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Durchfahrt für deutsche Kriegsschiffe zu gefährlich – Bankrotterklärung des Westens im Roten Meer

Waldemar Geiger

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Die Entscheidung, die am Indo-Pacific Deployment 2024 beteiligte Fregatte „Baden-Württemberg“ und den Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ wegen der Raketenbedrohung durch die Huthi-Milizen nicht durch das Rote Meer heimkehren zu lassen, sorgte prompt für hitzige Diskussionen und Kritik an der Einsatzfähigkeit der Marine sowie den militärischen Fähigkeiten der Fregattenklasse F125. Manch einer spricht gar von Peinlichkeit der Entscheidung, welche im Übrigen nicht nur im Inland vernommen wurde.

Doch die Kritik an die falsche Adresse gerichtet. Ja, die F125 ist ein Kriegsschiff mit begrenzten Luftverteidigungsfähigkeiten, ja, die Entscheidung, das Rote Meer zu umfahren, sendet ein fatales Signal über die sicherheitspolitische „Machtlosigkeit“ in der Region. Allerdings hat niemand vom heimischen Sofa aus den notwendigen Einblick in die Umstände, die zu dieser Entscheidung geführt haben, die zudem sicher nicht ohne sorgfältige Abwägung getroffen wurde.

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Das eigentliche Kernproblem ist ein anderes. Obwohl Europa und damit auch Deutschland auf sichere und freie Handelswege angewiesen ist, um den Wohlstand und damit auch den sozialen Frieden zu sichern, ist es in der aktuellen sicherheitspolitischen Weltlage weder den europäischen Nationen noch den USA gelungen, die Lage vor Ort politisch zu befrieden oder militärisch unter Kontrolle zu bringen – weder durch Aufbauen eines permanenten und ausreichend großen Schutzschirmes noch durch Zerstörung der Huthi-Raketenbedrohung.

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Die Raketen- und Drohnenangriffe der Huthis führen seit etwa einem Jahr dazu, dass die Durchfahrt durch das Rote Meer praktisch nur noch mit starkem Geleitschutz durch auf Flugabwehr spezialisierte Kriegsschiffe möglich ist. Das große Problem ist, dass es zu wenige dieser Schiffe und die für ihren Einsatz notwendige Munition gibt. Die Folge ist, dass viele Handelsschiffe die Region weiträumig umfahren, was den Schiffsgüterverkehr verlängert und verteuert. Da heute große Warenmengen per Schiff von Asien nach Europa und in umgekehrter Richtung transportiert werden, steigen die Transportkosten, was sich wiederum in höheren Preisen niederschlägt. Diese Teuerung trägt zur aktuellen Rezession in Deutschland bei.

Wie wenig diese komplexen Zusammenhänge verstanden oder ernst genommen werden, zeigt die Diskussion um die Verteidigungsausgaben der nächsten Jahre. Während die Bundeswehr nicht über ausreichende Mittel für Personal, Munition und Waffensysteme verfügt, werden dem Verteidigungsminister weiterhin die notwendigen Haushaltsmittel und die politische Rückendeckung für verteidigungspolitisch notwendige Entscheidungen – Stichwort: künftige Wehrpflicht – verweigert, um die Ertüchtigung der Bundeswehr in einem Tempo voranzutreiben, das dem Ernst der weltpolitischen Sicherheitslage angemessen ist. Zu wenige Entscheidungsträger haben offenbar die Weitsicht zu erkennen, dass das Rote Meer nur eines von vielen „Nadelöhren“ des Welthandels ist und der „Erfolg“ der Huthis auch in anderen Regionen der Welt Schule machen könnte. Es ist auch müßig, darüber zu diskutieren, welche Ursachen für die regionalen Konflikte verantwortlich sind oder welche politischen Versäumnisse in der Vergangenheit den Grundstein für die heutige Situation gelegt haben. Die Situation ist heute so, wie sie ist, und damit sie morgen nicht schlechter, sondern besser wird, müssen die Ärmel hochgekrempelt und so schnell wie möglich gehandelt werden. Europa muss sich schneller zu einem sicherheitspolitisch relevanten Akteur mit entsprechender militärischer Schlagkraft entwickeln, wozu auch Deutschland als wirtschaftsstärkstes Land Europas einen wichtigen Beitrag leisten muss.

Dieser Rolle werden wir derzeit nicht gerecht, wir handeln zu langsam und tun zu wenig. Die aktuelle Situation im Roten Meer, in der selbst das Risiko für Kriegsschiffe als zu hoch eingeschätzt wird, ist eine Bankrotterklärung westlicher Stärke und Willenskraft und der beste Beweis für unzureichendes Handeln.

Waldemar Geiger