Nachdem der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) im Oktober den Bau eines Weltraumbahnhofs in Deutschland für kleine Trägerraketen gefordert hat, fokussiert sich die damit verbundene Diskussion neuerdings auf eine Launch-Plattform auf See.Wie es in einem Bericht der FAZ heißt, schlägt der CEO des Bremer Satellitenbauers OHB, Marco Fuchs, eine Offshore-Plattform für den Start kleiner Raketen im deutschen Küstengebiet vor. Bislang waren als mögliche Standorte die Flughäfen in Rostock-Laage und Nordholz nahe Cuxhaven im Gespräch. Die Umsetzung gilt jedoch als schwierig, da es bei Unfällen oder Abstürzen zur Gefährdung von Menschen an Land kommen könnte.
OHB hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Weltraumunternehmen in Deutschland entwickelt. Die Bremer bauen unter anderem Aufklärungssatelliten für die Bundeswehr und Satelliten für das europäische Navigationssystem Galileo. In den kommenden Jahren will das Unternehmen eine eigene Trägerrakete entwickeln, die Nutzlasten von 200 bis 500 Kilogramm ins All befördern soll. Der Erstflug dieses so genannten Mini-Launchers soll voraussichtlich 2021 stattfinden, wie ein OHB-Sprecher im August erläuterte. Entwickelt werden soll die Rakete bei der OHB-Tochter “Rocket Factory Augsburg GmbH” (RFA). Die Finanzierung wird vom Unternehmen sichergestellt.
Neben der RFA sollen einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) zufolge in Deutschland noch mindestens zwei weitere Unternehmen am Bau von Miniraketen arbeiten. In München forsche das 2018 gegründete Startup Isar Aerospace an einer 2-Phasen-Rakete namens Spectrum mit einer Traglast von 1.000 kg. Hinter Isar Aerospace stehen laut Homepage die Investoren Vito Ventures, UVC sowie Bulent Altan.
Im baden-württembergischen Neuenstadt am Kocher entwickle die HyImpulse Technology GmbH einen europäischen Mini-Launcher für kleine Satelliten mit einer Traglast von 350 kg. Hauptinvestor bei HyImpulse ist einem Artikel der Süddeutschen Zeitung zufolge die Schwarz Holding GmbH aus Ottobrunn bei München, die auch Haupteigentümerin des Analyse- und Testdienstleistungs-Unternehmens IABG ist.
Das verstärke Engagement der deutschen Privatwirtschaft in Sachen Raumfahrt stößt offenbar auch auf Resonanz bei der Bundesregierung: Deutschland zeige nun mit fast 3,3 Mrd EUR für die nächsten Jahre das mit Abstand größte Engagement aller Mitgliedstaaten der European Space Agency (ESA), wird Thomas Jarzombek, Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt und Leiter der deutschen Delegation, nach Abschluss der ESA-Ministerkonferenz in Sevilla Ende November vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) zitiert. Mit dem deutschen Beitrage werde unter anderem erreicht, ein komplett neues Launcher-Programm (CSTS), mit dem erstmals eine Beschaffungs- statt einer Entwicklungsstrategie bei der ESA für neuartige Microlauncher etabliert werde. Vereinbart worden sei auch eine Weiterentwicklung der Ariane 6 gemeinsam mit Frankreich mit einem starken Commitment für die deutschen Standorte.
Insgesamt haben die ESA-Mitgliedstaaten beschlossen, in den kommenden Jahren 14,4 Mrd EUR in die europäische Raumfahrt zu investieren. Deutschland übernimmt mit seinem stark erhöhten Beitrag in Höhe von fast 3,3 Mrd EUR erstmals mit deutlichem Abstand eine führende Rolle. Im Vergleich zur letzten ESA-Ministerkonferenz 2016 sei dies eine massive Steigerung, schreibt das BMWi. 2016 einigte sich die ESA auf ein Budget von 10,4 Mrd EUR, von denen zwei Mrd EUR aus Deutschland kamen.
lah/12/29.12.2019