Anzeige

Drohnen ohne Abwehr gegen klassische Luftverteidigung

In den vergangenen Monaten sind sowohl amerikanische als auch eine italienische Drohne bei Einsätzen in Nordafrika und dem Nahen Osten abgestürzt. Obwohl es sich in den meisten Fällen um Abschüsse gehandelt haben dürfte,  ist der Ursache eines Verlustes aufgrund der mitunter verworrenen Informationslage nicht immer eindeutig zuzuordnen.  Eines machen die Havarien jedoch deutlich: Aufklärungsdrohnen der Klasse Medium Altitude Long Endurance (MALE) sind zwar optimiert für Aufklärungs- und Kampfeinsätze  in asymmetrischen Konflikten, in denen der Gegner über keine effektive Luftverteidigung verfügt. In Einsätzen gegen gleichrangige Opponenten und solche mit einer auf Lenkflugkörpern basierenden Luftabwehr gelangen UAVs schnell an ihre Grenzen und können erfolgreich bekämpft werden.

So war am 21.  November  eine unbewaffnete Militärdrohne des US Africa Command in Libyen abgestürzt. Presseberichten zufolge war das Luftfahrzeug versehentlich von eigentlich mit den Vereinigten Staaten verbündeten Kräften in der Nähe von Tripolis abgeschossen worden. Das US Africa Command teilte zunächst lediglich mit, dass der Vorgang untersucht werde. In einem Artikel des Nachrichtenmagazins Reuters heißt es allerdings, die Militärs gingen mittlerweile davon aus, dass die  Drohne mittels russischer Luftabwehrsysteme abgeschossen wurde.

Das unbemannte Flugzeug war offenbar zur Unterstützung der Libyan National Army (LNA) von General Khalifa Haftar  auf einem Aufklärungsflug.  Die LNA wird den Berichten zufolge von Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt, während die in Tripolis verschanzten Milizen, gegen die Haftar kämpft, Hilfe aus der Türkei und Katar erhalten sollen. Beide Seiten führten im November Berichten zufolge Abnutzungsgefechte im Artillerie und Drohnen-Angriffen.

Dem Reuters-Bericht zufolge kämpfen russische Milizionäre auf Seiten von General Haftar. Entweder diese oder die eigenen Truppen des Generals könnten demnach die Drohne  unter Nutzung russischer Technik abgeschossen haben. Offenbar wurde die Drohne für ein türkisches Unmannend Aerial Vehicle (UAV) gehalten. Laut Reuters gehen auch die Amerikaner von einem Versehen aus und fordern das Wrack der Drohne zurück.

Die LNA hatte überdies einen Tag zuvor, am 20. November,  allem Anschein nach eine italienische Drohne des Typs MQ-9A Predator-B im Südosten von Tripolis abgeschossen. Das Flugzeug befand sich nach Angaben des italienischen Militärs auf einen Aufklärungsflug im Rahmen der “Operazione Mare Sicuro”, unter anderem  zur Bekämpfung illegaler Immigration. Womit das Luftfahrzeug zum Absturz gebracht wurde geht aus dem Bericht nicht hervor.

Zunächst kursierten Gerüchte, wonach die US- und die italienische Drohne durch Jamming zum Absturz gebracht wurden, weil damit die Steuersignale an die Drohne unterbrochen würden. Nach Aussage eines Drohnen-Kenners ist es in der Regel jedoch nicht möglich, eine Drohne durch Jammen zum Absturz zu  bringen. Sollte die Basisstation den Funkkontakt zum UAV verlieren, fliege diese automatisch in größere  Höhe, um den Kontakt wieder aufzubauen. Normalerweise erfolgt die Verbindung mit dem Flugzeug über einen Satelliten-Link.

Auch das so genannte Spoofen, also das Täuschen des Navigationssystems der Drohne, funktioniere nur begrenzt, so der Experte. Denn das Team am Boden könne neben GPS-Signalen noch weitere Systeme nur Lokalisierung des eingesetzten Luftfahrzeuges nutzen. Demnach gibt es für den Absturz von MALE-Drohnen nur zwei Szenarien: Den Abschuss oder technische Gründe – etwa wenn der Treibstoff zur Neige geht.

Während bei den Abstürzen im November unklar bleibt, welche  Waffen eingesetzt wurden, ist dies in einem andern Fall dokumentiert:  Am 6. Juni war eine amerikanische MQ-9 über dem Jemen von einer SA-6 Rakete zum Absturz gebracht worden. Der Flugkörper wurde nach Einschätzung des US-Militärs von den mit Iran verbündeten Houthi-Rebellen abgefeuert. Die Höhe des Einsatzes deute auf eine Verbesserung der von den Houthi bislang gezeigten Fähigkeiten hin, schreiben die US-Streitkräfte in einer Mitteilung.  Bemerkenswert ist dabei, dass es sich bei dem eingesetzten Flugkörper um ein Produkt aus den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts handelt.

