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Kampfpanzer der Zukunft – Leopard 3 im Anmarsch?

Waldemar Geiger

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Geschichte wiederholt sich bekanntlich nicht, aber aus der Geschichte kann man lernen. Dies im Hinterkopf ist es nur gut und zweckmäßig, dass die deutschen Streitkräfte mit der sogenannten Brückenlösung ein zukünftiges Kampfpanzersystem ins Auge fassen, welches die Zeit bis zur Einführung des aus dem deutsch-französischen Vorhaben Main Ground Combat System (MGCS) entwickelten Multiplattformsystems überbrücken soll.

Denn ein Blick in die Geschichte der Bundeswehr zeigt zwei Dinge: Zum einen waren deutsch-französische Kampfpanzerentwicklungsvorhaben in der Vergangenheit nicht von Erfolg gekrönt. Beide seinerzeit angegangenen Vorhaben – „Standardpanzer“ (Leopard 1) und das „Kampfpanzer 90“-Programm – sind gescheitert und mündeten schlussendlich in nationalen Lösungen. Zu unterschiedlich waren am Ende rüstungspolitische Vorstellungen und taktische Bedürfnisse der beiden Länder. Zum anderen sorgten Budgetnöte – insbesondere in den letzten Jahrzehnten – dafür, dass als Zwischenlösung in die Bundeswehr eingeführte Systeme über kurz oder lang zur „Dauerlösung“ wurden. Prominente Beispiele dafür sind die Phantom-Kampfflugzeuge oder der derzeit in Einführung befindliche Gefechtshelm der Bundeswehr.

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Nun muss sich, wie eingangs bereits gesagt, Geschichte nicht wiederholen und der dritte Anlauf einer gemeinsamen Panzerentwicklung könnte tatsächlich erfolgreich beendet werden. Allerdings nur dann, wenn aus der Historie der deutsch-französischen Panzerprojekte gelernt wird. Das große Problem ist nun, dass alle öffentlich und im Hintergrund zu vernehmenden Signale eher auf das Gegenteil hindeuten. Egal wen man in Politik, Streitkräften oder Beschaffungsorganisation befragt, man erhält im Grunde die gleiche Antwort: Bis auf die höchste politische Ebene wollte niemand das MGCS-Vorhaben vorantreiben. Und die höchste politische Ebene wohl nicht deswegen, weil man an den Erfolg des Vorhabens glaubt, sondern weil man Verstimmungen wegen des aktuell angespannten Verhältnisses zum westlichen Nachbar vermeiden will.

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So musste am Ende ein MoU für ein Vorhaben unterzeichnet werden, welches in seiner aktuellen Ausprägung – insbesondere in der Säule Bewaffnung – sowohl aus kaufmännischer als auch ingenieurtechnischer Sicht äußerst fragwürdig ist. Beide Länder konnten sich offensichtlich nicht darauf einigen, ob die zukünftige Hauptbewaffnung der MGCS-Kanonenplattform in Form einer 130mm- oder 140mm-Panzerkanone realisiert werden soll. Während Frankreich die von KNDS France konzipierte 140mm-Variante durchdrücken will, besteht die deutsche Seite auf der Überlegenheit der von Rheinmetall entwickelten 130mm-Panzerkanone. Da die Einigung politisch gewollt war, wurde ein Kompromiss formuliert, der besagt, dass beide Varianten der Bewaffnung fertigentwickelt werden und im Anschluss gegeneinander getestet werden sollen, bevor eine Entscheidung gefällt wird. Ein eindeutiger Beleg dafür, dass eine Entscheidung im hier und jetzt gescheut und auf die Zukunft vertagt wurde. Verbunden damit sind doppelte Entwicklungskosten und eine Hintertür für beide Länder, aus dem Programm auszusteigen und die eigenen rüstungspolitischen Vorstellungen weiter vorantreiben zu können.

