunk-Piranhas anwachsen.

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Weiterhin wird erwartet, dass die Bundeswehr in Kürze das sogenannte Spähfahrzeug Neue Generation auf Basis des Piranha – hier jedoch in einer 6×6-Variante – bei GDELS bestellen wird, sobald das Vorhaben durch den Bundestag gebilligt wurde. Gut informierten Kreisen zufolge soll die dazugehörige 25-Mio-Vorlage noch vor dem Herbst an das Parlament übersendet werden. Wie hartpunkt bereits 2024 berichtet hat, ist die Beschaffung von bis zu 252 neuen, durchsetzungsstarken Spähfahrzeugen geplant, wovon im ersten Schritt aber nur 92 Fahrzeuge fest beauftragt werden sollen.

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GDELS sieht einen ansteigenden Bedarf für die Piranha-Fahrzeugfamilie sowie die weiteren Plattformen des Unternehmens und hat entsprechend in den Ausbau der Produktionskapazitäten investiert. Insgesamt betreibt das Unternehmen 14 Produktionsstätten über ganz Europa verteilt. Zwei davon werden derzeit in Deutschland aufgebaut, eine in Bayern und eine in Baden-Württemberg, in denen zukünftig Piranhas für die Bundeswehr gefertigt werden sollen.

„Unser Anspruch ist es, spätestens 24 Monate nach Auftragseingang ein Serienfahrzeug an den Kunden ausliefern zu können“, erklärte Thomas Kauffmann, GDELS Vice President und Geschäftsführer GDELS Deutschland, im Rahmen einer Werksbesichtigung im schweizerischen Tägerwilen, wo das GDELS-Kompetenzzentrum für Antriebsstränge angesiedelt ist. Hier wird jährlich eine vierstellige Anzahl an Antriebssträngen gefertigt, die nicht nur in den europäischen Plattformen wie dem Eagle oder Piranha verbaut werden. Auch die US-Radpanzer vom Typ Stryker nutzen Antriebsstränge, die am Schweizer GDELS-Standort gebaut werden.

Die genaue jährliche Produktionsrate der Piranha-Fahrzeugfamilie will Kauffmann nicht nennen, er gibt jedoch gegenüber hartpunkt an, dass man in der Lage wäre, alleine für Deutschland über 400 Piranhas pro Jahr zu liefern.

Dynamische Vorführung

Im Anschluss an die Werksbesichtigung wurden zahlreiche GDELS-Plattformen in unterschiedlichen dynamischen Mobilitätsvorführungen vorgestellt. Gezeigt wurden unter anderem der 6×6-Radpanzer Pandur Evo, mehrere Varianten der Eagle- und Piranaha-Fahrzeugfamilien sowie die ASCOD-Plattform in der Schützenpanzervariante sowie als Kettenartilleriesystem Nemesis.

Piranha V mit zwei Achsen
Im Rahmen der Demonstration wurde ein Piranha 5 vorgeführt, bei dem der Ausfall der vorderen und hinteren Achse simuliert wurde. Trotzdem wäre das Fahrzeug in der Lage, sich mit Eigenantrieb aus der Situation zu retten. (Bild: hartpunkt / Waldemar Geiger)

So wurde beispielsweise der auf der spanischen Rüstungsmesse FEINDEF 2025 erstmals statisch gezeigte Nemesis, hartpunkt berichtete, im Rahmen des Mobility Day zum ersten Mal vor Publikum in einer dynamischen Vorführung (ohne Einsatz des Waffensystems) vorgeführt.

Gezeigt wurde zudem der Eagle-Demonstrator mit einem Hybridantrieb. Der Frontantrieb des Demonstrators ist konventionell mit 210 kW Leistung und weist ein Drehmoment von 970 Nm auf. Hinzu kommt ein Elektro-Hinterachsantrieb mit einer Leistung von 2 x 93 kW (nominell) bzw. 2 x 185 kW (Peak) bei maximalen Drehzahlen bis zu 12.000 Umdrehungen pro Minute. Das Drehmoment beträgt 2x 165 Nm (nominell) bzw. 2 x 385 Nm (Peak). Den Strom für die beiden Elektromotoren – jedes Hinterrad verfügt über einen eigenen Motor – liefert eine Hochvoltbatterie, welche wiederum durch einen integrierten Motor-Generator mit bis zu 80 kW (100 kW Peak) Leistung gespeist wird. Der Technologiedemonstrator kann über die Frontachse konventionell angetrieben werden, bei Bedarf kann der E-Antrieb der Hinterachse hinzugeschaltet werden, um dem Fahrzeug so mehr Leistung zur Verfügung zu stellen. Alternativ kann der Demonstrator über kurze Strecken hinweg – wie man im Video sehen kann – komplett elektrisch zurücklegen. Hindernisse und Strecken können so praktisch komplett ohne verräterische Geräusche bezwungen werden. Ein Wettrennen mit einem dieselgetriebenen Eagle V (210 kW Leistung) zeigte die Agilität des Hybridantriebs.  

Darüber hinaus wurde im Rahmen des Mobility Day die Entwicklung von drei weiteren Vertretern des Piranha HMC, einer 10×10-Variante der Piranha-Fahrzeugfamilie, angekündigt. HMC steht für Heavy Mission Carrier, die Plattform wurde im April 2024 erstmals vorgestellt. Alle zehn Räder des Heavy Mission Carrier verfügen über einen Antrieb, die Achsen eins, zwei, vier und fünf sind gelenkt. „Die Auslegung stellt minimale Achslasten in Einklang mit dem europäischen Straßenverkehrsrecht, überragende Geländegängigkeit und Grabenüberschreitfähigkeit, sowie einen auf weniger als 18 Meter reduzierten Wendekreis sicher“, gibt GDELS an. Zudem verfügt das Fahrzeug über zwei automatische Rückwärtsgänge, die eine bis zu 40 km/h schnelle Rückwärtsfahrt ermöglichen.

Piranha HMC Variantenfamilie
Bild: GDELS

So arbeitet GDELS derzeit mit der FFG Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft mbH an der Entwicklung einer Bergepanzer-Variante des Pirnaha-10×10. Kaufmann zufolge soll das Fahrzeug gegenüber der Bergeboxer-Variante über 30 Prozent mehr Leistung verfügen.

Zudem wird an zwei Pionier-Varianten gearbeitet – einem Minenräumradpanzer mit integriertem Minenflug und Minenräumschnüren sowie einem Minenlegeradpanzer, der in der Lage wäre, bis zu sechs Skorpion²-Wurfkanister von Dynamit Nobel Defence zum Einsatz zu bringen.

Waldemar Geiger