Das Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw beschafft über die in Thüringen ansässige ATC SiPro GmbH mehrere sogenannte Schreitroboter (Quadrupedal Unmanned Ground Vehicle – QUGV) des US-amerikanischen Herstellers Ghost Robotics. Wie aus einer Veröffentlichung des BAAINBw vom 20. September 2024 auf der europäischen Vergabeplattform TED hervorgeht, wurde die ATC SiPro im Wege der Direktvergabe mit der Lieferung von insgesamt vier Systemen mit der Bezeichnung Ghost Vision 60 beauftragt.
Die Bundeswehr erprobt seit geraumer Zeit unbemannte Bodensysteme, dazu verfügt das Wehrwissenschaftliche Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) nach frei zugänglichen Quellen zu Erprobungszwecken auch über mindestens einen Schreitroboter mit der Bezeichnung „Wolfgang001“. Welcher Einsatzzweck für die vier bestellten QUGV vorgesehen ist, geht aus der Mitteilung nicht hervor. Die vergleichsweise geringe Zahl spricht jedoch für die Nutzung innerhalb eines Erprobungsvorhabens. Andere Streitkräfte wie beispielsweise die israelischen Streitkräfte, aber auch die Ukraine setzen vergleichsweise Schreitroboter für Aufklärungszwecke und sowie für pionierspezifische Missionen ein.
Die Ghost Robotocs Cooperation mit Sitz im US-Bundesstaat Pennsylvania wurde 2015 gegründet und ist auf Schreitroboter spezialisiert. Entgegen anderen Unternehmen, die eine militärische Nutzung ablehnen oder nur eingeschränkt erlauben, ist Ghost Robotics eigenen Angaben nach für Nutzung und Entwicklungen im militärischen Kontext offen. So wurde 2021 eine Version des Ghost Vision 60 mit einer integrierten Waffenanlage vorgestellt. Die als Special Purpose Unmanned Rifle (SPUR) bezeichnete leichte Plattform von Sword Defense Systems kann dem Hersteller zufolge sowohl Waffen im Kaliber 6,5 mm Creedmoor als auch 7,62 x 51 mm aufnehmen und sei durch die integrierte Sensorik vollständig nachtkampffähig. Bei einem Leergewicht von 51 kg vermag der Ghost Vision 60 eine Nutzlast von 10 kg mitzuführen, wie das obige Beispiel zeigt. Zudem gibt der Hersteller die Reichweite bei einer Akku-Ladung mit 10 km an.
Das Ghost Vision 60 QUGV sei dem Hersteller zufolge in seiner Größenkategorie durch die Auslegung mit vier Beinen anderen unbemannten Bodensystemen mit Rad oder Kette in Bezug auf taktische Mobilität und Geländegängigkeit deutlich überlegen. Die Vorteile zeigen sich insbesondere bei Unebenheiten oder Treppen sowie beim Überwinden von Geröll oder Trümmern. Aber auch in dichter Vegetation ist die Vision Serie, dessen zweitgrößter Vertreter das Modell 60 darstellt, überaus agil. Durch einen hoch entwickelten Algorithmus ist die Bewegung auch bei eingeschränkter oder kurzzeitig unterbrochener Sensorensicht, etwa im hohen Gras, weiterhin möglich. Realisiert wird dies durch ein Feedback der einzelnen Motoren, welche so gleichsam den Untergrund erfühlen. Zudem ist das System mit einem Kollisionswarner versehen. Durch die Fusion der unterschiedlichen Sensoren sei laut Hersteller auch die Nutzung ohne GNSS-Empfang möglich, was z.B. den Einsatz in Gebäuden und unterirdischen Anlagen ermöglicht.
Kristóf Nagy