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Schallgedämpfter Waffeneinsatz – Historie und Einsatzzwecke der .300 Blackout

Thomas Lauge Nielsen

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Mit Blick auf die jüngst erfolgte Auswahl der HK437 als Sonderwaffe schallgedämpft Spezialkräfte G39 im Kaliber .300 Blackout durch die Spezialkräfte der Bundeswehr scheint es angebracht, einen genaueren Blick auf die Besonderheiten des schallgedämpften Waffeneinsatzes sowie des für die Bundeswehr neuen Kalibers zu nehmen.

Ein begriffsbestimmender Einschub vorweg: Ein Waffenteil, das dazu bestimmt ist, den Schall eines Schusses zu dämpfen, wird landläufig als „Schalldämpfer“, umgangssprachlich gar als „Flüstertüte“ bezeichnet. Der technisch und taktisch korrektere Begriff wäre jedoch „Signaturreduzierer“, da neben einem Teil der Geräuschsignatur auch der beim Schuss auftretenden Mündungsblitz signifikant reduziert. Im vorliegenden Artikel wird daher die Begrifflichkeit Signaturreduzierer verwendet.

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Einführung

Jeder, der sich ein wenig mit Schusswaffen auskennt, oder jeder, der jemals ein Buch gelesen oder einen Film über Geheimagenten und verdeckte Operationen gesehen hat, ist zumindest oberflächlich mit Signaturreduzierern vertraut. Dabei handelt es sich um integrierte oder abnehmbare Vorrichtungen, die, wenn sie an einer Schusswaffe angebracht sind, den Schusslärm reduzieren.

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Signaturreduzierer als Technologie gibt es in der einen oder anderen Form schon seit über einem Jahrhundert, und ihr Einsatz hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Sie sind nicht mehr nur den Spezialkräften oder „James Bond“ und seinen Kollegen vorbehalten. Auch bei Sportschützen, Jägern und der „normalen“ Infanterie sind Signaturreduzierer in zunehmendem Maße zu finden.

Wie nicht anders zu erwarten, hat dies auch zur Entwicklung spezieller Kaliber geführt, die für den Einsatz mit Signaturreduzierern optimiert sind. Eines der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Kaliber ist der Gegenstand des vorliegenden Artikels: die .300 AAC Blackout (.300 BLK).

Um eine Grundlage für die Diskussion über die .300 BLK zu schaffen, werden wir uns auch mit der Geschichte und der Technologie von Waffen mit Signaturreduzierern beschäftigen.

Grundlagen und Herausforderungen der Signaturreduzierung bei Schusswaffen

Aufgrund ihres grundlegenden Funktionsprinzips, der Verwendung von unter hohem Druck stehenden Verbrennungsgasen zum Abfeuern eines Geschosses, wird das Abfeuern einer Schusswaffe von einem lauten, explosiven Geräusch begleitet.

Bei vielen Feuerwaffen setzt sich das Geräusch, das beim Abfeuern entsteht, je nach Art und Kaliber der Waffe aus zwei oder drei Komponenten zusammen: Die Hauptkomponente, die immer vorhanden ist, ist der Mündungsknall, der durch die unter hohem Druck stehenden Treibgase entsteht, die sich beim Austritt des Projektils aus der Mündung schnell in die Atmosphäre ausbreiten. Eine zweite Komponente ist der sogenannte Geschossknall, ein Überschallgeräusch, das entsteht, wenn die Waffe Geschosse oberhalb der Schallgeschwindigkeit abfeuert. Die letzte Komponente sind die mechanischen Geräusche, die die Waffe beim Abfeuern und – im Falle von Selbstladewaffen – beim Ladevorgang erzeugt.

Die erste Komponente, der Mündungsknall, ist der Lärm, der durch den Einsatz eines Signaturreduzierers reduziert werden kann.

Ein Signaturreduzierer ist im Grunde eine Expansionskammer, die entweder als optionales, abnehmbares Bauteil an der Mündung der Waffe angebracht oder im Rohr integriert ist. Der Signaturreduzierer ist in der Regel innen mit Leitblechen oder Trennwänden ausgestattet, die sowohl die Turbulenz des Treibgases als auch die Länge des Weges, den das Gas zurücklegen muss, bevor es in die Atmosphäre entweicht, erhöhen. Dadurch hat das Gas Zeit, sich abzukühlen und an Druck zu verlieren, was den Explosionslärm seiner Freisetzung verringert.

