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Förderprogramm EDIDP schließt Firmen im Auslandsbesitz aus

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Die Europäische Union will in Zukunft mit ihrem European Defence Fund (EDF) die Forschung im Verteidigungsbereich mitfinanzieren. In einem ersten Schritt sind dafür bis Ende 2019 rund 90 Mio EUR vorgesehen, wie aus einem Entwurf der EU-Kommission vom Sommer hervorgeht. Darüber  hinaus beabsichtigt die Kommission, mit der Einrichtung eines European Defence Industrial Development Programme (EDIDP) unter dem Dach des EDF,  Unternehmen bei der Entwicklung von wehrtechnischen Prototypen zu unterstützen.  Während die Forschung vollständig von der EU getragen wird, gibt sie beim EDIDP einen Zuschuss von 20 Prozent. Der Rest muss von den an der Entwicklung Beteiligten – das sind mindestens drei Partner aus zwei Ländern –  finanziert werden. Für 2019 und 2020 sollen EU-Mittel  in Höhe von 500 Mio  EUR bereitstehen, ab 2021 dann jährlich eine Mrd EUR.

Allerdings gilt es,  für eine Teilnahme am EDIDP einige Randbedingungen zu erfüllen, die eine Reihe von Unternehmen – zumindest nach aktuellem Stand – ausschließen  würde.  So können nach Vorstellung der Kommission nur solche Unternehmen Mittel aus dem EDIDP-Topf erhalten, die ihren Sitz in der EU haben und effektiv von den Mitgliedstaaten oder deren Bürgern kontrolliert werden. Das heißt, die Mitgliedsländer oder deren Bürger halten mehr als 50 Prozent der Anteile am Unternehmen und kontrollieren es direkt oder indirekt über andere Unternehmen.

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Um die Sicherheitsinteressen der Union und der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, ist es laut Entwurfstext erforderlich, dass die gesamte Infrastruktur und alle Ressourcen, die von den EDIDP-Nutzern und deren Unterauftragnehmern eingesetzt werden,  auf dem Gebiet der EU liegen. Damit dürften strenggenommen nicht einmal Testeinrichtungen – die womöglich nur im Ausland zu finden sind – im Rahmen eines Programmes genutzt werden.

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Deutsch-norwegisches Joint Venture geht leer aus

Setzt sich die Kommission mit ihrem Vorschlag durch, würde dies beispielsweise für das vor der Gründung stehende paritätische Joint Venture von Atlas Elektronik und Kongsberg zur Entwicklung von U-Boot-Führungssystemen bedeuteten, dass es von EDIDP-Mitteln ausgeschlossen wäre. Denn weder befindet sich die Kapitalmehrheit in deutscher Hand, noch die gesamte Infrastruktur auf Unionsterritorium, weil der Hauptsitz für Norwegen vorgesehen ist.

Ähnliches würde für den vor einigen Monaten gegründeten deutschen Sensorproduzenten Hensoldt gelten. Das Unternehmen befindet sich im Mehrheitsbesitz der US-Kapitalgesellschaft KKR und wäre  damit vom EDIDP ausgeschlossen. Das will das Unternehmen allerdings nicht akzeptieren. Man habe den Produktions- und Forschungsschwerpunkt in Deutschland, ein Sicherheitsabkommen mit der Bundesregierung in Kraft, der Bund verfüge darüber hinaus über eine goldene Aktie und entsende Vertreter in den Aufsichtsrat, sagte Celia Pelaz, Leiterin Strategic Business Development von Hensoldt, vergangene Woche am Rande einer Messe in London. Damit verstehe man sich als deutsches Unternehmen und wolle auch EDIDP-Mittel nutzen – etwa im Rahmen deutsch-französischer Gemeinschaftsvorhaben.

Zwar begrüßt der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) grundsätzlich den Verordnungsvorschlag zum EDIDP. In der jetzt vorliegenden Fassung sehe die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie allerdings noch erheblichen Änderungsbedarf, teilte der BDSV auf Anfrage mit. Der Änderungsbedarf beziehe sich unter anderem auf offene oder unkonkrete Punkte wie Definitionen („Kosten“), Auswahl- und Zuschlagskriterien und die Förderfähigkeit. Für den BDSV ist deshalb klar:  „Bei der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen muss darauf Wert gelegt werden, dass aus dem EDIDP am Ende ein Mehrwert für die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der deutschen und europäischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie resultiert.“

Deutsch-französisches Papier kursiert in Brüssel

Offenbar haben auch schon einige EU-Mitglieder die Problematik des Entwurfs erkannt. Zumindest kursiert in Brüssel ein Papier ohne Absender, laut dem sich Frankreich und Deutschland dafür aussprechen, dass als Auswahlkriterium beim EDIDP die „technologische Autonomie“  und nicht die Kapitalmehrheit angewendet wird. Unter technologischer Autonomie wird verstanden, dass kein Drittland eine Kontrolle über die Infrastruktur, Vermögensgegenstände, Einrichtungen oder Produktionsmittel ausübt. Außerdem solle die Partnerschaft mit Ländern außerhalb der EU beibehalten werden, soweit sie sich nicht auf die technologische Autonomie auswirke.

Laut Papier haben Deutschland und Frankreich auch bereits Projekte identifiziert, die vom EDF unterstützt werden könnten. Dabei handelt es sich unter anderem um den MALE RPAS, die Funkwellenform Essor, einen neuen Seefernaufklärer sowie das Main Ground Combat System.

Bis der Entwurf in eine Verordnung gegossen wird, dürfte jedoch noch einige Zeit vergehen. Schließlich müssen der Rat und das Parlament noch dazu Stellung nehmen. Beobachter rechnen damit, dass eine finale Version womöglich im Frühjahr 2018 ins EU-Parlament zur Abstimmung geht.
lah/20.9.2017