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Deutsche Marine setzt auf unbemannte Systeme

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Die Deutsche Marine will vor dem Hintergrund des Ausbaus der russischen Seekriegsmittel ihre Fähigkeiten in den kommenden Jahren durch die Nutzung unbemannter Systeme erweitern. So sollen in diesem Jahr Typ-Vertreter eines „Future Combat Surface Systems“ (FCSS) erprobt werden, wie der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack, heute bei den Navy Talks vor Journalisten Berlin sagte. Seinen Worten zufolge wird damit der Einstieg in ein innovatives System der Überwasser-Seekriegführung vorbereitet. Es handele sich um schwarmfähige, vernetzte und letale Systeme.

Die Tests sollen im Rahmen der diesjährigen Operation Experimentation (OPEX) in Eckernförde erfolgen. Es sei seine  Absicht, noch bis 2029 Effekte erzielen zu können, „also auch letal wirken zu können“, so Kaack. Der Admiral bezieht sich dabei auf die jüngsten Prognosen von Experten und Geheimdiensten, wonach Russland im Jahr 2029 wieder in der Lage sein könnte, einen Konflikt mit der NATO zu suchen. Weitere Details zu den FCSS nannte Kaack nicht. Beobachter gehen allerdings davon aus, dass die „Seedrohnen“ eines FCSS auch mit Wirkmitteln ausgestattet werden sollen. Da von der Bestellung bis zur Auslieferung von großen Marineschiffe viele Jahre vergehen, setzt die Marine offenbar darauf, kurzfristig kleine unbemannte Boote zu beschaffen, um die eigene Abschreckungsfähigkeit zu erhöhen.

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Der Inspekteur ist der Überzeugung, dass für eine Übergangszeit von 20 bis 30 Jahren in den Weiten des Nordatlantiks weiterhin große Einheiten benötigt werden, die – hoch geschützt – U-Boote jagen und damit einer strategischen Bedrohung begegnen und diese im Idealfall ausschalten können. Solche Schiffe dienen seinen Worten zufolge auch dazu, die Seewege freizuhalten, damit die Drehscheibe Deutschland überhaupt funktionieren kann.

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Je näher die Marine aber an die Küste und in die Reichweite von Wirkmitteln operiere, desto wichtiger werden laut Kaack unbemannte Systeme. „Und genau das ist der Ansatz mit dem Future Combat Surface System, einem Gesamtsystem aus vielen, vielen Subsystemen, die im besten Fall schwarmfähig und eigenständig agieren können oder gesteuert von einer bemannten Einheit oder von Land.“

Positive Erfahrungen mit unbemannten Wasserfahrzeugen hat die Marine bereits durch Versuche mit der Unterwasser-Drohne BlueWhale im vergangenen November gemacht. Das genutzte System wurde im Rahmen einer Kooperation der israelischen Firma IAI mit der deutschen Atlas Elektronik der Marine zur Verfügung gestellt. Die Testkampagne sei erfolgreich verlaufen, sagte Kaack, „sie hat unsere Erwartungen übererfüllt“. Für den Marineoffizier ist das System „erste Wahl“, weil es schnell in den Einsatz gebracht werden könnte. „Und mit zwei bis drei von diesen Modellen könnte ich bei Fehmarn alles dicht machen.“ Man versuche gegenwärtig, den BlueWhale einzuführen. „Vielleicht erstmal in einer kleinen Stückzahl, bevor wir in eine große Prozessbetrachtung von Beschaffung einsteigen.“

Der Vizeadmiral beklagt, dass aufgrund der bestehenden Prozesse innovative Produkte und Ideen nach erfolgreicher Prüfung oftmals im sogenannten „Tal des Todes“ sterben. Deshalb wünscht er sich mehr Eigenverantwortung für seine Teilstreitkraft, die auch finanziell hinterlegt sein müsse. Als Beispiel für einen solchen Ansatz sieht er seinen französischen Kollegen, der 30 Unternehmen zu einer Testphase einladen könne, danach eine Entscheidung fälle, und vier Wochen später sei das Material verfügbar.

Kaack bestätigte bei den Navy Talks überdies, dass es Sabotageverssuche gegeben hat, um deutsche Kriegsschiffe zu beschädigen. Auf Details ging er nicht ein. Medien hatten darüber berichtet, dass offenbar Eisenspäne in den Antrieb der Korvette Emden geschüttet worden waren. Dieser Sabotageakt war jedoch entdeckt worden. Das Schiff befindet sich noch im Besitz der Bauwerft und wurde noch nicht an die Bundeswehr übergeben. 

Überdies gebe es Versuche, von Land und von See in Marinestützpunkte einzudringen sowie Anbahnungsversuche bei Soldaten in Uniform auf dem Weg nach Hause, sagte Kaack. Nach Einschätzung der Marine handelt es sich um Tests, um womöglich die Grundlage für spätere militärische Aktivitäten zu schaffen.
lah