Nach Einschätzung der US-Militärs handelte es sich bei einem ähnlichen Vorfall am 13. Juni über dem Golf von Oman bei dem verwendeten Flugkörper um eine vom Iran modifizierte SA-7. In diesem Fall sei der Waffeneinsatz allerdings unwirksam gegen eine MQ-9 gewesen. Der Flugkörper habe sich nicht mehr als einen Kilometer der Drohne nähern können.

Am 20. Juni hatten dagegen die iranischen Revolutionsgarden nach eigenen Angaben mehr Erfolg und schossen eine große US-Aufklärungsdrohne vom Typ RQ-4A Global Hawk über der Straße von Hormus ab. Während nach US-Angaben der Vorfall im internationalen Luftraum erfolgte, sah der Iran seinen Luftraum durch das Flugzeug verletzt. Die USA bereiteten in der Folge einen Vergeltungsschlag vor, den Präsident Donald Trump dann in letzter Minute verhinderte.

Presseberichte variieren, wenn es um die  Waffe geht, mit der die  Global Hawk im Wert von über 200 Mio USD abgeschossen wurde. Je nach Quelle heißt es eine Lenkwaffe des Typs SA-17, S-125 oder die iranische Variante Raad des russischen Systems BUK M3 sei verwendet worden. Beachtenswert bei dem Abschuss ist, dass die Global Hawk speziell für Operationen in großen Höhen konzipiert wurde. So soll die typische Einsatzhöhe bei etwa 18 Kilometern liegen – deutlich oberhalb des zivil genutzten Luftraums und der Einsatzhöhe von MALE-Drohnen.

Wie aus US-Medienberichten hervorgeht, überlegt das Pentagon die Global-Hawk-Flotte der US-Luftwaffe zu zwei Dritteln aus dem Verkehr zu ziehen. Das  wären womöglich 21 von insgesamt 35 RQ-4. Die Maßnahme wird als Wechsel der Strategie vom Anti-Terror-Krieg zur Abwehr der Bedrohung durch Großmächte wie Russland oder China gesehen. Die Herausforderung des US-Verteidigungsministeriums sei es dabei, Systeme zu entwickeln, die chinesische oder russische Luftverteidigungssysteme überwinden können. Medienberichten zufolge hat der US-Konzern Northrop-Grumman bereits eine große Aufklärungsdrohne mit Stealth-Fähigkeiten zur operationellen Reife gebracht. Diese wäre als Ersatz denkbar.

Das Geld für die neue Technik soll durch Einsparungen bei Altsystemen wie dem Global Hawk kommen. Gerade dieses unbemannte Luftfahrzeug sei aufgrund der kleinen Flotte teuer in der Unterhaltung, verwundbar für die gegnerische Luftverteidigung, aufgrund seiner Größe leicht zu entdecken und verfüge über keinerlei Selbstschutzsysteme.

Vor allem die letzten drei Punkte dürften auch für kleinere Drohnen gelten. Aufgrund ihres Antriebskonzeptes sind sie nicht schnell und wendig genug, um Angriffen auszuweichen. Da sie über keine Selbstschutzsysteme – etwa zur Raketenabwehr verfügen,  ist die bevorzugte Methode sich zu schützen das Fliegen in großen Höhen. Was aber offenbar an seine Grenzen kommt, wie das Beispiel Iran zeigt.

Die Bundeswehr, die in Afghanistan und Mali israelische Drohnen des Typs Heron einsetzt, scheint im Augenblick nicht mit Lenkwaffen konfrontiert zu sein. Nach Aussage eines Sprechers der Einsatzführungskommandos in Potsdam besteht in beiden Ländern eine Bedrohung für zivile und militärische Luftfahrzeuge. Das potenzielle Bedrohungsspektrum reiche dabei von Handfeuerwaffen bis hin zu Flugabwehrkanonen. Langsam fliegende Luftfahrzeuge, darunter auch kleinere UAV,  in niedrigen Höhen seien einer größeren Bedrohung ausgesetzt als hoch und schnell fliegende Luftfahrzeuge. Besonders gefährdet und angreifbar seien sie in den An- und Abflugphasen.
lah/29.12.2019

.i.td-icon-menu-up { display: none; }