Welches Konzept schlussendlich das überlegene ist bzw. zum Erfolg entwickelt werden kann, ist nur schwer prognostizierbar. Der Blick in die Geschichte zeigt jedoch, dass Rheinmetall im Gegensatz zu KNDS France in der Lage war, eine Panzerkanone zu entwickeln, die direkt oder als Lizenzprodukt praktisch in allen modernen westlichen Kampfpanzern – bis auf Frankreich – zum Einsatz kommt bzw. in Kürze kommen wird. Zudem hatte Rheinmetall mit der Entwicklung der sogenannten „Neue Panzerkanone 140“ erste Erfahrungen mit einer 140mm-Kanone sammeln können, sich aber schlussendlich doch für die Entwicklung einer 130mm-Waffenanale entschieden.

Klar erscheint hingegen der Grund für die nationale Beharrlichkeit bei der Kanonenentwicklung: Die zukünftige Kanone hat das Potenzial, den Standard für die zukünftige NATO-Panzermunition zu setzen. Und ähnlich wie bei dem Geschäft mit den Druckern, wird der größte Teil der Marge nicht bei dem einmalig gekauften Drucker, sondern bei den sich ständig verbrauchenden Druckerpatronen erzielt.

Unterm Strich bleibt bei vielen Beobachtern und Insidern des MGCS-Rüstungsvorhabens ein fader Beigeschmack und das Gefühl, dass die Komplexität des Vorhabens schon ohne die unterschiedlichen nationalen Ansichten sowie die mit Regierungswechseln verbundenen politischen Risiken ausreichend groß erscheint, um den Erfolg des Projekts zu gefährden. So würde es niemanden überraschen, wenn sich Deutschland und/oder Frankreich in wenigen Jahren dazu entschließen würden, doch wieder getrennte Wege zu gehen.

Aus der Vergangenheit lernend und die Zukunft fest im Blick erscheint es daher überaus zweckmäßig, dass die Bundeswehr ab 2030 mit einer Brückenlösung eine überaus potente Alternative im Köcher hat. Sollte die Entwicklung der „Zukunft der Panzer“ – wie der französische Verteidigungsminister das MGCS-Projekt in einem Doppelinterview mit dem deutschen Verteidigungsminister bezeichnete – doch aus irgendwelchen Gründen nicht zum Erfolg gebracht werden können, hätten die gepanzerten Truppen des Heeres so weiterhin einen durchsetzungsfähigen Kampfpanzer zur Verfügung.

Offen ist, ob es sich bei der sogenannten Brückenlösung um einen Leopard 2 AX oder einen Leopard 3 handeln wird. Die Entscheidung darüber wird wohl erst nach dem Abschluss der in Vorbereitung befindlichen F&T-Studien getroffen werden können, in deren Rahmen unter anderem auch die 130mm-Kanone von Rheinmetall fertigentwickelt werden soll.

Kenner der Panzerentwicklung sind sich sicher, dass eine Einrüstung einer neuen Panzerkanone in den „Brückenpanzer“, verbunden mit dem Einbau eines Ladeautomaten, automatisch größere Veränderungen bei Turm und Wanne nach sich ziehen würde. Sollten gar alle Erkenntnisse aus den geplanten F&T-Projekten implementiert werden, würde der daraus resultierende Brücken-Kampfpanzer vermutlich ein grundlegend neuer Kampfpanzer werden, der mit dem Leopard 2 weniger Gemeinsamkeiten aufweist hat als Unterschiede.

Einen solchen Kampfpanzer dann noch Leopard 2 A9, A10, oder Leopard 2+ zu nennen, wäre dann genauso konsequent, als hätte man zur Einführung des Leopard 2 diesem den Namen Leopard 1+ verpasst. So etwas würde, wenn überhaupt, dann aus politischen Gründen geschehen. Faktisch wäre ein solcher Kampfpanzer ein Leopard 3, wenn man denn die eingeschlagene Raubkatzenbenennung weiterführen will.

Waldemar Geiger