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Boeing stellt F/A-18 Super Hornet in Payerne vor

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Nach der Vorstellung des Eurofighters als potenzielles neues Kampfflugzeug für die Schweiz Anfang April hatte am Dienstag der US-Konzern Boeing die Gelegenheit, seine Offerte im Rahmen des Beschaffungsprogrammes Air2030 der Schweizer Presse auf dem westlich von Bern gelegenen Luftwaffenstützpunkt Payerne zu präsentieren.

Die insgesamt fünf Anbieter Airbus, Boeing, Dassault, Lockheed Martin und Saab sind in alphabetischer Reihenfolge von den Schweizer Beschaffern zu mehrwöchigen Tests in die Eidgenossenschaft eingeladen worden. Boeing tritt dabei mit seiner F/A-18 E/F Block III Super Hornet an. In Payerne war das Unternehmen mit zwei doppelsitzigen Maschinen der US-Navy vertreten. Das ermöglicht es Schweizer Piloten, bei den Tests mit an Bord zu sein, um sich einen Eindruck über die Leistungsfähigkeit des Flugzeugs zu verschaffen.

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Mission ausgeführt: Eine der beiden US-Maschinen nach der Landung in Payerne. Foto: lah

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Während das deutsche Angebot – die Schweiz wünscht sich bei der Beschaffung ein so genanntes Government-to-Government-Geschäft – von Vertretern von Airbus, dem BMVg, der Luftwaffe sowie dem Beschaffungsamt-BAAINBw erläutert wurde, setzte Boeing lediglich auf einen Produktmanager für die F/A-18 und einen erfahrenen Piloten der US-Navy als Präsentatoren während des einleitenden Medien-Briefings. Der US-Botschafter in der Schweiz war zwar vor Ort, machte aber kein Statement. Entsprechend konzentrierte sich die Vorstellung auf die technischen Vorzüge des Flugzeugs, dessen Vorgängerversion gegenwärtig von der Schweizer Luftwaffe geflogen wird und Mitte der kommenden Dekade ersetzt werden soll.

Infrarotsensor als Alleinstellungsmerkmal

Laut Boeing sprechen für die F/A-18 eine Reihe von Faktoren: Um gegen Flugzeuge der fünften Generation im Luftkampf zu bestehen, setze der Jet einen Sensor für Infrared Search and Track (IRST) ein, mit der gegenwärtig größten Reichweite am Markt. Damit können nach Aussage von Dan Gillian, Vice President von Boeing für das F/A-18-Programm, auch modernste Stealth-Flugzeuge detektiert werden. Neben einem hochentwickelten AESA-Radar und einem weiteren Infrarotsensor für Bodenziele verfüge die Maschine über hochentwickelte Netzwerkfähigkeiten und Rechnerleistung, um Informationen mit anderen Luftfahrzeugen und dem Boden auszutauschen. Laut Boeing wurde der Flieger auch mit gewissen Stealth-Eigenschaften versehen und verfügt über Zusatztanks, die in den Rumpf integriert sind.

Boeing wies in der Präsentation darauf hin, dass bei der Nutzung der Super Hornet etwa 60 Prozent der bestehenden Bodeninfrastruktur der Schweizer F/A-18 genutzt werden können. Noch nicht getestet war zum Zeitpunkt der Presseveranstaltung, ob die Super Hornet in die in den Fels eingelassenen Flugzeugkavernen der Schweizer Luftwaffe passt. Nach einer ersten Überprüfung der Gegebenheiten, rechne man jedoch nicht mit Modifikationen, sagte Produkt-Manager Gillian.  Die Super Hornet Block III ist laut Boeing um 30 Prozent größer als das Vorgängermodell, kann aber ihre Flügelenden hochklappen.

Niedrige Kosten pro Flugstunde

Gillian betonte, dass die Kosten pro Flugstunde „weniger als die Hälfte der F-35 betragen“ und damit den niedrigsten Wert aller US-Kampfjets. Laut Berechnungen der US-Regierung liege der Wert bei 18.000 USD. Das Flugzeug mit einer Lebensdauer seiner Zelle von 10.000 Stunden werde für die US-Streitkräfte und internationale Kunden bis mindestens 2033 produziert, so der Boeing-Manager. Es gebe weder für die Super Hornet Block III noch für die davon abgeleitete Growler ein festgesetztes Enddatum der Nutzung. Der Fly-Away-Preis für ein für die Navy neu produziertes Flugzeug soll bei etwa 65 Mio USD liegen.

