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Spike-Familie – Lettland beschafft Panzerabwehrlenkflugkörpersysteme von EuroSpike

Waldemar Geiger

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Das lettische Verteidigungsministerium hat eigenen Angaben zufolge am 3. Juni mit der im fränkischen Röthenbach ansässigen EuroSpike GmbH einen auf 81 Millionen Euro dotierten Vertrag für die Beschaffung von Panzerabwehrlenkflugkörpersystemen des Typs „Spike“, zugeöriger Munition und sonstiger Ausrüstung geschlossen. Die Lieferung der ersten Systeme wird für 2028 erwartet.

„Die Panzerabwehrlenkflugkörpersysteme „Spike“ haben ihre Wirksamkeit bewiesen und entsprechen voll und ganz den operativen Anforderungen der nationalen Streitkräfte. Um die Kampffähigkeiten der regulären Einheiten der Nationalen Streitkräfte und der Nationalgarde zu stärken, werden wir zusätzliche Systeme kaufen, um den vorhandenen Bestand an diesen Waffen zu ergänzen“, wird Verteidigungsminister Andris Sprūds in einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums zitiert.

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Wie es in der Mitteilung weiter heißt, sieht der geschlossene Vertrag eine 30-prozentige Beteiligung der lokalen Industrie an der Abwicklung der Beschaffung vor. Über Anzahl und Typ der beschafften Systeme wurden keine Angaben gemacht. Da Lettland jedoch langjähriger Nutzer der Spike-LR1-Systeme ist, die mittlerweile nicht mehr hergestellt werden, kann davon ausgegangen werden, dass der Vertrag zumindest Flugkörper des Typs Spike LR2 beinhaltet, die sowohl von einer abgesessen nutzbaren Waffenanlage als auch von Fahrzeugen eingesetzt werden können – Lettland hat erst Anfang des Jahres die Beschaffung von ASCOD-Schützenpanzern beschlossen, hartpunkt berichtete.

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Da im Rahmen der lettischen Mitteilung auch ein Bild der schultergestützten Spike SR verbreitet wurde, kann davon ausgegangenen werden, dass auch dieses Panzerabwehrsystem Bestandteil des Vertrages ist.

Schlussendlich könnte der Vertrag auch Lenkflugkörper des Typs SPIKE NLOS beinhalten, die als Bewaffnung für die geplanten Mehrzweck-Kampfboote vom Typ Common Future Multipurpose Attack Craft (CFMAC) vorgesehen sind. Wie hartpunkt bereits im April mit Verweis auf eine Bekanntgabe des litauischen Verteidigungsministeriums berichtet hat, wollen die beiden baltischen Staaten Lettland und Litauen die CFMAC-Boote gemeinsam beschaffen.

Alle drei Lenkflugkörpertypen wurden vom ursprünglich vom israelischen Rüstungskonzern Rafael Advanced Defence Systems entwickelt. Für einen Großteil des europäischen Marktes werden die Systeme jedoch durch EuroSpike, einem Joint Venture bestehend aus Diehl Defence, Rheinmetall Defence und Rafael Advanced Defence Systems, in Deutschland hergestellt und aus Deutschland heraus vertrieben.

Spike SR

Der knapp zehn Kilogramm schwere und im verpackten Zustand gerade einmal 98 Zentimeter langen Spike SR dient als ein Präzisionswirkmittel zur Bekämpfung von mittel bis schwer gepanzerten Fahrzeugen sowie befestigten Stellungen. Das kompakte und schulterverschossene System benötigt dank der integrierten Optik in Form eines Bildschirmes in einem Okular kein zusätzliches Startgerät.

Der Schütze zielt mithilfe des am Lenkflugkörper verbauten Suchkopfes und kann Ziele in einer Entfernung von bis zu 2.000 Metern Entfernung bekämpfen. Der kombinierte Tag-/Nachsichtkamera macht die Spike SR voll nachtkampftauglich und die im Fire-and-Forget-Modus erfolgende Zielbekämpfung sorgt neben einer hohen Trefferwahrscheinlichkeit für einen deutlich reduzierten Ausbildungsaufwand. Trotz der kompakten Bauform kann das Startrohr mitsamt Optik neu mit einem Lenkflugkörper versehen und wiederverwendet werden.

Spike LR2

Der Spike LR2 ist eine Weiterentwicklung des seit Jahrzehnten bewährten Panzerabwehrlenkflugkörpers Spike LR, welcher unter anderem auch in der Bundeswehr unter der Bezeichnung MELLS (Mehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörper-System) eingeführt ist. Gegenüber der Version LR verfügt der LR2-Lenkflugkörper unter anderem über folgende Kampfwertsteigerungen:

  • Reichweitensteigerung von 4.000 Meter auf bis zu 5.500 Meter.
  • Verbesserte Steuerung und die Möglichkeit einer höheren Flugbahn, die einen steileren Endanflugwinkel von bis zu 70 Grad erlaubt. Dies ermöglicht eine bessere Wirkung hinter Deckungen sowie die Ausnutzung von Schwachstellen in der Panzerung des Zieles.
  • Verbesserte Optronik des Flugkörpers mit einer besseren Auflösung für den Schützen und der Möglichkeit, den Suchkopfsensor auch im Flug in den Modi Visual/Infrarot zu wechseln.
  • Nutzung eines ungekühlten IR-Suchers. In der Version LR muss der IR-Sucher mittels einer Gaspatrone gekühlt werden. Einmal aktiviert stand die Funktion für eine weitere Aktivierung nicht mehr zur Verfügung, bis die Gaspatrone getauscht wurde. Der Lenkflugkörper konnte somit nur noch im Visual-Modus genutzt werden, bis eine neue Patrone eingesetzt wurde.

Spike NLOS

Mit dem Spike NLOS lassen sich über 32 Kilometer weit entfernte Ziele punktgenau bekämpfen. Mit einer von drei Gefechtskopfvarianten (HEAT = high explosive anti Tank, Frag, PBF= Penetration blast fragmentation) wiegt der Flugkörper um 70 kg. Über Tag-/Nacht-Optiken und Funkdatenlink kann der Schütze jederzeit den Treffpunkt korrigieren oder die Mission abbrechen. Ein Semi Active Laser (SAL) ermöglicht das Zusammenwirken mit Laserzielmarkierern zur Bekämpfung. Der Spike NLOS verfügt über eine Sensor-to-Shooter-Fähigkeit und wird üblicherweise auf ein voraufgeklärtes Ziel verschossen.

Waldemar Geiger