Die Wirksamkeit eines Signaturreduzierers hängt von einer Reihe von Faktoren ab, darunter das Kaliber der Waffe und das Volumen des Dämpfers. Einige Signaturreduzierer senken das Mündungsknallgeräusch „nur“ auf ein ohrenfreundliches Niveau. Andere wiederum eliminieren den Mündungsknall fast vollständig und reduzieren ihn auf ein diskretes „Gasgeräusch“, das viel leiser ist als der übliche Mündungsknall und auch nicht wie ein Schuss klingt.

Die Vorteile eines Signaturreduzierers liegen auf der Hand: Die Reduktion des Mündungsknalls verringert nicht nur das Risiko vorübergehender oder dauerhafter Gehörschäden, insbesondere in Innenräumen oder anderen beengten Verhältnissen. Er erleichtert auch die Sprachkommunikation im Einsatz.

Die Nachteile eines Signaturreduzierrers liegen ebenfalls auf der Hand: Signaturreduzierrer machen eine Waffe schwerer und unhandlicher und können die Balance der Waffe spürbar verändern. Und nicht zuletzt, wie nachfolgend zu sehen sein wird, erfordert ein Signaturreduzierer, der tatsächlich den gesamten Schusslärm aus der Waffe entfernt, einige erhebliche Kompromisse.

Der Geschossknall, der von einem Geschoss erzeugt wird, das sich oberhalb der Schallgeschwindigkeit bewegt, ist in der Regel weniger laut und weniger auffällig als der Mündungsknall.

Außerdem ist der Mündungsknall richtungsabhängig, d. h. man kann oft mehr oder weniger genau erkennen, woher das Geräusch kommt und aus welcher Richtung der Schuss abgegeben wurde. Der Geschossknall hingegen ist nicht richtungsabhängig, da sich das Projektil zu schnell bewegt, als dass der Mensch eine Richtungsbestimmung vornehmen könnte.

Daraus ergibt sich, dass man sich überlegen muss, was man erreichen will: Wenn man „nur“ seine Position verbergen oder das Gehör des Schützen oder von Personen in unmittelbarer Nähe schützen will, reicht es oftmals aus, den Mündungsknall zu unterdrücken. Will man jedoch die Tatsache verbergen, dass überhaupt ein Schuss abgegeben wurde, muss man auch Unterschallmunition verwenden, da diese keinen Geschossknall erzeugt. Je nach der Nähe des Ziels und eventueller Beobachter kann es auch notwendig sein, das mechanische Geräusch der Waffen zu berücksichtigen.

Bei vielen Kalibern, insbesondere Gewehrkalibern, stellt die Unterdrückung des Geschossknalls ein ballistisches Problem dar. Kaliber wie das 5,56 x 45 mm und das 7,62 x 51 mm haben Mündungsgeschwindigkeiten im Bereich von 850-950m/s, und wenn das Geschoss Unterschall sein soll, muss es unter etwa 340 m/s bleiben (die Schallgeschwindigkeit in trockener, 20°C warmer Luft bei 1 atm beträgt 346m/s). Es ist leicht einzusehen, dass eine solche Geschwindigkeitsreduzierung die Mündungsenergie des Geschosses drastisch verringern würde. Um dies zu kompensieren, wird bei Unterschallmunition in der Regel ein für das Kaliber sehr schweres Geschoss verwendet. Aber auch hier gibt es Grenzen: Bei einem bestimmten Kaliber (Geschossdurchmesser) muss ein schwereres Geschoss zwangsläufig länger werden. Da es Beschränkungen für die maximale Gesamtlänge einer bestimmten Patrone gibt, steckt ein längeres Geschoss tiefer in der Patronenhülse, wodurch die Menge des Treibladungsmittels, die geladen werden kann, begrenzt wird. Eine allgemeine ballistische Faustregel besagt außerdem, dass ein Projektil ab einer Länge von etwa 7 Kalibern nicht mehr drallstabilisiert werden kann (dies ist der Grund, warum APFSDS-„Wuchtgeschosse“ für Panzerwaffen flügelstabilisiert sind). Diese Einschränkungen gelten auch für Handfeuerwaffenkaliber, wenn auch in geringerem Maße, da Handfeuerwaffenkaliber naturgemäß niedrigere Mündungsgeschwindigkeiten haben. Ein Kaliber wie die .45ACP hat fast immer eine Unterschallgeschwindigkeit, insbesondere bei der Standardmunition mit 230 g FMJ.

