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Airbus und Hensoldt vor Abschluss von Großauftrag

Nachdem es mit dem Vertrag zur Lieferung von neuen AESA-Radaren für die Eurofighter-Flotte der Bundeswehr im vergangenen Jahr nicht mehr geklappt hat, stehen jetzt die Signale auf grün: Am heutigen Mittwoch genehmigte der Haushaltsausschuss des Bundestages eine so genannte 25-Mio-EUR-Vorlage zur Entwicklung und Beschaffung von neuen Radaren für die Kampfflieger der Luftwaffe. Hauptauftragnehmer bei diesem Projekt im Gesamtvolumen von rund 2,8 Mrd EUR wird Airbus Defence and Space mit dem Sensorhersteller Hensoldt als Unterauftragnehmer.

Während Airbus für die Integration der neuen Technik in die Flugzeuge zuständig ist, soll Hensoldt die Radartechnik entwickeln und produzieren. Allein für Hensoldt dürfte der Auftrag ein Volumen von etwas mehr als 1,5 Mrd EUR aufweisen. Während  bisher die Design Authority für das Radar in Großbritannien bei Leonardo UK lag, gehen Beobachter davon aus, dass diese mit Vertragsschluss auf Hensoldt übergeht. Das gleiche gilt für die Design Authority bei der Integration der Technik, die Airbus von BAE Systems übernehmen dürfte. Wie es heißt, wurde eine Vereinbarung geschlossen, wonach die Mark-1-Verantwortlichkeit bei Airbus liegen soll. Schließlich wäre Deutschland mit der heute gebilligten Beschaffung  der größte Besteller des neuen Radars. Auch Spanien will dem Vernehmen nach 23 Eurofighter mit dem neuen AESA-Radar ausstatten. Aus diesem Grund soll das spanische Unternehmen Indra in die Entwicklung eingebunden werden. Ein Vertrag dazu soll in Kürze geschlossen werden.

Das gegenwärtig verwendete Eurofighter-Radar wurde vom Euroradar-Konsortium, bestehend aus Leonardo (Großbritannien, Italien), Indra (Spanien) und Hensoldt (Deutschland), entwickelt. Gut informierten Kreisen zufolge soll die Initial Operating Capability des neuen AESA-Sensors im Jahr 2026 erreicht werden.

Captor-E als erste Stufe

Das Radar ist offenbar auch für die  von Katar und Kuweit bestellten Eurofighter/Typhoon vorgesehen. Verantwortlich für die Integration in die Maschinen für diese Exportkunden sollen jedoch noch Leonardo sowie BAE sein. Zum Einsatz kommt dabei die erste Stufe des neuen Radars unter der Bezeichnung Captor-E. Beim Captor-E ersetzt eine AESA-Antenne die bisherige  mechanische Antenne. Die AESA-Radare sollen zwischen  1.000 und 2.000 hochentwickelte Sende/Empfänger-Module auf Gallium-Nitrit-Basis aufweisen, die von Hensoldt in Ulm in einer der größten Reinraumproduktionslinien für Hochfrequenz-Bauteile in Europa gefertigt werden. Dem Vernehmen nach weitet das Unternehmen bereits seit einigen Monaten seinen Personalstamm aus, um nach Vertragsunterzeichnung sofort mit der Arbeit starten zu können.

Um die Leistungsfähigkeit des Sensors zu erhöhen, soll der hinter der Antenne liegende Receiver gegen einen so genannten Multi-Channel-Receiver ausgetauscht werden. Fachleuten zufolge, wird das AESA-Radar mit dem neuen Receiver eine deutlich erhöhte Leistungsfähigkeit aufweisen. Der neue Sensor mit AESA-Antenne und Multi-Channel-Receiver wird als Version Mark 1 bezeichnet und soll in die 106 Eurofighter der Tranchen 2 und 3, sowie später in die so genannte Tranche 4  integriert werden, die das BMVg als Ersatz der ersten Tranche dieses Flugzeuges beschaffen will.

Großbritannien entwickelt Mark 2

Ein als Mark 2 bezeichnetes AESA-Radar wird dem Vernehmen nach bereits in Großbritannien entwickelt. Allerdings soll das Aufgabenspektrum des Sensors  deutlich von dem des deutschen Radars abweichen. Die Briten fokussieren stärker auf ein System zur elektronischen Kampfführung. Eins solches Mark-2- Radar kommt womöglich auch für einige der im Rahmen der Tornado-Nachfolge zu beschaffenden Eurofighter in Frage. Idealerweise könnte dann das britische Radar mit dem Multi-Channel-Receiver des deutschen Mark-1-Radars kombiniert werden. Zunächst will das BMVg jedoch 15 Maschinen F-18 Growler für die elektronische Kampfführung beschaffen.

Wie es heißt, sollen zunächst 30 deutsche Eurofighter der  zweiten und dritten Tranche mit dem Captor-E-Radar, das auch als Version 1+ bezeichnet wird, ausgerüstet werden. Diese Maschinen werden laut Planungen später auch den neuen Receiver erhalten. Insider schätzen, dass das 1+ Radar etwa ab 2022 eingerüstet werden könnte, während die Version Mark 1 ab 2026 zur Verfügung stehen soll.

Hensoldt jetzt vor Verkauf?

Beobachter vermuten, dass Hensoldt-Eigentümer KKR aufgrund der positiven Geschäftsentwicklung des Unternehmens womöglich bald mit dem von Anfang an geplanten Veräußerungsprozess des Sensorherstellers beginnen könnte. Denn neben dem Großauftrag für das Eurofighter-Radar könnte womöglich noch in diesem Jahr die Beauftragung für das Aufklärungs-Vorhaben Pegasus erfolgen – ebenfalls in der Größenordnung von mehr als einer Milliarde EUR. Aber auch beim Eurofighter-Radar besteht noch Potenzial nach oben: Das heute verabschiedete Paket deckt nämlich nur die Ausrüstung der Eurofighter-Tranchen zwei und drei ab. Die Ausrüstung der im Rahmen des Quadriga-Vorhabens zu beschaffenden Tranche-4-Maschinen sowie von 40 bis 55 Eurofightern als Ersatz des Tornados ist noch nicht abgebildet.  Das BMVg möchte die Tranche 4 möglichst noch in diesem Jahr unter Dach und Fach bringen.

Darüber hinaus haben sich in letzter Zeit die Chancen für Hensoldt verbessert, der Hauptlieferant von Mittelbereichsradaren für die bodengebundene Luftverteidigung der Luftwaffe zu werden. Und auch im maritimen Bereich ist das Unternehmen durch die vom BMVg  vorgegebene Nutzung des TRS-4D mit an Bord des MKS 180. Auch dieses Vorhaben im Volumen von über fünf Mrd EUR wurde heute vom Haushaltsausschuss gebilligt.
lah/17.6.2020

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