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Beschluss zur Beschaffung von Tandem X verschoben

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat die Entscheidung zum Kauf von Satellitendaten und zugehöriger Software durch das Verteidigungsministerium im Rahmen des Projektes „Tandem X“ auf den Dezember verschoben. Das Rüstungsvorhaben mit einem Volumen von rund 360 Mio EUR soll neben der Bundeswehr auch rund 35 Partnerländern zu Gute kommen und militärisch wertvolle Geodaten liefern.

Tandem X steht für ein Modell, das die Oberflächenstruktur der gesamten Erde mit einer Höhen-Genauigkeit von zwei Metern dreidimensional abbilden kann. Dazu haben zwei vom Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) betriebene Satelliten – im Parallelflug mit einem Abstand von nur 200 Metern – mittels eines Synthetic Aperture Radars (SAR) seit 2010 die Erdoberfläche vermessen. Die daraus gewonnenen Informationen werden vom Militär etwa für den Einsatz von Spezialkräften, den gezielten Abwurf von Bomben sowie die Aufklärung benötigt. Nach Einschätzung von Experten handelt es sich um das weltweit modernste System dieser Art.

Das Verteidigungsministerium will nun die Rohdaten und die Verarbeitungssoftware von der Firma Airbus  Defence and Space, die das Vorhaben zusammen mit dem DLR umgesetzt hat und die Vermarktungsrechte besitzt, für 359 Mio EUR kaufen. Dazu sollte eigentlich am Donnerstag der Haushaltsausschuss grünes Licht geben, was er jedoch verweigert hat. Stattdessen soll das Vorhaben noch einmal im Dezember erneut behandelt werden. Gut informierte Kreise erwarten jedoch, dass der Kauf im kommenden Monat genehmigt wird. Darauf habe sich die Koalition geeinigt.

Rohdaten kostenlos für Partnerländer

Den Quellen zufolge sollen neben Deutschland in Zukunft rund 35 weitere Staaten – darunter fast alle NATO-Partner – Tandem X nutzen können. Das Verteidigungsministerium stellt die Rohdaten und die Bearbeitungssoftware diesen Ländern unentgeltlich zur Verfügung. Diese verpflichten sich im Gegenzug dazu, für die ihnen zugewiesene Gebiete der Erdoberfläche die Daten zu bearbeiten, was offenbar einen gewissen manuellen Aufwand erfordert. Die so gewonnenen Ergebnisse sollen dann zu einer großen 3D-Karte zusammengefügt werden. Quellen zufolge zählen zu den Nutzerstaaten Israel, Thailand, Australien aber auch arabische Staaten.

Druck kommt aus den USA

Das Bestreben des Verteidigungsministeriums das Projekt noch in diesem Jahr durchs Parlament zu bringen, liegt nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ am Druck aus den USA. Denn laut Spiegel macht Washington Tandem X seit dem vergangenen Jahr zur Voraussetzung dafür, dass die Deutschen weiterhin eine vierstellige Zahl hochauflösender Satellitenbilder der „National Geospatial-Intelligence Agency“ (NGA) – dem US-Geheimdienst für geografische Aufklärung – pro Tag anfordern können. In der Vergangenheit sei Deutschland immer wieder auf diese NGA-Bilder angewiesen gewesen. Nur wenn Berlin dem Pentagon die Tandem-X-Daten „mehr oder weniger“ kostenlos zur Verfügung stelle, seien weiter NGA-Bilder verfügbar, heißt es in dem Artikel. Nach Angaben aus gut informierten Quellen steuern die USA jedoch bestimmte Daten und Software bei.

Zweimal für Daten zahlen

Die Grünen im Bundestag kritisieren an dem Projekt unter anderem, dass der Bund zweimal für die Daten zahlen muss. Denn das Bundeswirtschaftsministerium hatte für das ursprünglich zivil ausgerichtete Satellitenvorhaben offenbar bereits mehrere Hundert Millionen Euro beigesteuert, ein kleinerer Betrag kam vom Airbus-Vorgänger EADS. Allerdings war in den damaligen Verträgen den Vernehmen nach eine Weitergabe der Informationen für militärische Zwecke ins Ausland nicht vorgesehen.

Diesen Schwachpunkt in den Abmachungen lässt sich Airbus jetzt großzügig vergüten: So muss der Bund allein 327 Mio EUR für die Lizenzen zahlen, mit denen die beteiligten Staaten Tandem X nutzen können. Die Bundeswehr selbst erhält demnach einen 100-Prozent-Rabatt. Für die Software-Lizenzen zur Bearbeitung und für den Betrieb soll der Rest der 359 Mio EUR verwendet werden. Sollte der Vertrag im kommenden Monat den Ausschuss passieren, wird noch diesem Jahr eine hohe dreistellige Zahlung an Airbus erfolgen.
lah/12/6.11.2015

Eine englische Version des Artikels ist am 6.11.2015 auf www.defensenews.com erschienen

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