All dies hat zur Folge, dass Unterschallmunition in „traditionellen“ Gewehrkalibern unter einer deutlich geringeren Mündungsenergie und einer geringeren effektiven Reichweite leidet. Und obwohl Unterschallmunition in Kurzwaffenkalibern in dieser Hinsicht weniger beeinträchtigt ist, liegt die effektive Reichweite von Kurzwaffenmunition von vornherein deutlich unter der von Gewehrmunition.

Die dritte Geräuschkomponente ist die Kombination der mechanischen Geräusche, die die Waffe beim Abfeuern und bei der Schussabgabe erzeugt. Normalerweise wird dieses Geräusch von den ersten beiden „übertönt“, es kann jedoch bei gedämpften Waffen in unmittelbarer Nähe zu einem Faktor werden.

Dieses Geräusch wird jedoch oft in Kauf genommen, da seine Ausschaltung die Verwendung einer Repetierwaffe (statt einer Selbstladewaffe) bedeuten würde, was in vielen Szenarien taktisch inakzeptabel wäre. Außerdem ist das mechanische Geräusch der Waffe viel leiser als die beiden anderen Geräuschkomponenten, und wenn ein Beobachter nicht über das Wissen und die Ausbildung verfügt, um es zu identifizieren, klingt es auch nicht wie eine Feuerwaffe.

Geschichte der Signaturreduzierer

Es gab und gibt viele Diskussionen darüber, wann genau die „Feuerwaffe“ erfunden wurde und wann sie erstmals im Kampf eingesetzt wurde. Die „Heilongjiang-Handkanone“, die als die älteste dokumentierte „Handfeuerwaffe“ gelten könnte, wird auf das Jahr 1288 in China datiert. Als Feuerwaffen erstmals im Kampf eingesetzt wurden, war ihre ballistische Wirkung begrenzt, und der Lärm, den sie beim Abfeuern erzeugten, wurde als zusätzlicher „Kampfeffekt“ angesehen, da er den Feind zermürben und feindliche Lasttiere aufscheuchen konnte.

Aufgrund der oben genannten Vorteile dauerte es jedoch nicht lange, bis sowohl Streitkräfte als auch Nicht-Militärs die potenziellen Vorteile des lautlosen Schusswaffengebrauchs erkannten, sei es, weil man ein Wilderer war und sich der Entdeckung durch die Wildhüter entziehen wollte, oder weil man damit auf dem Schlachtfeld unbemerkt auf einen Feind schießen konnte. Doch erst im späten 19. Jahrhundert wurden die ersten experimentellen Signaturreduzierer entwickelt, mit begrenztem technischem Erfolg und noch begrenzterem kommerziellen Erfolg.

Der erste kommerziell erfolgreiche Signaturreduzierer für Feuerwaffen wurde 1902 von dem amerikanischen Erfinder Hiram Percy Maxim erfunden und 1909 patentiert, dem Sohn des berühmten Sir Hiram Stevens Maxim, dem Erfinder des Maxim-Maschinengewehrs. Obwohl er kompliziert und teuer in der Herstellung war, hatte der „Maxim-Signaturreduzierer“ einen gewissen kommerziellen Erfolg, vor allem bei Jägern, wie dem ehemaligen amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt.

Im 1. Weltkrieg wurden nur wenig schallgedämpfte Waffen eingesetzt. Obwohl eine beträchtliche Anzahl von Maxim-Signaturreduzierern für das US-Heer hergestellt wurde, kamen diese in dem Krieg offenbar kaum zum Einsatz. Nach Ansicht des Verfassers ist dies vor allem darauf zurückzuführen, dass die Taktik des Grabenkriegs signaturreduzierte Schusswaffen nur wenig oder gar nicht nutzbar machte. Ein potenzieller Einsatz, der nach Kenntnis des Autors jedoch nie stattfand, wäre die Verwendung solcher Waffen durch die Pioniere beider Seiten gewesen, die Tunnel zu und unter den gegnerischen Gräben gruben, um entweder Informationen zu sammeln oder Sprengstoff zu platzieren. In der Enge dieser Tunnel konnte der erschütternde Mündungsknall einer nicht gedämpften Schusswaffe nicht nur desorientierend und dauerhaft ohrenbetäubend sein, sondern unter Umständen sogar den Tunnel zum Einsturz bringen.

