Traditionell nutzen Pioniere zahlreiche handelsübliche Baumaschinen und Arbeitsgeräte. Auch Traktoren für pioniertechnische Aufgaben heranzuziehen, ist somit ein folgerichtiger Schritt. In enger Kooperation haben General Dynamics European Land Systems (GDELS) – Bridge Systems, der Landmaschinenhersteller Fendt und die britische Pearson Engineering das Einsatzspektrum mit dem diesjährigen Industrietag des Military Engineering Centre of Excellence (MILENG COE) in Ingolstadt um eine neue Variante erweitert: ein Brückenlegesystem COBRA auf einem FENDT 900 VARIO.
Traktoren sind ausgesprochen vielfältig einsetzbare Arbeitsgeräte. Neben der namensgebenden Funktion als Zugmaschine und ihrem klassischen Aufgabengebiet in der Land- und Forstwirtschaft kommen sie auch in der Baubranche, für Kommunalaufgaben und bei Feuerwehren zum Einsatz. Technisch zeichnen sie sich unter anderem durch Geländetauglichkeit, kleinste Wendekreise, gute Rundumsicht, die Auslegung für die Rückwärtsfahrt mit mehreren Gängen und optional Rückfahreinrichtungen mit drehbarem Fahrstand sowie durch mechanische, hydraulische, elektrische und elektronische Schnittstellen für den Anschluss von Arbeitsgeräten aus. Für militärische Zwecke kommen vor allem Großtraktoren mit hoher Nutzlast und Motorleistung in Frage. Seit Jahren bieten internationale Hersteller auch Modelle mit geschützter Kabine an.
Auch für den Bedarf der Streitkräfte sind verschiedenste Anhängelasten und Anbaugeräte denkbar und teilweise bereits realisiert – von Standardausrüstung wie Frontladern, Heckbaggern und Planierschilden bis hin zu militärischem Spezialgerät wie Minenverlegern oder Grabenfräsen. Die Kombination aus einem FENDT 900 mit der COBRA-Brücke von GDELS wurde im Konzept erstmals auf dem Ingolstädter Industrietag 2023 vorgestellt und bis zur diesjährigen Veranstaltung praktisch umgesetzt.
Bei der COBRA handelt es sich um ein modulares Brückensystem, das in zwei Versionen angeboten wird: 15 Meter Länge bei einer Tragfähigkeit von MLC 90 und 9 Meter Länge bei MLC 120. Ursprünglich zugeschnitten ist die COBRA auf den Einsatz als Gefechtsfeldbrücke von gepanzerten Rad- und Kettenfahrzeugen. So wurde das plattformagnostische Konzept bereits auf den Fahrzeugfamilien PIRANHA, BOXER und ASCOD realisiert. Der Verlegemechanismus von Pearson wird dabei jeweils so an die vorhandenen Schnittstellen des Trägerfahrzeugs adaptiert, dass die ursprüngliche Konfiguration des Fahrzeugs erhalten bleibt. Das COBRA-System kann permanent auf dem Brückenleger eingerüstet werden; es steht aber auch bedarfsweise als temporäre Lösung zur Verfügung, ohne dauerhaft Fahrzeugkapazitäten zu binden: Mit abgenommener Brücke und Verleger erfüllt die Trägerplattform wieder ihre Rolle beispielsweise als Schützenpanzer oder Mannschaftstransporter. Eine entsprechende Flexibilität ist auch beim Traktoreinsatz gegeben, so dass dasselbe Fahrzeug jederzeit umgerüstet werden kam, um es für andere pioniertechnische Aufgaben heranzuziehen.
Mit der Adaption des COBRA-Systems steht ein kostengünstiger Brückenleger zur Verfügung, der den Bestand an Panzerschnellbrücken ergänzt. Selbst militarisierte Traktorvarianten bieten erhebliche Preisvorteile gegenüber maßgeschneiderten Militärfahrzeugen aus Kleinserienfertigung. Denkbar sind verschiedene Einsatzszenarien im rückwärtigen Raum, etwa die Verwendung im Rahmen des Host Nation Support zur Überbrückung beschädigter ziviler Infrastruktur. Auch die spätere Aufnahme nicht mehr benötigter Brücken, die zuvor von Spezialfahrzeugen verlegt wurden, ist möglich. Mit dem kleinen Wendekreis, dem guten Sichtfeld, der präzisen Steuerung und der 180°-Drehbarkeit des Fahrstandes eignet sich die Traktorvariante besonders für den Einsatz unter beengten Bedingungen, die das Rangieren mit schwereren Brückenlegefahrzeugen behindern, wie in urbanen Räumen oder bewaldetem Gelände. Nicht zuletzt spielt die Bedienerfreundlichkeit handelsüblicher Traktoren eine wichtige Rolle. Pioniere mit Traktor-Erfahrung aus Zivilberuf oder militärischer Verwendung können mit geringem Zeit- und Kostenaufwand in der Bedienung des COBRA-Systems geschult werden. Mit der innovativen Kombination aus bewährten Technologien haben GDELS und seine Partner erneut eine pragmatische Lösung vorgestellt, um die militärische Mobilität unserer Streitkräfte durchgängig sicherzustellen.