Precision Strike Missile – Einführung zukünftiger Langstreckenartillerierakete der U.S. Army nimmt nächste Hürde

Waldemar Geiger

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Erstmalig wurde seitens der U.S. Army ein Schießvorhaben mit der zukünftigen Langstreckenartillerierakete Precision Strike Missile (PrSM) durchgeführt, wobei ausschließlich Angehörige der Truppe involviert waren. Wie der US-Rüstungskonzern und PrSM-Hersteller Lockheed Martin in einer am 11. Dezember 2024 veröffentlichten Pressemitteilung schreibt, wurden im Rahmen eines jüngst durchgeführten „Limited User Test“ zwei PrSM-Raketen von einem Raketenartilleriesystem HIMARS erfolgreich auf ein weit entfernt liegendes Ziel abgefeuert und so die Einsatzbereitschaft des Systems unter Beweis gestellt.

Bei dem Schießvorhaben handelt es sich großer Wahrscheinlichkeit nach um ein Schießen am 18. November 2024 auf dem Raketentestgelände der US-Streitkräfte „White Sands Missile Range“, bei dem nach Angaben der U.S. Army zwei PrSM-Raketen (Increment 1) verschossen wurden. Vorläufige Ergebnisse des Tests haben nach Angaben des US-Heeres gezeigt, dass die PrSM-Inc1-Raketen in allen Testkriterien, einschließlich der vorhergesagten Flugbahn, Reichweite, Wirkung, Einschlagswinkel und Gefechtskopfleistung, wie gewünscht funktioniert haben.

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Der erfolgte Langstreckentest stellt Angaben von Lockheed Martin einen wichtigen Meilenstein für das PrSM-Programm dar, das nach Ansicht des Unternehmens zu den wichtigsten Modernisierungsvorhaben des US-Heeres gehört.

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Die Langstreckenartillerierakete hatte erst am 16. Juni 2024 nachgewiesen, dass sie neben der Bekämpfung von statischen Zielen auch sich bewegende Ziele treffen kann, hartpunkt berichtete. Im Rahmen der SINKEX „Valiant Shield 24“ war es Kräften der 3d Multi-Domain Task Force sowie des 181. Artillery Regiment der Tennessee National Guard gelungen, über die Distanz von mehreren hundert Meilen ein fahrendes Schiff mit PrSM-Artillerieraketen zu versenken. Bei diesem Schießvorhaben wurde die Truppe aber offenbar durch externes Personal unterstützt.

Die Precision Strike Missile ist ein zukünftiges Wirkmittel der US-Raketenartillerieverbände. Die Rakete soll die MGM-140 Army Tactical Missile System (ATACMS) ersetzen und eine wichtige Rolle in der zukünftigen Deep-Strike-Fähigkeit der U.S. Army einnehmen. Bei einer Länge von 4 m hat die PrSM mit einem Durchmesser von 430 mm nur etwa die Hälfte des Durchmessers einer ATACMS-Rakete, sodass ein HIMARS oder M270A2-MLRS-Trägerfahrzeug die doppelte Anzahl an Flugkörpern mitführen kann. Sie soll nach Erreichen der Anfangsbefähigung vornehmlich gegen statische Landziele – etwa feindliche Truppenkonzentrationen, Flugfelder und logistische Einrichtungen – eingesetzt werden.

Die U.S. Army hat Ende 2023 die ersten PrSM (Increment 1) erhalten. Öffentlich zugänglichen Informationen zufolge (Haushaltsvorschlag der US-Regierung für das Fiskaljahr 2025) haben die US-Streitkräfte im Haushaltsjahr 2023 insgesamt 42 PrSM (Increment 1) für den Preis von 162,9 Millionen US-Dollar beschafft. 2024 will man 110 weitere Increment-1-Raketen für insgesamt 384,1 Millionen US-Dollar kaufen. Im Folgejahr wurde ein Budget in Höhe von 492,6 Millionen US-Dollar für 230 Raketen, ebenfalls Increment 1, beantragt.

Komponentenaufbau einer Precision Strike Missile. (Bild: Lockheed Martin)

Parallel soll die Waffe in mehreren Schritten – sogenannten Increments – weiterentwickelt werden. Sowohl der Suchkopf, die Wirkleistung als auch Reichweite sollen dabei sukzessive verbessert werden. Daneben soll die PrSM neben der Bekämpfung von statischen Bodenzielen auch zur Bekämpfung von beweglichen Zielen wie beispielsweise Schiffen befähigt werden.

  • Die Raketen des Increment 1 verfügen über eine Trägheitsnavigation sowie ein gegen Störmaßnahmen gehärtetes GPS-Navigationssystem. Die Reichweite soll dem Vernehmen nach bei rund 60 bis 500 Kilometern liegen. Die ballistisch wirkende Rakete soll in der Lage sein, im Zielanflug Hyperschallgeschwindigkeiten zu erreichen.
  • Im Zuge des Increment 2 planen die US-Streitkräfte die PrSM mit einem mit einem passiven RF-Zielsucher sowie Infrarotzielsucher auszustatten. Dieses Multimodus-Zielsuchsystem würde die US-Raketenartillerie zur Bekämpfung feindlicher Radarstellungen sowie Schiffen befähigen. Zudem soll US-Medienberichten zufolge die Reichweite auf bis zu 1.000 km gesteigert werden.
  • Die Weiterentwicklung im Rahmen von Increment 3 fokussiert sich auf die Nutzlast der Rakete. Es wird erwartet, dass Raketen dieses Typs sowohl panzerbrechende Submunition sowie Loitering Munition verschießen werden können. Im Gespräch ist offenbar auch ein speziell für die Bekämpfung von gehärteten Strukturen optimierter Gefechtskopf.
  • Increment 4 soll sich hingegen mit der Steigerung der Reichweite der PrSM jenseits der 1.000 km beschäftigen, welche ohne nennenswerte Eingriffe in die äußeren Ausmaße der Precision Strike Missile erreicht werden soll. Ein Entwicklungsauftrag für die dafür notwendige Antriebstechnologie wurde seitens der U.S. Army im März 2023 im Rahmen des Forschungsprogramms Long Range Maneuverable Fires an zwei unterschiedliche Parteien vergeben. Neben Lockheed Martin wurde auch ein Konsortium, bestehend aus Raytheon und Northrop Grumman, mit der Entwicklung beauftragt.
  • Anfang Dezember 2024 hat die U.S. Army erstmals öffentlich gemacht, dass man Forschungsgelder für ein Increment 5 der PrSM eingeplant hätte. Demnach soll ab Oktober 2025 ein entsprechendes Forschungsvorhaben begonnen werden, der den Verschuss der PrSM von einer unbemannten Plattform untersuchen soll. Genaue Details zu der potenziellen Leistungsfähigkeit der PrSM-Inc-5 sowie der mögliche Zulauf der Wirkmittel in die Truppe sind bis dato nicht bekannt. Der Verschuss der Raketen von unbemannten Raketenartilleriesystemen soll jedoch die Nutzungsmöglichkeit eines längeren Raketen-Pods mitbringen, da die Notwendigkeit für eine Besatzungskabine entfällt. Dies würde es wiederum ermöglichen die Länge der PrSM an sich zu vergrößern, was in mehr Reichweite oder mehr Nutzlastvolumen resultieren würde.

Waldemar Geiger