Der 2. Weltkrieg änderte das Bild. Fast alle Kriegsparteien sahen die Vorteile von Waffen mit Signaturreduzierern für den verdeckten Einsatz, zur Ausschaltung von Wachposten, für Scharfschützen oder für Attentate, und alle großen Kriegsparteien entwickelten Waffen mit Signaturreduzierern, entweder in Form von abnehmbaren Systemen oder als Waffen mit integriertem Signaturreduzierer. Besonders produktiv waren die Briten, die die Sten-Maschinenpistolen Mk II(S) und Mk VI in 9 x 19 mm entwickelten und auf den Markt brachten, bei denen die Signaturreduzierer in das Rohr integriert waren und die über Öffnungen im Rohr verfügten, durch die Gas abgelassen werden konnte, wodurch die Mündungsgeschwindigkeit der 9×19-mm-Standardmunition unter der Schallgeschwindigkeit blieb. Weitere Entwicklungen waren der ebenfalls gedämpfte De-Lisle-Bolzenkarabiner in .45ACP sowie die berüchtigte „Welrod“-Bolzenpistole mit integriertem Dämpfer in 9 x 19 mm und 7,65 mm Browning (.32ACP). Die letztgenannte Waffe wurde vom Inter-Services Research Bureau (später Station IX) entwickelt und von der Special Operations Executive, ihren amerikanischen Pendants im Office of Strategic Services sowie von Widerstandsgruppen in zahlreichen besetzten Ländern verwendet. Da es sich bei der Welrod um eine manuell repetierende Waffe handelt, erzeugt sie beim Abfeuern nur sehr geringe mechanische Geräusche und kommt einer „geräuschlosen“ Feuerwaffe wahrscheinlich so nahe, wie es praktisch nur möglich ist. Der oben erwähnte DeLisle-Karabiner, ebenfalls ein mechanischer Repetierer, ist ebenfalls eine solche Waffe.

Als Ergänzung zu den oben erwähnten Welrod-Pistolen verwendeten die verschiedenen US-Geheimdienste auch Pistolen mit Signaturreduzierern im Kaliber .22 lfb, wie z. B. die High Standard. Es wurden auch experimentelle Versionen der Thompson und der M3-Maschinenpistolen mit Signaturreduzierer hergestellt, die jedoch offenbar nicht erfolgreich waren.

Zusätzlich zu diesen Entwicklungen haben sowohl die Sowjetunion als auch Deutschland während des Krieges abnehmbare Signaturreduzierer konstruiert; eines der bekanntesten Beispiele ist die sowjetische „Bramit-Vorrichtung“ für das Mosin-Gewehr. Deutschland entwickelte eine Reihe von Dämpfern für so unterschiedliche Waffen wie das Gewehr Mauser K98k, das Sturmgewehr StG 44 und die Maschinenpistole MP 38/40, obwohl diese Signaturreduzierer anscheinend nur wenig Verwendung fanden. Interessanterweise entwickelten sowohl die Sowjetunion (in 7,62 x 54 mm R) als auch Deutschland (in 7,92 x 57 mm und 9 x 19 mm) spezielle Unterschallmunition für gedämpfte Waffen. Bemerkenswert ist, dass Großbritannien in Anbetracht seines allgemeinen Interesses an signaturreduzierten Waffen erst nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Entwicklung dieser Munition begonnen hat.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bot sich die verdeckte Welt der internationalen Beziehungen des Kalten Krieges für den Einsatz von Waffen mit Signaturreduzierern an, was zu weiteren Entwicklungen führte, von denen eine der „Vorläufer“ der .300 BLK, die .300 Whisper, war.

Die Whisper

In den frühen 1990er Jahren entwarf der amerikanische Waffen- und Patronenkonstrukteur, Feuerwaffenschriftsteller und Gründer von SSK Industries, J. D. Jones, eine Familie von Handwaffenkalibern namens „Whisper“. Die Kaliber reichten von der 6-mm-Whisper bis zur .510 Whisper. Die Whisper-Patronen wurden entwickelt, um mit schweren Unterschallgeschossen (daher der Name „Whisper“, was so viel wie Flüsterer bedeutet) für taktische Zwecke, Wettkämpfe und die Jagd ein Maximum an Energie und Präzision zu erzielen. Zusätzlich konnten die kleineren Whisper-Kaliber (.308 oder kleiner) mit leichten Überschallgeschossen geladen werden, um die Energie zu erhöhen. Die Verwendung von Unterschallgeschossen bedeutete auch, dass die Whisper-Kaliber wirkungsvoll gedämpft werden konnten, und das relativ kleine Patronenhülsenvolumen in Verbindung mit der Verwendung von für das Kaliber schweren Geschossen bedeutete, dass die Leistung beim Verschuss aus kurzen Rohren weniger litt als bei „traditionellen“ Gewehrkalibern, da das geringere Treibladungsvolumen in den Whisper-Patronen weniger „Rohrlänge“ benötigte, um vollständig zu verbrennen.

