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Panzerabwehr – U.S. Army vergibt bislang größten Produktionsauftrag für Panzerabwehrlenkflugkörper Javelin

Waldemar Geiger

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Die U.S. Army hat einen Produktionsauftrag für Javelin-Panzerabwehrlenkflugkörper sowie dem dazugehörigen Zubehör und Serviceleistungen im Wert von 1,3 Milliarden US-Dollar an das Javelin Joint Venture (JJV), bestehend aus Lockheed Martin und Raytheon, vergeben. Mit den neu zulaufenden Lenkflugkörpern sollen die Bestände der Army aufgefüllt und unter anderem mehr als 4.000 an die Ukraine abgegebene Javelin-Flugkörper ersetzt werden.

Wie aus einer Pressemitteilung von Lockheed Martin vom 29. August hervorgeht, handelt es sich um einen Abruf aus einem im Mai 2023 geschlossenen Rahmenvertrag und den größten bis dato vergebenen Javelin-Jahresproduktionsauftrag überhaupt.

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Die U.S. Army hatte im Mai 2023 mit JJV einen Dreijahres-Rahmenvertrag für die Herstellung des Waffensystems samt der dazugehörigen Ausrüstung und Dienstleistungen mit einem Gesamtvolumen von bis zu 7,2 Milliarden US-Dollar geschlossen, mit dem Ziel, bis Ende 2026 die Produktionskapazitäten für die kampferprobten Panzerabwehrlenkflugkörper des Typs FGM-148 Javelin auf bis zu 3.960 Systeme pro Jahr zu erhöhen.

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Die FGM-148 Javelin wurde 1996 als mittleres Panzerabwehrlenkflugkörpersystem in die US-Streitkräfte eingeführt und seitdem immer wieder, etwa hinsichtlich der Leistung des Gefechtskopfes und der Reichweite, verbessert. Die aktuellen Pläne der US-Streitkräfte sehen vor, das System bis mindestens 2050 in Nutzung zu belassen.

Nach Angaben der Hersteller wurden seit der Einführung der Javelin über 50.000 Lenkflugkörper und mehr als 12.000 Startgeräte an die US-Streitkräfte sowie mehr als 25 internationale Kunden ausgeliefert.

Das Javelin-Flugkörpersystem kann bei Tag und Nacht sowie unter allen Witterungsbedingungen plattformungebunden oder integriert in Fahrzeugwaffenstationen eingesetzt werden.

Ende 2020 ist mit dem F-Model die neueste Variante des Lenkflugkörpers in Serienproduktion gegangen, sie stellt die sechste Leistungssteigerung des Systems dar. Ein neuer Mehrzweck-Gefechtskopf mit vorfragmentierten Splittern und Hohlladung kann gegen konventionelle und reaktive Panzerung und gegen leicht gepanzerte und ungepanzerte Ziele eingesetzt werden. Die effektive Reichweite des Systems wird mit 2.500 Metern angegeben. In Kombination mit einem modernisierten Startgerät sollen dem Vernehmen nach auch Reichweiten von bis zu 4.000 Metern möglich sein. Dazu erhielt die leichter gewordene Lenk- und Abschusseinheit (Command Launch Unit, CLU) eine verbesserte Optik, die das Erkennen und Verfolgen von Zielen auf diese Entfernung erleichtert.

Für den Fire-and-Forget-Flugkörper wird das Ziel mit der Tageslicht- oder (gekühlter) Wärmebildoptik aufgeklärt. Nach Grob-Anvisieren wird auf den bildgebenden Sensor des Suchkopfs umgeschaltet und das Ziel markiert. Nach Abfeuern steuert sich der Flugkörper ins Ziel. Zwei Angriffsarten sind möglich: direkt, mit Flughöhe bis 60 m auf Front-, Heck oder Seitenflächen und überhöht, mit Flughöhe 160 Meter und steilem Anflug auf die Oberseite des Fahrzeugs.

Im infanteristischen Einsatz werden die Javelin-Lenkflugkörper mittels eines schultergestützten Startgerätes verschossen. Die Javelin Lightweight Command Launch Units (LWCLUs) sind modernisierte Start- und Zielgeräte. Die modernisierte Command and Launch Unit ist die wiederverwendbare Komponente des Systems und gegenüber dem Vorgänger um knapp 2 kg leichter sowie kompakter ausgeführt.

Zudem sind vom Javelin Joint Venture neue Fähigkeiten für das Startgerät entwickelt worden. Bereits im Frühjahr 2021 zeigte Raytheon bei einer Vorführung auf der Luftwaffenbasis Eglin im US-Bundesstaat Florida den erfolgreichen Verschuss einer FIM-92 Stinger Flugabwehrrakete mit dem Startgerät.

Auch innerhalb der US-Streitkräfte verliefen die mit der LWCLU durchgeführten Tests laut früheren Berichten des Büro des Director Operational Test & Evaluation (DOT&E) alle durchweg positiv. Dabei wurden unterschiedliche Aspekte, wie die Wirkungsweise und Aufklärungsfähigkeit gegen potenzielle Gegner, die Integration in bestehende Systeme, wie z.B. Fahrzeuge, aber auch die Verwendung der Panzerabwehrlenkflugkörper in verschiedenen Klimazonen und bei starker Verschmutzung untersucht. Im Testverlauf wurden das LWCLU parallel zu dem ursprünglichen Startgerät betrieben, um einen direkten Leistungsvergleich zu ermöglichen. In seinem 2023er Bericht – erschienen im Januar 2024 – spricht das DOT&E jedoch von Zuverlässigkeitsproblemen bei der LWCLU, die zu mehreren Systemabstürzen geführt haben. Die Freigabe für die Serienproduktion der LWCLU wurde daher verschoben, laut dem Bericht auf das zweite US-Haushaltsquartal 2024, welches bereits verstrichen ist. US-Medienberichten vom Mai 2024 wurde die Serienfertigung nunmehr auf das vierte Haushaltsquartal verschoben, welches Ende September 2024 enden wird.

Waldemar Geiger