Bislang wurden rund  560 Super Hornets an Kunden  – in erster Linie die US-Navy – ausgeliefert.  Auf die besonderen Anforderungen der Schweiz mit hohen Bergen und das Landen und Starten in engen Tälern ist der Flieger laut Hersteller-Prospekt aufgrund niedriger Anfluggeschwindigkeiten, kurzer Start- und Landestrecken, einer speziellen Software für das sichere Landen sowie eines robustes Fahrwerk und eines Fanghakens vorbereitet. Auf dem von hohen Bergen umgebenen schweizerischen Flugplatz Meiringen kann offenbar ein Fangseil genutzt werden, um die Flieger nach der Landung zu bremsen.

Keine Aussagen machte Boeing zu den Trainingsmöglichkeiten der Schweizer Piloten.  Ein sprechfähiger Vertreter der US-Streitkräfte oder der US-Regierung war in Payerne nicht verfügbar. Auch zur Frage von ITAR-Exportregelungen und den Black Boxes, also geschützter US-Technologie, wollte Boeing mit Verweis auf die US-Regierung als Verhandlungspartner der Schweiz keine Details nennen. Boeing arbeite bereits mit rund 80 Zulieferern in der Schweiz zusammen und könne bei Bedarf die geforderten Offset-Leistungen erbringen, sagte Gillian.

Keine Angaben zur Kooperation

Im Gegensatz zum umfassenden deutschen Angebot, das auch nicht-militärische Elemente und eine umfassende technische Kooperation sowie vollen Einblick in die Technologie enthielt, machten die Amerikaner hierzu keine Angaben. So wurde in einem kurzen Film und in der Präsentation kaum auf die besonderen Bedürfnisse der Schweiz eingegangen. Einige Pressevertreter, die von Boeing überdies „mehr Hollywood“ erwartet hatten, wurden enttäuscht.

Mit der Super Hornet befindet sich der US-Flugzeugkonzern gegenwärtig nicht nur in der Schweiz im Wettbewerb. Auch in Finnland ist Boeing im Rennen. Das nordische Land will – ähnlich der Schweiz –  seine bestehende F/A-18-Flotte im kommenden Jahrzehnt gegen modernere Flieger austauschen.

Darüber hinaus hat die deutsche Luftwaffe die Super Hornet neben dem Eurofighter als zweiten potenziellen Kandidaten für die Ablösung des Jagdbombers Tornado ausgewählt. Dabei wird neben der Super Hornet von deutscher Seite auch die Version zur elektronischen Kampfführung, der EA-18 Growler, als Nachfolgeoption für den ECR-Tornado geprüft. Am Growler zeigen dem Vernehmen nach auch die Finnen Interesse.

Laut Gilian wird gegenwärtig mit der Bundesregierung in einem frühen Stadium diskutiert, etwa 45 Super Hornets , die für das Luftwaffengschwader in Büchel vorsehen sein dürften,  und zusätzliche Growler oder 45 Flieger inklusive der Growler zu beschaffen. Der Boeing-Manager zeigte sich zuversichtlich, dass sowohl die Super Hornet  als auch der Growler für das Tragen der Atomwaffe B61 im Rahmen der nuklearen Teilhabe bis 2025 zertifiziert werden können.  Growler und F/A-18 Block III sollen zu etwa 85 Prozent baugleich sein. Trifft dies zu,  könnte Boeing damit als Verkaufsinstrument ins Feld führen, dass sie mit dem Growler der Bundeswehr sowohl die Fähigkeit zum elektronischen Kampf als auch zur nuklearen Teilhabe bereitstellen könnte. Die ECR-Version für den Eurofighter muss dagegen noch entwickelt werden, was erhebliche Mittel erfordern dürfte. Nach Angaben des Boeing-Managers wird der seit 2009 im Einsatz befindliche Growler alle zwei Jahre technisch den aktuellen Bedrohungen angepasst und soll voraussichtlich 2021 einen neuen Jammer erhalten.
lah/30.4.2019