Der „duale“ Charakter der kleineren Whisper-Kaliber erregte die Aufmerksamkeit von Spezialkräften in den USA und andernorts, wobei sich die Aufmerksamkeit auf die .300 Whisper konzentrierte. Die Ähnlichkeit von Hülsenkörper und Hülsenkopf mit den Kalibern .223 Remington und 5,56 x 45 mm bedeutete, dass das .300 Whisper in jeder Waffe verwendet werden konnte, die für diese etablierten Kaliber ausgelegt war, und zwar einfach durch einen Rohrwechsel. Die .300 Whisper würde die Verwendung von Überschallmunition für maximale ballistische Wirkung ermöglichen, wo sie der 5,56 x 45 mm überlegen zu sein versprach, insbesondere bei kurzläufigen Waffen, sowie Unterschallmunition für den Einsatz mit Signaturreduzierern bis zu effektiven Reichweiten, die über denen von gedämpften Faustfeuerwaffen oder Maschinenpistolen liegen.

Obwohl einige Hersteller Munition im Kaliber .300 Whisper herstellten und das Kaliber vorübergehend von der Permanent International Commission for the Proof of Small Arms (C.I.P.) genormt wurde, konnte es sich bei Streitkräften und Polizeibehörden nie richtig durchsetzen. Dies lag vor allem an der fehlenden Industrienormung in den USA (das US Sporting Arms and Ammunition Manufacturers‘ Institute, SAAMI, hat das Kaliber nie genormt) und an der Tatsache, dass das Kaliber für die Verwendung mit schweren Unterschallgeschossen konzipiert und optimiert wurde. Letzteres bedeutete, dass die Leistung mit leichten Geschossen sowie die Funktion in automatischen und halbautomatischen Gewehren vom Typ AR nicht optimal war.

Die Blackout

Spezialkräfte schätzten jedoch nach wie vor das Leistungspotenzial der .300 Whisper, und als Reaktion darauf entwickelte die Advanced Armament Corporation (AAC) in den USA 2009 in Zusammenarbeit mit Remington Defense die .300 BLK. Die .300 BLK wurde mit dem Ziel entwickelt, im Wesentlichen dieselbe Über- und Unterschallleistung wie die .300 Whisper zu bieten, jedoch mit einer Patronengeometrie und einer Ladung, die Leistung und Funktionalität in AR-Gewehren, insbesondere in Waffen mit kürzeren Rohren wie dem M4-Karabiner, mit minimalen Modifikationen gewährleistet.

Dies hat zu gelegentlichen Anschuldigungen geführt, dass die .300 BLK eine „Kopie“ der .300 Whisper sei, aber soweit der Autor feststellen kann, handelt es sich eher um eine Frage der konvergenten Evolution: zwei Patronen, die für denselben grundlegenden Zweck entwickelt wurden, werden mehr oder weniger garantiert Ähnlichkeiten aufweisen.

Inwieweit die beiden Patronen austauschbar sind, war ebenfalls Gegenstand einiger Diskussionen. Der Autor hat die Erfahrung gemacht, dass die Austauschbarkeit von den Toleranzen der jeweiligen Waffe und der verwendeten Patrone abhängt und dass die beiden Kaliber daher nicht generell als austauschbar angesehen werden können.

Die .300 BLK wurde im Januar 2011 von SAAMI und später auch von der C.I.P. standardisiert und ist nun ein Standardkaliber für die meisten Munitionshersteller weltweit.

Auch die Akzeptanz des Kalibers bei Militär- und Polizeieinheiten auf der ganzen Welt nimmt zu, was durch die Tatsache begünstigt wird, dass die Munition – anders als die frühere .300 Whisper – jetzt in Massenproduktion nach festgelegten Standards hergestellt wird.

Interessanterweise scheinen die meisten Polizei- und Militärangehörigen die .300 BLK weniger als Ersatz oder „Konkurrent“ für Gewehre im Kaliber 5,56 x 45 mm zu sehen, sondern eher als verbesserten Ersatz für die 9 x 19 mm und die .45ACP in Maschinenpistolen.

