1,2 Millionen Drohnen – ukrainisches Verteidigungsministerium gibt Anzahl und Kategorie ausgelieferter Drohnen bekannt

Kristóf Nagy

Anzeige

Das ukrainische Verteidigungsministerium hat über seine Social-Media-Kanäle die Anzahl und Aufschlüsselung nach Funktionen der im Jahr 2024 ausgelieferten unbemannten Luftfahrzeuge (UAS) bekannt gegeben. In den ersten elf Monaten des Jahres sind demnach 1,2 Millionen Drohnen an die Truppe übergeben worden. Zudem kündigte das Ministerium an, dass noch dieses Jahr weitere 100.000 Drohnen zur Auslieferung kommen sollen.

Das ukrainische Verteidigungsministerium gab auch an, in welcher Aufteilung die UAS ausgeliefert wurden. Demnach machten Einweg-FPV-Drohnen mit einer Wirkmittelladung zur Bekämpfung von unterschiedlichsten Zielen mit 1,1 Millionen Stück den Löwenanteil aus. Diese kompakten und günstigen Systeme werden von beiden Parteien teilweise bis zu mehreren Kilometer hinter der Front eingesetzt.

Anzeige

In den letzten Monaten haben FPV-Drohnen zahllose Kampfpanzer, Transportfahrzeuge, Stellungen und sogar Einzelschützen bekämpft. Es ist jedoch bekannt geworden, dass insbesondere durch elektronische Gegenmaßnahmen und die Bekämpfung im Nächstbereich durch Schrotflinten viele FPV-Drohnen nie ihre Ziele erreichen. Beobachter des Konfliktes gehen davon aus, dass teilweise zehn und mehr von den kompakten UAS eingesetzt werden müssen, um ein Ziel zu treffen. Spätestens seit der ukrainischen Offensive im Raum Kursk ist bekannt, dass FPV-Drohnen auch gegen hochwertige Aufklärungs-UAS eingesetzt werden. Zudem hat in den letzten Monaten die Nutzung von FPV-Drohnen mit einer Steuerung über Lichtwellenleitern zugenommen. Diese Ausführung benötigt keine Funkverbindung für die Telemetrieübertragung und ist daher immun gegenüber elektronische Störsystemen.

Anzeige

Die enorme Anzahl an FPV-Drohnen wird in der Ukraine durch zahlreiche, große Teile der Gesellschaft mobilisierende Initiativen, sowie Unternehmen unterschiedlichster Größe produziert. So hat etwa das Onlinebildungsportal Prometheus für jedermann zugängliche Lehrmodule entwickelt, die Grundlagen zur heimischen Montage von FPV-Drohnen aus vordefinierten Komponenten vermittelt. Der Autor dieses Beitrags hat an solch einer Ausbildungsmaßnahme teilgenommen und sich aus erster Hand von der Effizienz der Schulung überzeugt. Nach entsprechender Qualifikation können die selbst gefertigten UAS an zentralen Sammelstellen abgegeben werden, wo sie einer Qualitätskontrolle unterzogen und zum Einrüsten der Wirkmittel an die Truppe übergeben werden.

Auch die restlichen, quantitativ deutlich geringer vertretenen, jedoch nicht weniger relevanten System werden vom ukrainischen Verteidigungsministerium aufgeschlüsselt. So erhielt die Truppe innerhalb der erstem elf Monate etwa 40.000 Multicopter-Kleinstdrohnen (sUAS) für Aufklärungs- und Feuerleitzwecke. Von diesen waren 12.000 mit Nachtsichtkameras ausgestattet. Zudem liefen 5.000 Flächendrohnen, welche ebenfalls für die Aufklärung genutzt werden, zu. Diese stammen zu einem großen Teil aus einheimischer Fertigung, wobei darunter auch die von der Bundesregierung gelieferten, beziehungsweise in der Ukraine montierten Systeme des deutschen Herstellers Quantum System zu finden sind.

Die aufgeführten 6.000 „One Way Attack“-UAS werden ebenfalls zumeist in der Ukraine gebaut. Bei diesen vergleichsweise großen und dennoch günstigen Flächendrohnen mit Gefechtskopf handelt es sich um die Systeme, welche seit geraumer Zeit strategische Ziele wie Ölraffinerien, Munitionsdepots und Luftwaffenbasen tief im russischen Hinterland angreifen. Als letzten Posten beinhaltet die Auflistung die wiederverwendbaren FPV-Systeme, welche Abwurflasten ins Ziel bringen und im Anschluss idealerweise wieder zur eigenen Bodenstation zurückkehren, um erneut eingestellt zu werden.

Bei der Zusammenstellung der ukrainischen Streitkräfte über die Drohnenlieferungen handelt es sich um die öffentliche Publikation einer Kriegspartei mit all den potenziell möglichen Unschärfen und Verschleierung, welche in so einem Fall nachzuvollziehen sind. Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, dass die Mengenverteilung nah an der tatsächlichen Auslieferung an die Streitkräfte liegt. Somit bietet sie für Analysten einen interessanten empirischen Wert für weitergehende Betrachtungen.

Kristóf Nagy