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Rühe-Kommission fordert Festlegung auf wichtige Militärkooperationen

Die Bundesregierung soll in Zukunft den Bundestag einmal pro Jahr über die Beteiligung der Bundeswehr an militärischen Kooperationen mit ausländischen Partnern informieren. Das fordert die Kommission zur Überprüfung der Parlamentsrechte bei Bundeswehr-Auslandseinsätzen in ihrem am Dienstag vorgestellten Bericht.

„Die Bundeswehr ist nicht nur die Armee Deutschlands“, begründete der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe, der die Kommission leitet, den Vorschlag in der Bundespressekonferenz. Aufgrund einer zunehmenden Arbeitsteilung in der NATO würden immer mehr kleine und mittlere Staaten bestimmte militärische Fähigkeiten nicht mehr abbilden, weil diese von anderen Partnern – wie der Bundesrepublik – im Rahmen von militärischen Kooperationen bereitgestellt würden.

Ausstieg bei AWACS macht Partner handlungsunfähig

Diese Staaten müssten sich dann aber darauf verlassen können, dass Deutschland nicht plötzlich einen Rückzieher mache. Rühe nannte das Beispiel NATO-Luftraumüberwachung mittels AWACS-Flugzeugen, an dem die Bundeswehr zu rund einem Drittel beteiligt ist. Die Regierung sei zweimal aus AWACS „ausgestiegen“ und habe damit andere Nationen handlungsunfähig gemacht, kritisierte der CDU-Politiker. Die Kommission hofft, dass die Regierung diese als „multilaterale militärische Verbundfähigkeiten“ bezeichneten Kooperationsbeiträge nicht mehr so einfach kippen kann, wenn das Parlament stärker involviert ist. Nicht zuletzt, weil in einem zukünftigen Jahresbericht Abhängigkeiten und Verpflichtungen innerhalb des NATO-Bündnisses deutlich gemacht und im Bundestag debattiert würden.

Außerdem fordert die Kommission, dass die Bundesregierung dem Parlament frühzeitig mitteilen muss, wenn neue Verbundfähigkeiten – wie etwa die Beteiligung an der so genannten NATO-Speerspitze – in Planung sind. Bereiche einer verstärkten multinationalen Zusammenarbeit sieht Rühe in Zukunft unter anderem beim Luftverteidigungssystem MEADS, dem Einsatz von Drohnen sowie der Luftbetankung. „Warum muss jedes Land seinen eigenen Luftraum schützen?“, fragte der ehemalige Verteidigungsminister. Das sei veraltetes nationales Denken. So habe er der Tschechischen Republik und Ungarn schon vor 15 Jahren vorgeschlagen, dass Polen und Deutschland die Luftraumsicherung mit Flugzeugen übernehmen könnten. Stattdessen hätten die beiden Länder auf Empfehlung der USA Jagdflugzeuge beschafft, allerdings entgegen den Erwartungen nicht aus amerikanischer, sondern schließlich aus schwedischer Fertigung. Das sei ein „waste of money“, so der Ex-Minister.

Mehr Flexibilität bei Mandaten angemahnt

Bei der Formulierung von Auslandsmandaten für die Bundeswehr sollte laut Kommission überdies mehr Spielraum für Flexibilität hinsichtlich der Obergrenze der eingesetzten Truppen, der Region sowie der militärischen Fähigkeiten bestehen. Rühe verwies in diesem Zusammenhang auf Fehler der Vergangenheit: So mussten seinen Worten zufolge nach Afghanistan eingeflogene Soldaten sofort wieder ausgeflogen werden, weil ihre abzulösenden Kameraden noch nicht zur Stelle waren und damit kurzzeitig vom Bundestag festgesetzte Truppen-Obergrenzen überschritten wurden.

Darüber hinaus schlägt die Kommission vor, dem Parlament nach Abschluss eines Auslandseinsatzes einen Evaluierungsbericht verpflichtend vorzulegen. Eine mündliche Unterrichtung des Auswärtigen Ausschusses und des Verteidigungsausschusses soll überdies nach Beendigung eines geheimhaltungsbedürftigen Einsatzes der deutschen Spezialkräfte (KSK) erfolgen.

Uneingeschränkt hält die Kommission daran fest, dass der Bundestag über einen bewaffneten Auslandseinsatz der Bundeswehr entscheiden muss, wie es im Parlamentsbeteiligungsgesetz festgelegt ist. Das sei auch bisher kein Problem gewesen, sagte Rühe. Vorratsbeschlüsse bezeichnete er dagegen als unnötig. „Das Parlament, wenn es gefragt worden ist, hat immer zugestimmt.“

Der CDU-Politiker sieht gute Chancen, dass der Bundestag im Herbst ein Gesetzgebungsverfahren einleitet, in das die Vorstellungen der Kommission einfließen. Damit entfalle dann der Vorwand der Bundesregierung, man müsse auf ein „schwieriges Parlament“ Rücksicht nehmen. „Letztendlich hängt die Bündnisfähigkeit davon ab“, sagte Rühe.

Auch der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Henning Otte, geht davon aus, dass nach der Sommerpause der Gesetzgebungsprozess beginnt. „Zur Umsetzung der Kommissionsvorschläge wird das Parlament bereits im September die Fortschreibung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes angehen und somit die rechtlichen Grundlagen an die heutigen Erfordernisse zum Einsatz von Streitkräften anpassen“, sagte der CDU-Politiker.
lah/16.6.2015

 

 

 

 

 

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