Beispielhafte Darstellung einer .300 Blackout Patrone. Im Vergleich mit der links abgebildeten Überschallpatrone wird das viel längere (und schwerere) Geschoss der rechts abgebildeten Unterschallpatrone deutlich. (Bild: MagTech)

Bei zivilen Jägern und Sportschützen erfreut sich die .300 BLK ebenfalls zunehmender Beliebtheit, da sie im Vergleich zu Kalibern wie der .223 Remington einen geringen Rückstoß, ausgezeichnete Präzision und eine bessere ballistische Leistung auf kurze Distanz bietet.

Gleichzeitig und aus denselben Gründen haben immer mehr Waffenhersteller die .300 BLK aufgegriffen und mit der Herstellung von Waffen in diesem Kaliber begonnen, die in der Regel auf bestehenden .223 Remington- oder 5,56×45-mm-Modellen basieren.

Vergleich

Die Tatsache, dass die .300 BLK oft eher als Ersatz für 9 x 19 mm oder .45ACP Maschinenpistolen angesehen wird, als dass sie als Ersatz für eine Sturmgewehrpatrone dient, macht einen aussagekräftigen und „fairen“ Vergleich mit anderen Patronen schwierig. Ein direkter Vergleich der .300 BLK mit der 9 x 19 mm oder .45ACP könnte als „unfair“ angesehen werden, da es sich hierbei um einen Vergleich einer Gewehrpatrone mit einer Pistolenpatrone handelt. Andererseits könnte ein Vergleich der .300 BLK mit einer Patrone wie der .223 Remington oder der 5,56 x 45 mm ebenfalls als unlauter angesehen werden, da die .300 BLK von vornherein als Patrone mit geringerer Leistung und kürzerer Reichweite konzipiert ist.

Letztendlich entschied sich der Autor, die .300 BLK sowohl mit der 9 x 19 mm als auch mit der .45ACP zu vergleichen, da sie als Ersatz für diese beiden Patronen in gedämpften Maschinenpistolen verwendet wird. Außerdem sind das Hülsenvolumen und die Mündungsenergie bei der .300 BLK und der .45 ACP fast identisch. Auch die 5,56 x 45 mm wird in den Vergleich einbezogen, da die .300 BLK in Waffen ähnlicher Größe eingesetzt wird, und schließlich die 7,62 x 39 mm, da die Leistung der .300 BLK mit Überschallmunition dieser Patrone entsprechen soll.

Die Wahl der genauen ballistischen Messgrößen, die verglichen werden sollen, stellt eine ähnliche Herausforderung dar. Wie bereits erwähnt, sind das Hülsenvolumen und die Mündungsenergie der .300 BLK mit denen der .45 ACP vergleichbar, obwohl das von der .300 BLK verschossene Gewehrgeschoss bei größeren Entfernungen sicherlich eine bessere Ballistik und höhere Leistung als die .45 ACP aufweist. Andererseits sollen die Überschallladungen der .300 BLK die Ballistik der 7,62 x 39 mm nachahmen. Erschwerend kommt hinzu, dass die .300 BLK aus Waffen verschossen werden soll, die für die 5,56 x 45mm / .223 REM ausgelegt sind. Die effektive Reichweite der beiden Gewehrpatronen wird in der Regel mit 300 m für die 7,62 x 39 mm und 500 m für die 5,56 x 45 mm angegeben.

Unter Berücksichtigung all dieser Angaben wurde beschlossen, den ballistischen Vergleich auf der Grundlage der folgenden Parameter durchzuführen:

Geschwindigkeit und Energie an der Mündung sowie auf 200 m und 300 m, da 200 m als die maximale effektive Reichweite einer Waffe mit Unterschallmunition angesehen werden kann und 300 m die ungefähre effektive Reichweite der 7,62 x 39 mm ist, mit der die Überschallmunition der .300 BLK oftmals verglichen wird.

Da die .300 BLK zu zwei Zwecken eingesetzt werden kann, wird der obige Vergleich sowohl mit „typischen“ Rohrlängen für das betreffende Kaliber als auch mit kurzen Rohren durchgeführt, da die .300 BLK mit Blick auf Waffen mit kurzen Rohren entwickelt wurde. Zu beachten ist, dass bei den Kurzwaffenkalibern (9 x 19 mm und .45 ACP) die Rohrlänge in beiden Tabellen identisch ist.

