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Ministerin will noch einige Themen abarbeiten

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will in den kommenden Monaten noch einige Entscheidungen zu großen Beschaffungsprojekten und möglichen strukturellen Änderungen der Bundeswehr treffen. „Im März 2021 legen wir eine umfassende Bewertung des Themas bodengestützte Luftverteidigung vor. Bis zum Ende des I. Quartals leiten wir die Beschaffungsvorlage für die Eurodrohne dem Deutschen Bundestag zu. Im II. Quartal treffen wir die Entscheidung zur Beschaffung eines schweren Transporthubschraubers“, heißt es in einem gestern veröffentlichten Positionspapier mit dem Titel „Gedanken zur Bundeswehr der Zukunft“, das von der Ministerin und dem Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, verfasst wurde.

In dem Papier heißt es weiter, dass im April die Grundzüge für einen modernen und zeitgemäßen Heimatschutz präsentiert werden sollen. „Wir erlassen im Mai 2021 Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft und legen damit konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Streitkräfte hinsichtlich ihrer Fähigkeiten, Strukturen und Einsatzbereitschaft vor“, schreiben die beiden Autoren.

Kramp-Karrenbauer und Zorn stellen in der Denkschrift fest, dass die Bundeswehr trotz erheblicher Zuwächse im Verteidigungshaushalt in den vergangenen Jahren weiterhin unterfinanziert ist. „Für eine moderne, umfänglich einsatzbereite Bundeswehr benötigen wir daher einen weiter steigenden und verlässlich planbaren Verteidigungshaushalt.“ Stagniere oder sinke der Haushalt, besteht die Gefahr, dass der Grundbetrieb, d.h. die stetig steigenden fixen Ausgaben für Gehälter, Betrieb und Liegenschaften gerade jene Mittel aufzehren, die für Forschung, Entwicklung und Beschaffung der Fähigkeiten der Zukunft unentbehrlich seien.

Aufgrund der Finanzlage und des Modernisierungsbedarfs müssten stärker als bisher Prioritäten gesetzt werden.  „Wir werden deshalb stärker als in der Vergangenheit prüfen, welche Systeme und Technologien wünschenswert, aber nicht zwingend notwendig sind. Dafür werden wir konsequent – und gegebenenfalls auch auf Kosten bestehender Systeme – Innovationen in die Bundeswehr einführen.“

Die beiden Verfasser betonen, dass es umfassende Sicherheit nicht zum Spartarif gibt. „In diesem Zusammenhang weisen wir mit besonderem Nachdruck darauf hin, dass Verteidigung eine gesamtstaatliche Aufgabe ist, die sich nicht allein im Verteidigungshaushalt niederschlagen kann. Für die Finanzierung von politisch übergeordneten Großvorhaben, vor allem in der multinationalen Rüstungskooperation, steht die Bundesregierung gemeinschaftlich in der Verantwortung.“  In einer virtuellen Konferenz des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie hatte bereits der CSU-Verteidigungsexperte Reinhard Brandl gefordert, die Entwicklungskosten für das mit Frankreich und Spanien vereinbarte Future Combat Air System (FCAS) nicht nur aus dem Verteidigungshaushalt zu finanzieren, sondern auch Mittel aus anderen Bereichen des Bundeshaushalts zu verwenden.

In dem aktuellen Positionspapier wird überdies die Weiterentwicklung des Bundessicherheitsrats zu einem Nationalen Sicherheitsrat angeregt, der das Fachwissen der Ressorts zu Sicherheitspolitik aus einem Guss bündeln und strategische Instrumente koordinieren soll. Im Verteidigungsministerium könnte außerdem ein Bundesbeirat Sicherheit eingerichtet werden, der die Fachexpertise aus Wissenschaft, Forschung und Gesellschaft systematisch erfassen soll.

„Im Parlament regen wir die Idee einer Sicherheitswoche im Deutschen Bundestag an, so wie es heute dort bereits eine Haushaltswoche gibt, mit einem jährlichen Bericht der beteiligten Ministerien zur Bedrohungs- und Sicherheitslage“, heißt es in dem Papier weiter. Außerdem stellen die Ministerin und der Generalinspekteur ein Bundeswehrplanungsgesetz zur Diskussion, das die Finanzierung der Streitkräfte auf ein solides, mehrjähriges Fundament stellen soll, ohne die Finanzhoheit des Bundestages einzuschränken.

Die Autoren sind der Meinung, dass neben den Fähigkeiten und der Ausrüstung auch die Strukturen und die Führungsorganisation zügig der Lage angepasst werden müssen. Mit Blick auf die Landes- und Bündnisverteidigung habe jüngst die Unterstützung der Bundeswehr in der Corona-Pandemie deutlich die Schwachstellen im Hinblick auf territoriale Strukturen und Führungsprozesse aufgezeigt. Und so stellen sie sich auch die Frage: „Wie können wir die Truppe wieder stärken und der Stabslastigkeit der Bundeswehr entgegenwirken?“

Angedeutet werden in dem Papier mögliche Priorisierungen bei Beschaffunngen. Dabei werden eine umfassende moderne Luftverteidigung, der schnelle Transports leistungsfähiger Kräfte, intelligente Aufklärungssysteme in allen Dimensionen sowie eine durchgängige digitale Führungsbefähigung genannt.

„Wir werden noch mehr auf marktverfügbare Systeme setzen“, kündigen Kramp-Karrenbauer und Zorn an.  Zur Betrachtung gehöre selbstverständlich auch Aufbau und Struktur des Verteidigungsministeriums. Das gelte insbesondere im Hinblick auf möglichst klare und ungeteilte Verantwortung sowie strategische Planung und Controlling.

„Die Analyseergebnisse liegen auf dem Tisch. Es gilt jetzt, keine Zeit zu verlieren. Entscheidungen, die jetzt gefällt werden können, werden wir treffen. Noch nicht entscheidungsreife Fragen werden so vorbereitet, dass sie mit Beginn der neuen Legislaturperiode entschieden werden können“, heißt es abschließend in dem Papier. Offenbar will sich die Ministerin damit auch für eine mögliche zweite Amtszeit positionieren. Denn wie sie in einem Interview mit der FAZ deutlich macht, hat sie daran Interesse.
lah/12/10.2.2021

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