Die nachstehenden ballistischen Daten stammen aus offenen Quellen, und die ballistischen Berechnungen wurden mit dem Online-Ballistikrechner https://shooterscalculator.com/ durchgeführt:

Ballistik mit Standard-Rohrlängen

Kaliber / LadungRohrlänge [mm]V0 [m/s]E0 [J]V200 [m/s]E200 [J]V300 [m/s]E300 [J]
.300 BLK FMJ, 8g41066017495371159482939
.300 BLK FMJ subsonic, 13g406323676297572287534
5,56x45mm SS109, 4g508994198382413637461119
7,63x39mm FMJ, 8g52073821685671280492965
9x19mm FMJ, 8g150360520269290244239
9x19mm FMJ subsonic, 9,7g150305452271358258324
.45 ACP FMJ, 14,9g127260505228386214340

Wie aus der obigen Darstellung hervorgeht, gibt es beim Schuss aus Rohren „normaler Länge“ (400-500 mm) kaum einen praktischen Unterschied zwischen den Gewehrkalibern in Bezug auf die Energie, mit Ausnahme der .300 BLK subsonic.

Die Gewehrkaliber liefern die 3-4-fache Mündungsenergie der Pistolenkaliber, und sie behalten etwa die Hälfte dieser Energie auf 300 m.

Es ist auch zu erkennen, dass die .300 BLK subsonic selbst bei längeren Rohren in Bezug auf die Mündungsenergie näher an den Pistolenkalibern als an den Gewehrkalibern liegt, obwohl die .300 BLK durch die Verwendung von Gewehrgeschossen mit einem besseren ballistischen Koeffizienten mehr Energie in der Distanz beibehalten kann. So liefert die in der Tabelle aufgeführte .300 BLK subsonic auf 300 m mehr Energie als die 9 x 19 mm und die .45 ACP an der Mündung.

Ballistik mit kurzen Rohrlängen

Kaliber / LadungRohrlänge [mm]V0 [m/s]E0 [J]V200 [m/s]E200 [J]V300 [m/s]E300 [J]
.300 BLK FMJ, 8g2295841370473899425725
.300 BLK FMJ subsonic, 13g229280510265456258433
5,56x45mm SS109, 4g2297321078593706530564
7,63x39mm FMJ, 8g2296101481461849401641
9x19mm FMJ, 8g150360520269290244239
9x19mm FMJ subsonic, 9,7g150305452271358258324
.45 ACP FMJ, 14,9g127260505228386214340

Vergleicht man stattdessen die Leistung von Waffen mit kurzen Rohren, so werden einige Unterschiede deutlich.

Ein Abgleich der beiden obigen Tabellen zeigt zunächst, dass die beiden „traditionellen“ Gewehrkaliber 5,56 x 45 mm und 7,62 x 39 mm am stärksten unter dem Schuss aus einem kurzen Rohr „leiden“: Sie verlieren etwa 45 Prozent bzw. 30 Prozent ihrer Mündungsenergie. Im Gegensatz dazu verliert die .300 BLK (Überschall) nur etwa 15 Prozent ihrer Energie, wenn sie aus einer Waffe mit kurzem Rohr geschossen wird.

Im Vergleich zu Pistolenpatronen zeigt sich auch, dass die .300 BLK subsonic ungefähr die gleiche Mündungsenergie entwickelt wie die 9 x 19 mm und die .45 ACP (etwa 500 J). Es zeigt sich jedoch auch, dass die .300 BLK aufgrund der Verwendung eines gewehrartigen Geschosses mit besserer Ballistik auf weitere Distanzen mehr Energie beibehält als die Pistolenkaliber.

Analyse

Was bedeutet dies nun für die Beurteilung des Nutzens der .300 BLK? Wie aus dem ballistischen Vergleich hervorgeht, bietet die .300 BLK bei Verwendung aus Gewehren mit einer Standardrohrlänge von 400-500 mm keinen ballistischen Vorteil gegenüber den gebräuchlicheren Kalibern 5,56 x 45 mm und 7,62×39 mm.

Betrachtet man jedoch die Leistung der .300 BLK aus einem kurzen Rohr, so wird deutlich, dass die .300 BLK bei Überschallladungen ballistisch weniger „leidet“ als die beiden anderen Büchsenpatronen und dass sie deutlich mehr Leistung als Kurzwaffenpatronen bietet.

Mit Unterschallmunition bleibt die Leistung der .300 BLK natürlich hinter der der beiden anderen Büchsenpatronen und auch hinter der .300 BLK mit Überschallmunition zurück. In Anbetracht der Tatsache, dass Unterschallmunition in ihrer Geschwindigkeit begrenzt ist, sollte dies nicht überraschen. Vergleicht man jedoch die .300-BLK-Unterschallmunition mit ihren wichtigsten „Konkurrenten“ bei kompakten Waffen mit Signaturreduzierer, der 9 x 19 mm und der .45 ACP, so bietet die .300 BLK eine höhere Energiereserve auf größere Entfernungen, was zu einer höheren ballistischen Endwirkung führt. Darüber hinaus bietet die .300 BLK die Möglichkeit, durch einen einfachen Munitionswechsel von einer Unterschallleistung mit Signaturreduzierer, die der von Maschinenpistolen im Pistolenkaliber überlegen ist, zu einer Gewehrleistung mit kurzem Rohr zu wechseln, die der von 5,56 x 45 mm und 7,62 x 39mm überlegen ist. Und dies bei einer Waffengröße und einem Gewicht, welches nur geringfügig über dem einer Pistolenkaliber-Maschinenpistole liegt.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die .300 BLK für Gewehre in Standardlänge kaum Vorteile gegenüber traditionelleren Gewehrkalibern bietet.

Bei der Verwendung in kompakten, kurzläufigen Waffen bietet die .300 BLK jedoch eine Reihe von Vorteilen:

  • Höhere Reichweite und Treffsicherheit mit Unterschallmunition im Vergleich zu Maschinenpistolen mit Pistolenkaliber, und das bei mehr oder weniger gleicher Größe und gleichem Gewicht der Waffe.
  • Die Möglichkeit, von einer effektiven Leistung mit Unterschallmunition auf eine ebenso effektive Leistung mit einer kurzläufigen Waffe zu wechseln, indem einfach auf eine andere Munitionssorte gewechselt wird (d. h. durch einen einfachen Magazinwechsel).
  • Höhere ballistische Leistung von Waffen mit kurzen Rohren im Vergleich zu herkömmlichen Gewehrkalibern.

Nachteile

Die Nachteile der .300 BLK sind die gleichen wie bei jedem anderen neuen Kaliber: Die meisten Streitkräfte scheuen die Einführung eines neuen Kalibers in ihr Logistiksystem – insbesondere eines Kalibers für „Nischenanwendungen“. Dies ist höchstwahrscheinlich einer der Gründe, warum Spezialkräfte die .300 BLK am häufigsten verwenden, da sie in vielen Fällen ohnehin Spezialmunition verwenden, so dass die Einführung eines neuen Kalibers weniger eine zusätzliche logistische Belastung darstellt.

Darüber hinaus weist die .300 BLK bei unvorsichtigem Gebrauch ein potenziell schwerwiegendes sicherheitsrelevantes Problem auf. Der Patronenhülsenkörper der .300 BLK ist im Wesentlichen identisch mit dem der .223 REM / 5,56x45mm, und das Patronenprofil, insbesondere die Geschosspitze, bedeutet, dass es in einigen Fällen möglich ist, eine .300 BLK-Patrone in eine .223 REM- oder 5,56x45mm-Waffe zu laden, je nach dem genauen Munitionstyp und den Toleranzen der Munition und der Waffe. Die Spitze des .300 BLK-Geschosses erzeugt einen „falschen Kopfraum“ gegen die Schulter im .223 REM / 5,56 x 45 mm Patronenlager, so dass der Verschluss korrekt schließen und verriegeln kann. Das Ergebnis, wenn der Abzug betätigt wird, ist genauso, wie man es sich vorstellt, wenn jemand versucht, ein Geschoss des Kalibers .30 durch ein Rohr des Kalibers .22 zu schießen. Aus diesem Grund empfehlen viele Fachleute, Gewehre vom Typ AR in den Kalibern .223 REM / 5,56 x 45 mm und .300 BLK getrennt aufzubewahren und zusammen mit den dazugehörigen Magazinen deutlich zu kennzeichnen (z. B. mit farbigem Klebeband auf den Magazinen und dem Rohr/der Aufnahme).

Und schließlich ist es aufgrund des breiten Spektrums an Geschossgewichten, die für die .300 BLK verwendet werden, zweifelhaft, dass ein einziger Drall für alle Gewichte optimal ist, so dass ein gewisses Maß an Kompromissen erforderlich ist, entweder am „leichten“ oder am „schweren“ Ende der Skala.

Doch trotz der oben genannten Nachteile scheint die .300 BLK in den letzten Jahren auf beiden Seiten des Atlantiks an Zugkraft gewonnen zu haben, und es scheint, dass sie auch in absehbarer Zukunft eine beliebte Patrone für „Nischenanwendungen“ bleiben wird. Andererseits bezweifelt der Autor aus den oben genannten Gründen, dass sich die .300 BLK als allgemeines Dienstwaffenkaliber durchsetzen wird.

Thomas Lauge Nielsen